In Borgentreich ist ein MVZ im Gespräch

Borgentreich. Die gesundheitliche Grundversorgung auf dem Land zu stärken und weiterzuentwickeln, das haben derzeit wohl die meisten Rathäuser in der Region auf dem Zettel. Ärztemangel, lange Fahrtwege, ein hoher Anteil an älteren Menschen mit einem entsprechenden Versorgungsbedarf sind nur einige Stichworte. Und auch die niedergelassenen Ärzte, die derzeit noch auf dem Land praktizieren, werden älter. Etliche Hausärztinnen und Hausärzte stehen kurz vor dem Pensionsalter. Eine Nachfolge für die Praxis zu finden, wird zur Herausforderung. Das erwartete Praxissterben: Auf der Suche nach kreativen Ansätzen gegen den drohenden Hausärztemangel werden viele Kommunen aktiv. Auch in der Borgentreicher Verwaltung macht man sich Gedanken. &bdquo;Vorsorglich“, sagt Bürgermeister Nicolas Aisch. In der Orgelstadt wird über ein Ärztehaus, ein medizinisches Versorgungszentrum (MVZ) diskutiert. Doch ist der Ausbau von Versorgungszentren nur ein Weg, der im Gespräch ist. Auch wird gern über gezielte Anreize für junge Ärztinnen und Ärzte, aufs Land zu gehen, gesprochen. Bei der Niederlassungsentscheidung des Nachwuchses spielen zudem die Chancen für den Partner, einen Job zu finden, die Infrastruktur und die Schulen eine Rolle. Einige Gemeinden locken junge Mediziner beispielsweise mit günstigem Bauland. Politik und Ärzte ringen um den richtigen Weg. Drei Jahre Suche nach einer Praxis-Nachfolge in Borgnetreich Noch läuft es in den Hausarztpraxen im Borgentreicher Stadtgebiet. Drei sind es an der Zahl, die in Körbecke von Jörg-Henrik Häberle, in Borgholz von Hermann Mertens und in Borgentreich bislang von Gerhard Wölfe betrieben werden. Dazu die Zahnarztpraxis von Britta Sauer in Borgentreich. Allgemeinmediziner Wölfe (66) hat gerade die Praxis weitergegeben. Drei Jahre lang habe er nach einer Nachfolge gesucht, sagt er. Sich beizeiten Gedanken zu machen, sei notwendig, weiß auch Bürgermeister Aisch. Neben der Notfallversorgung stehe in der Stadtverwaltung und der Lokalpolitik die hausärztliche Versorgung im Fokus. Gerade in Zeiten des ärztlichen Nachwuchsmangels auf dem Land brauche es neue Wege und starke kommunale Initiativen, sagt Aisch. Schon länger gebe es eine Runde, in der sich Verwaltung, ortsansässige Ärztinnen und Ärzte und der Apotheker im Ort austauschten. Die Stadt wolle Perspektiven entwickeln und tragfähige Lösungen ausloten. Man möchte auf alle möglichen Szenarien vorbereitet sein. Zu den konkreten Zukunftsmodellen gehöre auch die mögliche Gründung eines medizinischen Versorgungszentrums, sagt Aisch. Ärzte auf dem Land: Versorgung im Südkreis Höxter gefährdet Borgentreich hat ein spezielles Problem Ein Ärztehaus: Ob die Kommune später einmal diesen Weg einschlagen werde? Das könne heute noch niemand sagen, hält Aisch fest und beschreibt die Situation. &bdquo;Praxen und Wohnungen sind im selben Haus“, nennt der die spezielle Lage in der Gemeinde. Die Ärzte praktizieren in ihren Privathäusern oder wie in Körbecke in zusammenhängenden Praxis- und Wohnräumen zur Miete. &bdquo;Schwierig für potenzielle Nachfolger“, bewertet nicht nur der Bürgermeister. Mit der Internistin Marta Knoke habe sich Mertens eine Ärztin mit ins Boot geholt, das Team von Mertens verstärke Susan Neutze. &bdquo;Möglich, dass sie die Praxen übernehmen“, sagt Aisch. Kurzfristig sieht er keinen Handlungsbedarf. Doch möchte er den Ärztinnen und Ärzten signalisieren, bei Problemen bei der Suche nach Lösungen zu helfen. &bdquo;Wir ziehen an einem Strang“, sagt er. &bdquo;Und machen nichts über die Köpfe handelnder Personen hinweg.