Fast 1.000 Euro für achtmal Parken vor Klinik in Bad Driburg

Bad Driburg. So etwas hat Anna Held noch nicht erlebt: Achtmal hat sie auf dem Gelände der Bad Driburger Marcus-Klinik geparkt. Die hat ein Unternehmen mit der Bewirtschaftung des Parkplatzes beauftragt, wie andere Kliniken und viele Supermärkte auch. Um ihren Mann aussteigen zu lassen, der im Rollstuhl sitzt, wie sie selbst sagt. Dass dabei Parkgebühren angefallen waren, weil jeweils die kostenlose Parkdauer überschritten worden war, sei ihr zunächst gar nicht aufgefallen. Weil sie das Geld nicht rechtzeitig überwiesen hatte und weil mittlerweile eine Anwaltskanzlei eingeschaltet war, standen plötzlich Gebühren in Höhe von rund 1.000 Euro im Raum. Wie kann das sein? &bdquo;Ein kleines, übersehbares Schild wies darauf hin, dass der Eingangsbereich videoüberwacht wird und nach einer Karenzzeit von 15 Minuten jede weitere angefangene Viertelstunde 3 Euro koste“, sagt Anna Held. Diesen Hinweis auf dem Parkplatz vor der Klinik habe sie in der stressigen Situation des Bringens und Abholens nicht wahrgenommen. Ganz so klein ist die Beschilderung an der Einfahrt zum Parkplatz vor der Klinik eigentlich gar nicht. Aber wer gestresst ist oder es eilig hat, sieht nicht alles. Doch die Kameras am Parkplatzgelände hatten umgekehrt ein sehr genaues Auge auf den Wagen und die Uhrzeit. Ein weiteres Problem eröffnete sich dadurch, dass die Rechnung nicht auf dem Parkplatz direkt Ort habe beglichen werden können. Held: &bdquo;Vor Ort war zudem der Parkautomat während der gesamten Besuchszeiten außer Betrieb“, sagt sie. Und sie erklärt, dass das Parkunternehmen, das den Parkplatz bewirtschaftet, angegeben habe, dass die Rechnung binnen 14 Tagen beglichen werden könne. Lesen Sie auch: Unklare Park-Regeln? Ärger um Parkplatzfirmen in OWL Das ist die nächste &bdquo;böse Überraschung“ für die Besucher der Bad Driburger Klinik Als die Besucherin die ausstehenden Parkvorgänge schließlich online regulieren wollte, erlebte sie, wie sie es selbst formuliert &bdquo;die nächste böse Überraschung“. Neben den eigentlichen Parkgebühren für die insgesamt 36 berechneten Viertelstunden seien für jeden der acht einzelnen Parkvorgänge je eine Bearbeitungsgebühr in Höhe von 25 Euro fällig geworden. &bdquo;Diese zusätzlichen Strafgebühren in Höhe von 200 Euro trieben die Gesamtsumme auf 324 Euro in die Höhe“, rechnet Held vor. 25 Euro habe sie schon zuvor bezahlt, die seien der Summe schon abgezogen worden. &bdquo;Ich fühle mich bestraft dafür, dass ich meinen schwerbehinderten Mann unterstützt habe“, sagt die betroffene Ehefrau. Nach Bekanntwerden der Summe hatte sie an den Parkraumbewirtschafter appelliert, die Kosten zu reduzieren. Drei Argumente machte sie geltend: Die pauschalen Bearbeitungsgebühren von 25 Euro pro Vorgang sind in ihren Augen &bdquo;unverhältnismäßig und sollten erlassen werden“. Passend dazu: Kamera-Parkplatzkontrolle soll Fremdparker vertreiben – verärgert jedoch Kunden Leserin fordert kulante Lösungen für Klinikbesucher in Bad Driburg Auch ist sie der Meinung, dass in &bdquo;Fällen von Schwerbehinderten und deren notwendigen Begleitpersonen“ kulante Lösungen und &bdquo;eine deutlichere, gut sichtbare Kennzeichnung der Parkregeln“ notwendig seien. Zudem sieht sie die Klinik in der Pflicht, &bdquo;sicherzustellen, dass die Parkautomaten auf ihrem Gelände zuverlässig funktionieren“. Ein Defekt dürfe &bdquo;nicht zu Lasten der Besucher gehen“. Laut Informationen der NW können Parkplatznutzer sich auch in der Patientenaufnahme melden, wenn es Anliegen zum Parkplatz gibt. Held überwies die Parkgebühren schließlich – ohne die zusätzlich angesetzten Strafgebühren. Sie formulierte stattdessen ein Widerspruchsschreiben, in dem sie ausführlich erklärte, warum sie die Parkgebühren zahlt, die Bearbeitungsgebühr aber nicht. Darauf allerdings ließ sich das Parkplatzbewirtschaftungsunternehmen, zunächst nicht ein. Held hatte stattdessen Post von einer Anwaltskanzlei bekommen, die das Unternehmen vertritt. So setzt sich der