Schafe-Sterben im Kreis Höxter: Landwirte und Tierhalter stark betroffen

Kreis Höxter. Die Tiere bekommen überall schwere Entzündungen, hören auf zu fressen. Manche verhungern und ersticken zugleich: Die dramatischen Auswirkungen der Blauzungenkrankheit beschäftigt derzeit die Tierhalter. Auch bei den Landwirten und vor allem den Schäfern im Kreis Höxter sorgt die schwere afrikanische Virusinfektion für einen Ausnahmezustand – und bringt existenzielle Sorgen. Das wurde auch beim &bdquo;WDR5“-Stadtgespräch im Bildungshaus Modexen deutlich. Kritik gab es dabei vor allem für die Politik. Seit Sommer habe die Blauzungenkrankheit in NRW ein &bdquo;katastrophales Ausmaß“ angenommen. Die Zahlen der infizierten Betriebe seien rasant gestiegen, erläuterte Co-Moderator Stefan Leiwen. Allein 1.600 infizierte Betriebe mit Rinderhaltung, bei der Schafhaltung seien fast 1.400 Betriebe betroffen – auch im Kreis Höxter. Landwirte und Schafhalter fühlen sich alleingelassen Wie berichtet, hat Schäferin Ortrun Humpert aus Löwendorf 500 Schafe, züchtet vom Aussterben bedrohte Rassen. 144 Tiere seien bereits verendet, ungefähr 50 davon Lämmer, die in den kommenden Jahren für die Nachzucht sorgen sollten. Extreme Lahmheit, Entzündungen in den Füßen bis hin zur kompletten Auflösung des Klauenhorns bei extrem jungen Lämmern, Maulentzündung oder hohes Fieber zählt sie während der Livesendung die Symptome auf, die ihre Tiere aufgrund der Blauzungenkrankheit gezeigt hätten. &bdquo;Wir hatten auch Tiere, die symptomlos einfach umgefallen sind“, berichtet Humpert, die Vorsitzende des Schafzuchtverbands NRW ist. Lesen Sie auch: Schafe-Sterben im Kreis Höxter: Die schleichende Katastrophe auf den Weiden Auch der Warburger Milchbauer Antonius Tillmann, der auch Vorsitzender des Landwirtschaftlichen Kreisverbands ist, hat mit der Krankheit bei seinen Kühen zu kämpfen. Er sei dankbar, dass er keine Verluste zu verzeichnen hatte – bisher. Dennoch habe er Milchverluste durch kranke Tiere einbüßen müssen. &bdquo;Es ist so ungewiss, wird es jetzt schlimmer, findet man jetzt morgen eine tote Kuh?“, schildert er die existenziellen Sorgen. &bdquo;Schlechte Preise, schlechtes Wetter, alles blöd, aber kranke Tiere, das geht einfach richtig unter die Haut.“ Die warme Witterung in diesem Jahr habe dafür gesorgt, dass sich die Gnitzen, also die Stechmücken, die die Krankheit übertragen, besonders gut vermehren konnten. Dadurch sei der starke Anstieg der Krankheit zu erklären, machte Tierarzt Peter Heimberg deutlich. Erste Fälle habe es allerdings bereits im Oktober 2023 gegeben. Impfkampagne für die Tiere begann viel zu spät Und das war bei vielen der Anwesenden ein Knack- und Kritikpunkt in Richtung Politik: Bis zur möglichen Impfung der Tiere – im Juni 2024 – sei zu viel Zeit verstrichen. &bdquo;Als wir hätten impfen können, da waren unsere Tiere schon erkrankt“, so Ortrun Humpert. CDU-Agrarexperte Markus Höner gab an, dass sich das Ministerium bereits im Oktober 2023 direkt damit beschäftigt habe, doch es habe noch keinen Impfstoff gegeben. &bdquo;Der Weg dahin war nun mal auch ein langer“, so Höner. Es wurde geforscht, im April habe es einen Feldversuch gegeben, doch der Impfstoff wurde nach vier Tagen bereits zurückgenommen. Erst im Juni wurde ein Impfstoff