Beverungen

NW+-Icon
Gegner des Atommüll-Logistiklagers sprechen von "bewusster Täuschung"

Die Initiativen lehnen die Errichtung das Bereitstellungslager für Atommüll am AKW Würgassen ab und fordern die Neubewertung der Abfallbehandlung und möglichen Endlagerung nach aktuellem Wissensstand.

Auch die Hochwassergefahr könnte ein Ausschlusskriterium für das Atommüll-Logistikzentrum sein. | © Torsten Wegener

Torsten Wegener
15.03.2020 | 15.03.2020, 17:55

Würgassen. Die Pläne der Bundesgesellschaft für Zwischenlagerung (BGZ), auf dem Gelände des stillgelegten Atomkraftwerks Würgassen ein zentrales Lager für den schwach- und mittelradioaktiven Atommüll aus allen deutschen Atomkraftwerken zu errichten, hat in den letzten Tagen für viel Unruhe in der Region gesorgt. Nachdem in der letzten Woche die BGZ die Presse informiert hat, haben nun Umweltorganisationen und Bürgerinitiativen in einer gemeinsamen Aktion in Würgassen ihre Kritik an den Atommüll-Plänen erläutert. Sie sind in vielen Punkten völlig konträr zu den Aussagen der BGZ.

„Wir sprechen ab jetzt nicht mehr von der Errichtung eines Logistikzentrums, sondern von einem zentralen Bereitstellungslager für das Endlager Schacht Konrad. Der Begriff Logistikzentrum sei eine bewusste Täuschung durch die Bundesgesellschaft für Zwischenlagerung (BGZ), eine Verharmlosung der Pläne", sagt Dirk Wilhelm, der am 7. März spontan die Bürgerinitiative „Gegen atomaren Dreck im Dreiländereck" gegründet hat und seitdem sehr viel bewegt. Nun hat er zusammen mit Ludwig Wasmus, Vorstand der Arbeitsgemeinschaft Schacht Konrad aus Salzgitter, und Jochen Stay, Sprecher der Anti-Atom-Organisation „ausgestrahlt" aus Hamburg zum gemeinsamen Pressegespräch geladen.

Der Drenker Dirk Wilhelm (Mitte), Ludwig Wasmus (r., Salzgitter) und Jochen Stay (Hamburg) haben vor dem geplanten Lager für radioaktive Abfälle in Würgassen als massives Gesundheitsrisiko gewarnt. - © Torsten Wegener
Der Drenker Dirk Wilhelm (Mitte), Ludwig Wasmus (r., Salzgitter) und Jochen Stay (Hamburg) haben vor dem geplanten Lager für radioaktive Abfälle in Würgassen als massives Gesundheitsrisiko gewarnt. | © Torsten Wegener

Alle drei sind sich einig: Das geplante Atommüllendlager Schacht Konrad entspreche nicht dem Stand von Wissenschaft und Technik und würde heute nicht mehr genehmigt werden. „Dass nun ein Bereitstellungslager in Würgassen entstehen soll, um das Endlager passgenau zu beliefern, zeigt die ganze Absurdität in der Diskussion um das Endlager Konrad", sagt Ludwig Wasmus aus Salzgitter. Wenn es schon ein Zwischenlager geben soll, dann mache es nur bei Schacht Konrad Sinn, sagen die Aktivisten. Zu diesem Ergebnis sei auch die Entsorgungskommission 2018 gekommen.

Verzögerungstaktiken zugunsten Schacht Konrad

„Doch dieses sogenannte Bereitstellungslager soll nur aus einem einzigen Grund nicht direkt am Schacht Konrad gebaut werden. So wird verhindert, dass damit das Genehmigungsverfahren für dieses tiefengeologische Atommüll-Lager neu aufgerollt werden muss. Das würde das Aus des Projekts bedeuten. Denn Schacht Konrad wäre heute nicht mehr genehmigungsfähig. So soll ein neues Verfahren mit aller Macht verhindert werden. Deshalb weicht man auf das 90 Kilometer entfernte Würgassen aus", sagt Jochen Stay.

Wilhelm, Wasmus und Stay fordern daher ein komplett neues Suchverfahren für ein Atommüll-Endlager für den schwach- und mittelradioaktiven Atommüll aufzusetzen. Die Zeit dränge. „Ein ehemaliges Bergwerk kommt für so ein Endlager nicht infrage. Eigentlich muss ein Bergwerk speziell für ein Endlager entstehen", sagt Stay. In der Zwischenzeit müsse der Atommüll dezentral an den bisherigen Kraftwerksstandorten zwischengelagert werden.

Gefahr der Stoffe nicht verharmlosen

Die Organisationen und Initiativen sehen zudem weitere Ausschlusskriterien für Würgassen als Standort für ein Bereitstellungslager: Wohnbebauung in 300 Meter Nähe, das Areal befinde sich im Hochwasser- und einem militärischen Tieffluggebiet, es gebe nur eine eingleisige, für den Güterverkehr bedingt geeignete Bahnstrecke sowie die Entfernung zu Autobahnanschlussstellen. Zudem sei die Wegführung über die B64/B83 für Gefahrguttransporte ungeeignet. Die Initiativen sind sich zudem sicher: Die Zahl der fälligen Atommülltransporte werden sich zwangsläufig verdoppeln und damit auch die Strahlenbelastung und das Risiko von Unfällen.

Jochen Stay warnt zudem vor einer Verharmlosung des Mülls, der angeliefert werden soll: „Darunter werden sich stark kontaminierte Bauteile sowie toxische Stoffe wie Arsen und Quecksilber befinden".