Wie Politiker aus dem Kreis Höxter mit Bedrohungen umgehen

Kreis Höxter. Ein Bürgermeister im Rheinland beantragt einen Großen Waffenschein, weil er von Rechten bedroht wird, und zieht deshalb vor das Verwaltungsgericht in Düsseldorf, weil ihm dieser verwehrt wird. Ein anderer tritt wegen rechtsextremer Angriffe und Hakenkreuzschmierereien auf seinem Auto zurück: Ob am Telefon, persönlich, in einem Brief oder im Netz – einen Politiker zu bedrohen, ist kein Spaß. &bdquo;Wer einen Menschen mit der Begehung eines gegen ihn oder eine ihm nahestehende Person gerichteten Verbrechens bedroht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft", sagt das Strafgesetzbuch in Paragraf 241. Auch Politiker aus dem Kreis Höxter haben in ihrer Arbeit mit Drohungen und Beleidigungen zu tun – oftmals anonym in den sozialen Medien. Bundestag Er sehe &bdquo;mit riesengroßer Sorge", dass die Angriffe – im Netz umso unflätiger – zunähmen, sagt Bundestagsabgeordneter Christian Haase aus Beverungen. Er selbst hat schon mehrere Drohungen gegen sich an Polizei und Staatsanwaltschaft weitergeleitet, &bdquo;damit diese solche Personen auf den Schirm haben", sagt Haase. Als Abgeordnete im Bundestag bekämen sie eine kostenlose Beratung durch das Bundeskriminalamt, auch was die Sicherheit zu Hause betreffe. &bdquo;Sie waren auch bei mir. Zu Beginn meiner Amtszeit habe ich nicht daran gedacht, mittlerweile sehe ich das differenzierter." Und er sei sensibilisiert. Ein schleichender gesellschaftlicher Prozess, sagt er. Und nur die großen Fälle wie der Angriff auf die Kölner Oberbürgermeisterin oder der Mord am Kasseler Regierungspräsidenten kämen in die Medien. Anderes ist Alltag. &bdquo;Ich versuche, das nicht an meine Familie heranzulassen", sagt Haase, der mit Kollegen oder Mitarbeitern darüber spricht. Die haben auch regeln, wie sie beispielsweise mit Anrufern umgehen. Er halte nichts von der Bewaffnung von Amtsträgern und lehne Selbstjustiz ab. Das sei Aufgabe der Polizei und Staatsanwaltschaft. Ein Politiker müsse den Mut haben dürfen, seine Entscheidung zu vertreten. Denn: &bdquo;Es darf nicht sein, dass gut Demokraten durch Drohungen aus dem Amt gedrängt werden und der Pöbel gewinnt." Bürgermeister Beverungens Bürgermeister Hubertus Grimm (54) war im Zusammenhang mit der Flüchtlingspolitik der Stadt massiv bedroht worden. Allerdings nicht im Netz, sondern mit einem richtigen postalisch zugesendeten Brief. Auch liegt der Vorfall schon einige Jahre zurück. &bdquo;Darin hat der Verfasser mir sinngemäß mitgeteilt, dass er stets wisse, wo ich mich aufhalte. Und dass ich aufpassen müsse", berichtet Grimm. Damals hatte er den Staatsschutz eingeschaltet – und würde es auch künftig wieder so machen. &bdquo;Harsche Kritik, die auch schon mal über das Ziel hinausschießt, gibt es immer wieder. Aber zum Glück bin ich seither nicht mehr persönlich angegangen worden", sagt Grimm. Landtag Bei einem Schützenfest mal angerempelt worden ist Landtagsabgeordneter Matthias Goeken. &bdquo;Das tue ich so ab", sagt er. &bdquo;Ich bin einer, den man nicht so leicht umschubsen kann." Auch in Diskussionen müsse er sich schon mal Beschimpfungen anhören – auch weil er das Auto fahre, das er fahre, sagt der Bad Driburger. Dazu stehe er. &bdquo;Aber wer mein Auto kennt, der weiß auch, wo ich wohne." Deshalb habe man daheim schon Vorkehrungen getroffen. &bdquo;Wegen des Sicherheitsgefühls." Schlimm werde es, wenn Menschen sich radikalisierten – egal in welche Richtung. Sorgen machen ihm einige Reichsbürger im Wahlkreis. Er sei &bdquo;ein bisschen vorsichtiger" geworden und setzt dennoch immer wieder auf Dialog und das miteinander Reden: &bdquo;Wir müssen uns diesem Menschen stellen. Waffen helfen da nicht weiter." Bürgermeister Mit einer Waffe das Gesetz in die eigene Hand nehmen zu wollen, das sehen auch die Bürgermeister im Kreis Höxter als den falschen Weg an. &bdquo;Ich würde immer rechtsstaatliche Mittel anwenden, alles andere wäre falsch", betont Steinheims Bürgermeister Carsten Torke (53). Der ehemalige Bundeswehr-Führungsoffizier im Rang eines Oberstleutnants kann mit einer Waffe umgehen und ist auch im Umgang mit Bedrohungslagen verschiedenster Art geschult. &bdquo;Hier im Land leben wir auf dem Boden der rechtsstaatlichen Verfassung und dort liegt das Gewaltmonopol bei der Polizei. Und das ist richtig so. Und dabei muss es auch bleiben. Und wenn es nötig ist, wird die Polizei ihre Bürger schützen", erklärt Torke. So sieht das auch Brakels Bürgermeister Hermann Temme (61), der allgemein eine Verrohung der politischen Kultur beklagt. Insgesamt erleben auch die Bürgermeister im Kreis Höxter, dass insbesondere durch die sozialen Netzwerke die Hemmschwelle für diffamierende und beleidigende Kommentare immer mehr sinke. &bdquo;Man muss aber auch nicht jeder Facebook-Diskussion hinterherlaufen, sondern die Dinge auch einfach mal ignorieren können", rät der Brakeler Bürgermeister. Erledigt ist das Problem damit natürlich nicht. &bdquo;Es läuft etwas schief in unserer Gesellschaft. Und ich glaube, das ist es auch, was der Bürgermeisterkollege mit seinem Waffenscheinantrag sagen will", gibt Marienmünsters Bürgermeister Robert Klocke (63) zu bedenken. Gelöst werden könne dieses Problem weder durch die Polizei allein und auch nicht durch persönliche Bewaffnung, sondern nur durch den gesellschaftlichen Diskurs. Landrat Für Landrat Friedhelm Spieker, zugleich oberster Chef der Kreispolizeibehörde, ist die Polizei Dreh- und Angelpunkt, wenn es zu Beleidigungen oder gar Bedrohungen und Attacken kommen sollte: &bdquo;Wir können uns auf eine gut ausgebildete und gut ausgerüstete Polizei verlassen, die flächendeckend im Kreis Höxter präsent ist. Im Bedarfsfall kann die Polizei auf vielfältige Schutzmaßnahmen zurückgreifen."

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