“ Was junge Medizinerinnen und Mediziner wollen &bdquo;Irgendwann kommt es auf uns zu“, sagt Hausarzt Hermann Mertens. &bdquo;Für Kollegen, die ausscheiden kommen nicht unbedingt Neue nach“, sieht der 67-Jährige in nicht allzu entfernter Zukunft Handlungsbedarf. Und ein MVZ sei nicht mal so eben aus der Taufe zu heben. Eine medizinische Versorgung, &bdquo;so wie wir sie kennen, aufrechtzuerhalten, ist auf lange Sicht nicht mehr zu gewährleisten“, sagt er. Da seien vorausschauende Gedankenspiele sicherlich notwendig. &bdquo;Aktuell stehen wir nicht vor der Situation, dass uns die Ärzte verlassen oder Hausarztpraxen schließen müssten“, beruhigt Aisch. Das Nachdenken über ein MVZ, &bdquo;ein Vorschlag, vor dem Hintergrund, dass die medizinische Versorgung auf dem Land zunehmend infrage gestellt ist“, sagt Häberle. Der Körbecker Mediziner ist in einem Ärztenetzwerk aktiv. &bdquo;Junge Kolleginnen und Kollegen möchten sich lieber anstellen lassen und nicht die Last einer eigenen Praxis tragen zu müssen“, merkt er an. Damit die Region nicht zu einem unterversorgten Gebiet werde, sei es unbedingt richtig, jetzt zu handeln und zu überlegen, Ideen zu sammeln, Pläne zu machen. &bdquo;Und nicht erst, wenn das Kind in den Brunnen gefallen ist“, sagt der Mediziner. In den vergangenen zehn Jahren hat der Kreis Höxter mehr als zehn Vollzeitstellen für Hausärztinnen und Hausärzte verloren. Lesen Sie auch: Ausschuss kritisiert Warburger MVZ-Pläne Eine Warburger Ärztin hat in Borgentreich eine Praxis übernommen &bdquo;Ohne Nachfolge hätte ich die Hausarztpraxis Ende des Jahres geschlossen“, hatte sich Wölfe bereits öffentlich geäußert. Seit Monatsbeginn hat Christina Duurland (55) Praxis und Patientenstamm des 66-jährigen Allgemeinmediziners übernommen. Sie werde die Praxis Am Rathaus 14 in seinem Sinne weiterführen, sagt Wölfe. Das hören sicherlich auch für die vier Mitarbeiterinnen gern. Bisher behandelte Duurland Patientinnen und Patienten in der Warburger Gemeinschaftspraxis Rupert Lessmann. Auch in Borgentreich wird sie nun U-Untersuchungen für Kinder anbieten. Mit den drei Hausarztpraxen sei die Stadt &bdquo;in dieser Konstellation gut aufgestellt“, sagt Rathauschef Aisch, glücklich darüber, auch in den Dörfern noch niedergelassene Ärzte zu finden. Mit den Gesprächen, unter anderem hatte eine externe Beratungsfirma in der Ärzte-und Apothekerrunde das Modell MVZ vorgestellt, sollen Möglichkeiten und Chancen ausgelotet werden. Vieles werde auch kritisch betrachtet, bleibt Nicolas Aisch vage. Er wolle vor die Welle kommen, sagt der Borgentreicher Bürgermeister. Und nicht abwarten, &bdquo;bis es womöglich zu spät ist und bestehende Strukturen hausärztlicher Versorgung wegbrechen“.

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