Der Ton gegenüber Rettern im Kreis Höxter wird rauer

Kreis Höxter. Nach einem Unfall am Ostermontag störte ein Beifahrer die Rettungskräfte bei der Versorgung des verletzten Fahrers und randalierte anschließend im Rettungswagen, wobei er einen Rettungsassistenten anging. Vor drei Jahren hat Hubertus Eilert bei einem Einsatz einen auf die Nase bekommen. Seit mehr als 30 Jahren ist der 59-Jährige in Sachen Hilfe für die anderen auf den Straßen unterwegs, koordiniert im Kreis Höxter den Rettungsdienst und hat schon viel erlebt. Dies sind zum Glück noch Ausnahmesituationen. Doch er hat auch bemerkt: Es geht rauer zu in der Gesellschaft und auf den Straßen. Auch im ländlichen Kreis Höxter wird der Ton aggressiver – auch wenn’s hier noch lange nicht die im wahrsten Sinne der Worte gewaltigen Dimensionen von Ballungsgebieten erreicht hat. Gerade wenn Alkohol und Drogen im Spiel sind, dann müssen er und seine Kollegen öfter mal einen Schritt zurücktreten oder einfach die Tür zum Rettungswagen oder zur Wohnung mal einen Moment zumachen, um die Situation zu entschärfen und pöbelnde Gemüter zu kühlen. Das lernen die Einsatzkräfte bei Aus- und Fortbildungen beispielsweise von Deeskalationstrainern, wie sie auch die Polizei in ihrer Ausbildung einsetzt. Wenn das nichts hilft, rufen sie die Polizei dazu. Denn sie müssen an den eigenen Schutz denken. Manchmal gibt es auch Kaffee und Brötchen Solche Situationen sind aber weiterhin die Ausnahmen bei jährlich rund 25.000 Einsätzen des Kreis-Rettungsdienstes und mehr als 2.000 der Feuerwehr im Kreis. &bdquo;Die Anzahl der Einsätze wird größer, die Hemmschwelle, uns anzurufen – auch bei der Katze im Baum – sinkt", sagt der Kreisbrandmeister. Aber er kennt auch das Gegenteil: &bdquo;Es kommt viel öfter vor, dass bei Einsätzen Kaffee und belegte Brötchen von den Nachbarn gebracht werden", sagt Lüke. Doch: &bdquo;Es gibt auch Menschen, die über den Acker laufen um mit dem Handy Fotos von Unfällen zu machen. Auch schaulustige Väter, die ihre Kinder am Rettungswagen hochhalten, damit die über die verklebten Scheiben gucken können, hatten wir schon", sagt Eilert (59). Und auch die Autofahrer ohne Verständnis, die nach einem Unfall dort &bdquo;unbedingt noch durchmüssen". Doch am häufigsten haben sie es mit der Unsicherheit von Autofahrern zu tun, was zu tun ist, wenn sich Einsatzfahrzeuge von Feuerwehr oder Rettungsdiensten mit Sonderrechten – Martinshorn und Blaulicht – nähern. Das sehe man schon am unsichern Lenken nach rechts- links-rechts-links: Wohin jetzt auf der Straße? Wenn die Rettungsgasse nicht frei ist &bdquo;Wir wollen schnellstmöglich vor Ort Hilfe leisten – und manchmal geht es um Minuten", betont Lüke, seit 40 Jahren bei der Feuerwehr und seit acht Jahren Kreisbrandmeister. Wenn dann die Rettungsgasse nicht frei ist, Straßen verstopft oder Feuerwehrzufahrten zugeparkt sind, dann müssen die Einsatzkräfte auch schon mal etwas rigoroser durchgreifen. Und sei es auch mal, dass ein Auto mittels vier Schippen zur Seite gesetzt werden muss. &bdquo;Wenn es um Menschenleben geht", sagt der 58-Jährige: &bdquo;Diskutieren kostet Zeit." Oftmals höre man die Formulierung: &bdquo;nur mal eben". Lüke macht auch deutlich: &bdquo;Es macht keinen Spaß, mit Sonderrechten unterwegs zu sein." Der Stresslevel der Einsatzkräfte sei sowieso schon hoch, weil sie nie genau wüssten, was sie vor Ort erwartet. Und dann noch die Fahrt mit den akustischen und optischen Signalen, die enorme Lautstärke im Fahrzeug selbst, das hohe Tempo, die Dringlichkeit: Stress pur, der zwar im Fahrsimulator und bei Sicherheitstrainings geübt werde – aber jede Situation sei anders. Lükes Maxime: &bdquo;Ruhe hilft." Eilert ergänzt: &bdquo;Und Teamarbeit. Ich muss mich auf den Kollegen verlassen können." Besonnenheit als Grundeigenschaft So achte man auch beim Einstellen von Neuen durchaus mit dem Blick des erfahrenen Rettungsdienstlers auf Gestik und Ausdruck des Kandidaten, gehe mit Fingerspitzengefühl in Gespräche. Besonnenheit sei sowohl im Rettungsdienst wie auch bei der Feuerwehr eine gute Grundeigenschaft des Bewerbers. Eilert: &bdquo;Wir haben gute Erfahrungen mit Leuten, die schon in der Feuerwehr sind oder bei Hilfsorganisationen schon mal ehrenamtlich aktiv waren." 130 Mitarbeiter gibt es im Rettungsdienst des Kreises, davon zehn Auszubildende. Aktiv sind 3.300 Feuerwehrleute. Rudolf Lüke und Hubertus Eilert appellieren an die Menschen in der Region: &bdquo;Gehen Sie aufmerksam durch die Welt. Und verhalten Sie sich so, als wenn Sie selbst betroffen wären und diese Hilfe benötigen." Das richtige Verhalten der Autofahrer bei Blaulicht und Martinshorn: Langsam abbremsen, blinken, rechts ranfahren, eventuell in eine Einfahrt oder auf einen Feldweg und dem Einsatzfahrzeug freie Bahn geben. Ebenso die Rettungsgasse auf Autobahnen: linker Fahrstreifen nach links, Rest nach rechts. Das sagt das Ministerium Das Innenministerium hat die Einsatzkräfte angewiesen, Fälle von Gewalt zu melden. Seit zwei Jahren gibt es diesen Erlass, sagt Matthias Kämpfer, beim Kreis Höxter Fachbereichsleiter Öffentliche Sicherheit und Straßenverkehr. Hintergrund ist, dass man verlässliche Daten und Fakten haben will – &bdquo;und nicht nur ein Gefühl". Im Kreis ist dort der Fall Marienmünster von Ostern gemeldet worden. Allerdings ohne die Konsequenz Strafanzeige. Bislang im Kreis ist das laut Kämpfer noch nicht vorgekommen.

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