Brakeler Kandidat: "Eine so schöne Stadt soll eine Wahl haben"

Brakel. In der Vitrine im Wohnzimmer steht ganz oben das eingerahmte Autogramm von Franz-Josef Strauß. Den CSU-Politiker hat Christoph Schünemann vor Jahrzehnten in Paderborn getroffen, erzählt er. Dort machte Strauß im Wahlkampf gegen den Sozialdemokraten und späteren Kanzler Helmut Schmidt Station. Gemeinsam mit seinem Vater fuhr der jugendliche Schünemann seinerzeit dorthin. "Weil ich das wollte", betont der heute 53-Jährige. Strauß signierte dem Jungen ein Foto. "Ich habe auch ein Autogramm von Helmut Kohl", sagt Schünemann. Das steht in der Vitrine eine Etage tiefer, neben Schlagerstar Helene Fischer. Schünemann beschreibt sich als seit jeher politisch interessiert und Fan der Demokratie. Um letzterer willen tritt er jetzt als Bürgermeisterkandidat in Brakel an. "Eine so schöne Stadt soll eine Wahl haben", sagt er. Hätte er nicht kandidiert, hätte es möglicherweise nur einen Bewerber um das Bürgermeisteramt gegeben: den amtierenden christdemokratischen Rathauschef Hermann Temme. Eine Kandidatur rein pro forma sei es aber nicht. "Ich möchte Verantwortung übernehmen und der Wähler entscheidet, in welcher Position", sagt Schünemann. Jahrelang habe er zunächst als Bankkaufmann, dann als Tankstellenbetreiber nach der Uhr gelebt. Jetzt, als Privatier, habe er erstmals die Zeit, seiner Stadt etwas zurückzugeben. Outlets gegen Online-Handelsriesen Und er will die Wahl gewinnen. Alles andere wäre den Menschen, die ihn wählten, gegenüber unfair. "Wenn ich kandidiere, muss ich den Willen haben zu gewinnen, aber ich muss auch mit einer Niederlage leben können." Christoph Schünemann tritt für die Wählergemeinschaft "Zukunft für Brakel - Wir für Brakel", kurz Liste Zukunft, an. Dabei hat er eine signifikante christdemokratische Vergangenheit. Lange Zeit war er Vorsitzender der Jungen Union, war sachkundiger Bürger, saß im Bezirksausschuss. Er sei allerdings immer ein "kritisches CDU-Mitglied" gewesen. Jetzt gehört er zur Liste Zukunft. Auf deren Kandidatenmix ist Schünemann stolz: Jung und Alt, mehrere Bewerber mit migrantischen Wurzeln, niemand aus dem öffentlichen Dienst. Schünemann liebt seine Heimatstadt, trägt sie sogar als Ring am Finger. Mit einem Lächeln auf den Lippen erzählt er davon, wie er als "junger Bursche" im Freibad geschwommen oder in den "Brakeler Alpen" Schlitten gefahren sei. Wenn es an Eingemachte geht, also an die Themen, die in Brakel drängen, liest er ab. Für eine andere Interview-Anfrage habe er einige Fragen schriftlich beantwortet, die Antworten seien gut formuliert, sagt er. Also: Stichwort Leerstand in der Innenstadt. "Brakel möchte ich als geografischen Mittelpunkt des Kreises wieder zu einer Einkaufsstadt machen. (...) Hierzu muss das aktuelle Einzelhandelskonzept umgehend aufgehoben werden. Dieses verhindert die Ansiedlung attraktiver Geschäfte mit Magnetwirkung im Bereich 'rund um das ehemalige Nethecenter'." Dem vorformulierten Text zufolge ginge Brakel Kaufkraft verloren, weil die Bürger in die nächstgrößeren Städte führen, um in Geschäften einzukaufen, die es an der Nethe nicht gebe. "Wenn wir zukünftig diese attraktiven Geschäfte in Brakel haben, kann der Einkauf wieder komplett vor Ort bei uns erfolgen." Gegen die Online-Konkurrenz wolle Schünemann Einkaufserlebnisse setzen, heißt es weiter. Zum Beispiel mit Outlets. Verfügungsfonds für die Dörfer Nach den Starkregenereignissen in den Ortschaften Hembsen und Erkeln gefragt, antwortet Schünemann gerne. "Das war eine mittelschwere Katastrophe, so was habe ich noch nicht erlebt", erinnert sich der Bürgermeisterkandidat. Wie Schlammlawinen zukünftig verhindert werden könnten, müssten Experten erarbeiten. Er würde als Moderator fungieren und dafür sorgen, dass getan werde, was getan werden müsse. Damit die Dörfer aber generell schnell auf ein spezifisches Problem reagieren könnten, schlägt Schünemann Verfügungsbudgets für die Ortschaften vor. Diese könnten sich aus einem Sockelbetrag je Bürger zusammensetzen. "Wenn die Erkelner beispielsweise sagen: Hier an dieser Stelle müssen wir ein Problem lösen, dann können sie mit diesem Geld hantieren", erklärt er. Christoph Schünemann wohnt in Brakel einen Steinwurf von seinem Elternhaus und seiner ehemaligen Tankstelle entfernt. Er pflegt seine Mutter, die er liebevoll als seine "Chefin" und als "cool" bezeichnet. Er höre gerne Musik und da alles, was aktuell sei. Nach einiger Bedenkzeit legt er sich auf Rod Stewart als Lieblingskünstler fest: "Wunderbare, geradlinige Musik", sagt er. Außerdem lese er gerne. Romane, aber auch Biografien. Die stehen im Wohnzimmer rechts und links der Vitrine.

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