Klamme Stadtkasse: CDU Brakel will auf Luxus-Bau-Projekte verzichten

Brakel. Soll ein Haushalt in einer Stadt verabschiedet werden, haben die im Stadtrat vertretenen Fraktionen die Möglichkeit, ihr Votum in einer Rede zu erklären. Meist bleibt es aber nicht dabei. Manche Redner nutzen ihre Redezeit, um in die Zukunft zu schauen oder Impulse zu geben, andere rechnen mit der Vergangenheit ab. Ab und an wird in einem Statement ein großer Bogen gespannt. Der Richtungsweiser &bdquo;Die finanzielle Lage unserer Stadt ist angespannt, das ist uns allen bewusst“, konstatiert für die CDU Dirk Simon. Der Haushaltsplan, den Bürgermeister Hermann Temme (CDU) und Kämmerer Dominik Schlenhardt vorgelegt haben, weist immerhin ein Minus von rund fünf Millionen Euro aus. Und – gäbe es nicht die Pflicht, das Ergebnis noch ein bisschen zu frisieren – wäre die rote Zahl unterm Strich sogar noch höher. &bdquo;Diese Entwicklungen zwingen die Stadt, ihre Ausgaben noch kritischer zu prüfen und klare Prioritäten zu setzen“, sagt Simon. Denn nicht zu investieren, ist ja auch keine Lösung. Manche Dinge muss Brakel sich leisten, andere Dinge will die Stadt sich leisten. Es gelte, sorgfältig abzuwägen, &bdquo;welche Investitionen wirklich notwendig und verantwortbar sind: Investitionen in Schulen, Kindergärten und die Feuerwehr sind ebenfalls unverzichtbar, um unsere Infrastruktur zukunftsfähig zu halten. Auf ,Luxus-Projekte’ werden wir vorerst verzichten müssen.“ Der Hintergrund: Warum Brakel beim Finanzhaushalt besser dasteht als andere Städte im Kreis Höxter Die Ursachenforschung &bdquo;Was soll ich da sagen?“, fragt Johannes Tobisch für die Fraktion UWG/CWG, eine rhetorische Frage, denn nicht nur Brakel, unzählige Kommunen haben bereits auf die Missstände hingewiesen. Dass sie einerseits immer mehr Aufgaben zu erledigen haben, andererseits nicht genug Mittel erhalten. &bdquo;Doch wenn selbst die Einwendungen des Deutschen Städtetages sowie des Städte- und Gemeindebundes als Vertretung für die Kommunen in den Hallen des Bundes- und Landtages verhallen, wie könnte dann meine bescheidene Stimme als Fraktionsvorsitzender der UWG Brakel ins Gewicht fallen?“ Der Impuls Bei all den negativen Zahlen, den der Haushaltsentwurf ausweisen mag, macht ein Punkt Dirk Multhaupt von der SPD Hoffnung: &bdquo;Im Haushalt sind 10,8 Millionen Euro Einnahmen aus der Gewerbesteuer eingeplant“, ein &bdquo;optimistischer, aber nach unserer Meinung kein utopischer Wert.“ Und eine wichtige Einnahmequelle, die zum Beispiel grob den Personalkosten der Stadt entspricht. Lesen Sie auch: Interkommunaler Industriepark im Süden des Kreises Höxter geplant Multhaupt und die Sozialdemokraten würden diese Quelle gern weiter anzapfen. Will die Nethestadt jedoch mehr Gewerbesteuereinnahmen generieren, müssten sich wohl neue Betriebe ansiedeln und die wiederum bräuchten nicht nur Platz im sozialdemokratischen Herzen, sondern auch ganz konkret im hiesigen Gewerbegebiet. Multhaupt befürchtet jedoch, dass dieses in den kommenden Jahren voll belegt sein könnte. &bdquo;Sechs bis sieben Jahre Vorlauf werden benötigt, um neue Flächen verkaufs- und baufertig auszuweisen und anzubieten“, mahnt der SPD-Fraktionsvorsitzende: &bdquo;Unser Appell an die Verwaltung und auch an die anderen Fraktionen, jetzt handeln, Flächen kaufen oder tauschen und Erweiterungen in Angriff nehmen.“ Auch wenn es wehtun könnte – finanziell gesehen. Multhaupt fordert die Bereitschaft, &bdquo;höhere Preise als in den Vorjahren zu zahlen oder zu versuchen, mehr Tauschfläche zu erwerben, um unser Gewerbegebiet stetig zu vergrößern“. Das könnte – neben den angesprochenen Mehreinnahmen bei der Gewerbesteuer – noch mehr positive Effekte mit sich bringen. Denn wo sich Betriebe ansiedeln, werden Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter benötigt. &bdquo;Gewerbe- und Industrieansiedlungen können auch ein Garant für den Zuzug und/oder Rückzug von Familien durch mehr Arbeitsplätze in unsere schöne Stadt bedeuten“, sagt Multhaupt. Die Abrechnung &bdquo;Wer entscheidet eigentlich, was relevant ist?