Beverungen

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Warum Würgassen für das Atommüll-Logistikzentrum ausgewählt wurde

Laut Ökoinstitut Darmstadt ist der Standort am besten geeignet für das Atommüll-Logistikzentrum. Probleme bleiben der Hochwasserschutz und der eingleisige Bahnanschluss. Welche Fläche auf Rang zwei landete.

Kernkraftwerk Würgassen. Hinter diesem Zaun, auf der Nordseite des Geländes, soll das Logistikzentrum entstehen. | © Torsten Wegener

16.03.2020 | 16.03.2020, 11:30

Beverungen-Würgassen. Das Ökoinstitut Darmstadt hat den Standort Würgassen in einer gutachterlichen Erstbewertung als geeignet befunden, um dort das Zentrale Bereitstellungslager Konrad zu bauen. Maßgeblich war dabei offenbar vor allem der Bahnanschluss.

Eigentlich hatte die Entsorgungskommission für das geplanten Atommüll-Logistikzentrum eine zweigleisige Bahnstrecke gefordert. Würgassen hat nur einen eingleisigen, derzeit stillgelegten Anschluss. Es handelt sich um einen Abzweig von der Bahnlinie von Ottbergen nach Bodenfelde, diese wird werktags von etwa 30 Personenzügen befahren.

Für die Transporte zum Endlager Konrad wären täglich drei volle Züge und drei Leerfahrten zurück notwendig. Hinzu käme die Anlieferung des Atommülls aus den im ganzen Bundesgebiet verteilten Zwischenlagern.

Vorausgesetzt sei eine schwerlastgeeignete Straßenanbindung

An der Schwerlasttauglichkeit des Bahnanschlusses haben die Gutachter keinen Zweifel: „Über ihm wurden beispielsweise 1996 auch der Abtransport der Castor-Behälter aus dem Kernkraftwerk durchgeführt", heißt es in dem Papier.

Auch ein einziges Gleis könne unter Umständen ausreichend sein, meint das Ökoinstitut: „Dies ist auch abhängig von der sonstigen Nutzungsfrequenz der Strecke und den freien Kapazitäten", schreiben die Gutachter. Im Rahmen der weiteren Planungen müsse geprüft werden, ob die logistischen Bedarfe des Zentralen Bereitstellungslagers Konrad eine Zweigleisigkeit auch im Abschnitt zwischen Ottbergen und Bodenfelde erfordern.

Zwingend vorausgesetzt für das Zentrale Bereitstellungslager sei auch eine schwerlastgeeignete Straßenanbindung in mehrere Richtungen. Bei einer Anfahrt über die B 83 würde allerdings das FFH-Gebiet „Wälder um Beverungen" tangiert. Bei der Anfahrt über Lauenförde würde die neue, schwerlasttaugliche Weserbrücke genutzt. Allerdings sei hauptsächlich der Transport über die Schiene geplant.

Schwierigkeiten durch die Lage in einer Weserschleife

Schwierigkeiten könnte es zudem beim Hochwasserschutz durch die Lage in einer Weserschleife geben. Bei Extremhochwasser könne die Fläche betroffen sein, auf der das Atommüll-Lager gebaut werden soll.

Die Gutachter schlagen deswegen eine Aufschüttung des Geländes vor. „In der aktuell vorliegenden Gestaltung ist der Standort nicht vollständig hochwasserfrei", mahnt das Ökoinstitut. Ein nahegelegenes Holzlager berge zudem gegebenenfalls Brandrisiken.

Die Gesellschaft für Zwischenlagerung (BGZ) hatte zunächst 28 potenzielle Standorte für das Zentrale Bereitstellungslager Konrad ausfindig gemacht und neun davon ausgewählt.

Die anderen Orte in der Diskussion

Zur Diskussion standen Brandenburg, Braunsbedra, Braunschweig, Halberstadt, Neuental, Oschersleben, Straßfurt, Stendal, Torgau und Würgassen. Fünf Kriterien wurden für den Vergleich herangezogen: Die Entfernung zum Endlager Konrad auf Straße und Schiene, die Entfernung zum nächsten Gleisverlauf, die Größe der Flächen (mindestens 30 Hektar), der Abstand zu geschlossenen Siedlungsgebieten (mindestens 300 Meter), die Lage außerhalb von Naturschutzgebieten. Auch das Ökoinstitut Darmstadt favorisiert nach Überprüfung der von der BGZ vorgelegten Daten das ehemalige Kernkraftwerk im Dreiländereck. Zum einen sei der Standort zeitnah verfügbar und er zeichne sich durch zwei Alleinstellungsmerkmale aus: Den vorhandenen Bahnanschluss und das bestehende Zwischenlager für schwach- und mittelradioaktive Abfälle. Der Ort Würgassen ist bis auf zwei außerhalb gelegene Häuser etwa 550 Meter vom geplanten Atommüll-Lager entfernt.

Bei dem Ranking der Standorte landete eine Fläche bei Braunschweig knapp hinter Würgassen. Es handelt sich um die Kippe Bechtsbüttel, die aus Erdaushub des Mittellandkanals entstand und mittlerweile bewaldet ist. Sie liegt in Autobahnnähe und ist 25 Kilometer auf der Straße beziehungsweise 19 Kilometer auf der Schiene vom geplanten Endlager in Salzgitter entfernt. Der nächste „aktive" Gleisverlauf ist 1,5 Kilometer entfernt.

„Es muss sich dabei um den stillgelegten Bahnhof handeln, der noch ab und zu für Güterverkehr genutzt wird", sagt Hans-Martin Burmeister aus Bechtsbüttel auf NW-Anfrage. In den 30er Jahren seien Kipploren über eine Feldbahn zur Kippe gefahren worden, doch diese Gleise seien längst zurückgebaut. Die Kippe selbst sei nur über eine kleine Straße zu erreichen und sei auf sandigem, wenig tragfähigem Grund aufgeschüttet worden.