zugelassen. &bdquo;Der Verfahrensablauf, bis ein Impfstoff zugelassen ist, ist nun mal einer, wie er gesetzlich vorgeschrieben ist“, versuchte er das Vorgehen zu verteidigen. Vor allem die Erfahrungen und das extreme Ausmaß aus den Niederlanden hätte die Politik jedoch hierzulande aufhorchen und schneller – bereits im letzten Jahr – reagieren lassen müssen. &bdquo;Also das ländliche Klientel – ist ja eigentlich ihr Wählerpotenzial – fühlt sich gerade komplett alleine gelassen, wir reden hier gerade von einer nationalen Katastrophe. Und es passiert nichts“, machte eine Besucherin in Richtung CDU-Politiker Markus Höner deutlich. Schafzüchterin berichtet von kranken Tieren Auch hinsichtlich der finanziellen Entschädigung oder Unterstützung hinsichtlich der enormen Tierarztkosten machten die Anwesenden ihre Kritik deutlich. Denn diese Zahl liege in NRW bei null, sagte Humpert. Einige hätten sich nicht mal die erste Impfung, andere nicht die zweite leisten können. &bdquo;Uns fehlt ja das Betriebskapital nicht nur für jetzt, sondern mit den Lämmern und Mutterschafen fehlt uns das Betriebskapital fürs nächste und übernächste Jahr auch noch“, so die Schafzüchterin. Es gebe zwar die Tierseuchenkasse, die etwa in Niedersachsen Beihilfe leiste, doch das fehlende Geld würde durch steigende Beitragskosten wieder reingeholt – und falle somit wieder zulasten der Landwirte. Markus Höner empfahl daher allen eine Erfolgsschadensversicherung. Doch dieses Angebot gebe es nur für Landwirte, nicht für Schäfer, erklärte ihm Ortrun Humpert. Unterschiedliche Regelungen in den Bundesländern Höner nahm einige Hausaufgaben mit in den Landtag. Denn auch, dass der Impfstoff bereits am 6. Juni zugelassen wurde, ein Zuschuss durch die Tierseuchenkasse aber erst für Impfungen nach dem 15. Juni gezahlt werde, sei eine neue Information für ihn. Auch landesweite Unterschiede seien ein Problem – in Hessen erhalten Bauern zwei Euro pro Impfung Zuschuss pro Schaf, in NRW sei es nur ein Euro, im Osten seien es bis zu acht Euro, erzählte die Bühner Tierärztin Nadine Waldeyer aus dem Publikum. Generell seien die Tierarzt und Impfkosten für die betroffenen Landwirte und Schäfer exorbitant gestiegen, hinzu kämen die finanziellen Einbußen durch erkrankte Tiere. Gravierende Auswirkungen auf den Naturschutz im Kreis Höxter Dass auch die Landschaft und der Naturschutz mit den Jahren unter den fehlenden Schafen leiden werde, wurde ebenfalls deutlich. Sven Mindermann von der Landschaftsstation Höxter saß im Publikum: &bdquo;Was aktuell passiert ist, dass auch der Naturschutz – man kann es fast sagen – essenziell verknüpft ist mit dem Wohl und Wehe der Weidetierhalter.“ Zumindest in den Mittelgebirgsregionen wie im Kreis Höxter. Fehle der Verbiss der Weidetiere auf den artenreichen Lebensräumen, würden wichtige Pflanzen von Gräsern überwuchert, verschattet. &bdquo;Wir kriegen anderes Kleinklima, wir kriegen eine andere Zusammensetzung, wir brauchen den Verbiss“, zeigte er die Folgen auf. Die Krankheit sei auch Thema für das Umweltministerium. Doch seitens der Politik komme angesichts der dramatischen Lage zu wenig, waren sich die Anwesenden einig. Das ganze Stadtgespräch aus Brakel ist abrufbar in der Mediathek des &bdquo;WDR“.

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