“, fragt Stefan Heilemann, Vorsitzender der Fraktion Liste Zukunft. Was ohne Kontext noch einigermaßen philosophisch klingt, wird schnell handfester. &bdquo;Egal, um welches Thema es sich handelt – ob Bauvorhaben, Haushaltspositionen oder strategische Weichenstellungen – immer wieder zeigt sich im Nachgang, dass nicht alle relevanten Informationen seitens der Verwaltung“ an den Rat weitergegeben worden seien, moniert Heilemann. Das Projekt des Anstoßes: Alles neu: Stadthalle Brakel erfolgreich saniert An verschiedenen Themen exerziert der Fraktionsvorsitzende durch, &bdquo;wie es nicht laufen soll“. Bemängelt einen scheibchenweisen Informationsfluss beziehungsweise Entscheidungen der Verwaltung über die Köpfe des Stadtrates hinweg. Beispiel: Das Ansinnen, die Stadthalle Brakel mit Lüftungsanlage und Akustikdecke auszustatten, sollte zunächst eine Millionen kosten, sagt Heilemann. &bdquo;Schrittweise“ sei die Baumaßnahme erweitert worden. Aus einer wurden zwei Millionen Euro. Ein Arbeitskreis wurde gegründet, der alles unter die Lupe nahm. Was dem Gremium nachvollziehbar erschien, sei mitgetragen worden. &bdquo;Doch als die Maßnahme fast abgeschlossen war, stellte man fest: Die Barrierefreiheit im vorderen Eingangsbereich ist nicht gewährleistet“, rekapituliert Heilemann. Menschen mit Behinderungen oder Personen mit Rollatoren müssten weiterhin den Hintereingang nutzen. &bdquo;Das war natürlich nicht akzeptabel, also wurde nachträglich ein barrierefreier Zugang eingeplant“, doziert der Liste-Zukunft-Chef. &bdquo;Damit aber nicht genug.“ Danach kamen selbstschließende Türen auf die Tagesordnung, dann brauchte ein Giebel neue Farbe und in diesem Haushaltsjahr müssten die Toiletten saniert werden. &bdquo;Immer wieder werden Informationen zurückgehalten, Zusammenhänge nur unzureichend dargelegt oder erst auf Nachfrage häppchenweise ergänzt“, fasst Heilemann noch einmal zusammen: &bdquo;Das ist keine vertrauensvolle Zusammenarbeit auf Augenhöhe, sondern gefühlt eine Strategie der Informationskontrolle“. Der große Bogen &bdquo;Wir schaffen das“ – dieses Zitat stammt nicht von Grünen-Fraktionsvorsitzender Ulrike Hogrebe-Oehlschläger, sie bemüht aber die Worte Angela Merkels in ihrer Haushaltsrede. Sie verkörperten, sagt die Grüne, Mut, Zuversicht und Entschlossenheit. &bdquo;Doch der Vorgängerregierung im Bund fehlte es genau daran. Sie ließ vor allem Länder und Kommunen ihre Idee von grenzenlosem Humanismus verwirklichen oder auch ausbaden.“ Hogrebe-Oehlschläger kritisiert, die Regierung unter Merkel habe ihren Kurs &bdquo;16 Jahre lang weitgehend nach Umfragen“ ausgerichtet und &bdquo;weniger nach einem inneren Kompass“. 16 Jahre wird auch Brakels Bürgermeister Hermann Temme im Amt sein, wenn im Herbst bei den Kommunalwahlen sein Nachfolger gesucht wird. Eine lange Zeit, die vielleicht für Frustration gesorgt hat? &bdquo;Unsere Fraktion hat in den letzten Jahren diverse Anträge gestellt, um sowohl Ökologie und Nachhaltigkeit zu fördern, als auch Kosten einzusparen. Leider sind diese meist abgelehnt worden. Wir haben diesmal darauf verzichtet, diese erneut zu stellen. Bei Interesse findet man sie ja auf unserer Homepage.“ Die Abstimmung Die Fraktionen von CDU, SPD und UWG/CWG kündigten an, den von der Stadt Brakel vorgelegten Haushaltsplan mittragen zu wollen. Die Grünen wollten sich laut Ulrike Hogrebe-Oehlschläger enthalten. Die Fraktion Liste Zukunft erklärte, den Etatplan ablehnen zu wollen. Anmerkung der Redaktion: Dieser Text wurde nachträglich geändert. Anders als aus der vorab verbreiteten Haushaltsrede der CDU ersichtlich, änderte die Fraktion in der Ratssitzung ihr Verhalten zum Thema OGS-Neubau, nachdem andere Fraktionen Einspruch einlegten.

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