hohe Preis für das Parken in Bad Driburg zusammen &bdquo;Pro Parkvorgang werden nun zusätzlich 54 Euro gefordert“, sagt Held. Macht 432 Euro Anwaltsgebühren und damit Gesamtkosten für acht Mal Parken auf dem Klinikgelände in Höhe von knapp 800 Euro. Held war fassungslos. Laut Antje Kiewitt von der Unternehmensgruppe Graf von Oeynhausen-Sierstorpff, die die Marcus-Klinik betreibt, hat es bisher noch keinerlei Probleme oder Beschwerden über die Firma Park-Raum-Management PRM gegeben, die das diesen Parkplatz bewirtschaftet. PRM kümmert sich deutschlandweit um etliche Parkplätze, etwa auch um den Parkplatz des St.-Vincenz-Hospitals in Brakel, das Unternehmen rechnet aber auch Parksünder etwa auf Plätzen der Rewe-Gruppe ab. Mittlerweile zeigt sich die von dem Parkplatzbewirtschaftungsunternehmen beauftragte Rechtsanwaltskanzlei aber kulant - und bietet in einem Schreiben, das der NW vorliegt, an, auf die Anwaltskosten zu verzichten - gegen eine pauschale Zahlung von 111 Euro. &bdquo;Das werde ich wohl annehmen, welche Wahl bleibt mir denn?“, fragt Held. Ebenfalls lesenswert: Ärger um Parkgebühren an der KHWE in Brakel Das sagt Datenschutzverein aus Bielefeld zur Parkraumüberwachung Insgesamt hätte sie dennoch 435 Euro für acht Mal Parken bezahlt. Park-Raum-Management PRM hat sich trotz mehrmaligen Nachfragens noch nicht zu dem Vorgang geäußert. Umso gesprächiger ist der Verein Digitalcourage aus Bielefeld. Dessen Mitglieder setzen sich für mehr Datenschutz im öffentlichen Raum ein. Von Firmen wie PRM, von denen es zahlreiche gibt, hält Digitalcourage gar nichts. Gemeinsam haben diese Unternehmen, dass sie Parkplätze bewirtschaften, deren Nutzung von Kameras kontrolliert wird. &bdquo;Menschen werden beim Einkaufen oder Arztbesuch überwacht, ohne dass sie etwas falsch gemacht haben“, sagt Sprecher Max Hampel. Das sei aus Sicht des Vereins &bdquo;ein klarer Eingriff in die informationelle Selbstbestimmung“. Dabei spielt es in seinen Augen auch keine Rolle, dass die Überwachungsunternehmen angeben, dass die Vorgaben der Datenschutzgrundverordnung einhalten und die Kennzeichen &bdquo;nach kurzer Zeit wieder löschen“. Auch interessant: Knöllchen auf Bielefelds Supermarkt-Parkplätzen: So entgehen Sie Bußgeldfallen Warum Digitalcourage an Parkplatznutzer appelliert Entscheidend ist für ihn, &bdquo;dass diese Erfassung zunächst eine anlasslose Videoüberwachung sämtlicher Fahrzeuge darstellt“. Und die lehnt Digitalcourage generell ab - und ruft zum Widerstand auf: &bdquo;Kundinnen und Kunden können sich unter anderem dadurch wehren, dass sie die Datenschutzaufsicht des jeweiligen Bundeslandes über einen möglichen Verstoß informieren, beim betroffenen Supermarkt Beschwerde einreichen und auf den Verzicht solcher Systeme drängen, oder im Zweifel den Parkplatz meiden.“ Und noch ein Problem erkennt der Datenschutzexperte im Vorgehen der Unternehmen: &bdquo;Problematisch ist außerdem, dass die Betreiberfirmen im Falle eines vermeintlichen Verstoßes über das Kraftfahrt-Bundesamt oder kommunale Zulassungsstellen Halterdaten anfordern dürfen“. Diese Übermittlung erfolge in der Regel nach Regeln des Straßenverkehrsgesetzes und der Fahrzeug-Zulassungsverordnung. &bdquo;Ob private Parkraumbewirtschafter, die kommerziell Verwarnungen verschicken, darunterfallen, ist rechtlich umstritten“, meint er. Lesen Sie auch: Ärger mit Parkplatzbetreiber: Jetzt lenkt Parkcontrol24 im Kampf gegen Bielefelder Anwalt ein Die Datenschützer meinen, dass staatliche Datenbanken nicht angezapft werden sollten Seinen Informationen zufolge steht eine &bdquo;höchstrichterliche, also bundesweit verbindliche Entscheidung speziell für private Parkraumbewirtschafter“ bislang noch aus. Digitalcourage halte &bdquo;das Vorgehen, dass sich immer weiter verbreitet, für eine sehr weitgehende und bedenkliche Praxis, die staatliche Datenbanken zweckentfremdet und Missbrauch Tür und Tor öffnet“, sagt Hampel abschließend. 📲 News direkt aufs Smartphone? Hier gehts zum kostenlosen Whatsapp-Kanal der NW Höxter

Meistgelesen