Fehlender Mietspiegel: Wie Mieter im Kreis Höxter Hilfe bekommen

Bad Driburg/Kreis Höxter. Ein Großteils des Nettoeinkommens fließt in die Miete, in Großstädten müsse etwa ein Viertel der Haushalte mindestens 40 Prozent des Einkommens für Warmmiete und Nebenkosten aufwenden, heißt es in einer von der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung geförderten Untersuchung. Bei der Diskussion um faire Mietpreise spielt auch der Mietspiegel eine große Rolle, denn für seine Erstellung werden Preise für Mietobjekte in ähnlicher Größe verglichen und ein Durchschnitt erstellt. Die Stadt Bad Driburg hat keinen eigenen Mietspiegel. Stattdessen heißt es auf der Internetseite der Stadt: "Die Stadt Bad Driburg orientiert sich an dem Mietspiegel der Stadt Höxter". Auf Nachfrage der NW teilte die Pressesprecherin der Stadt, Tamara Fleischer, mit: "Eine Erstellung ist nicht geplant. Bad Driburg ist aufgrund seiner Größe nicht verpflichtet, einen Mietspiegel vorzuhalten". Es bestehe nur die Möglichkeit, sich am Mietspiegel der Stadt Höxter zu orientieren. Das Problem dabei: auch dieser ist nicht mehr aktuell. Zuletzt gab die Stadt Höxter 2017 eine solche Aufstellung aus. Zum 1. Juli 2019 erfolgte eine Anpassung. "Ein aktueller Mietspiegel konnte für 2021 leider nicht erstellt werden. Der Mietspiegel gilt jedoch bis auf weiteres als 'einfacher' Mietspiegel fort, so dass er weiterhin zur Orientierung herangezogen werden kann. Die Wiedergabe der ortsüblichen Vergleichsmiete lässt er aber nicht mehr vermuten", gibt die Stadt Höxter auf ihrer Internetseite bekannt. Startet man eine Suchanfrage im Internet, so werden auf diversen Immobilienseiten auch Mietspiegel für 2022 angezeigt - aber wie belastbar sind diese Angaben? Und was passiert, wenn der offizielle Mietspiegel veraltet ist? Auf Fragen wie diese weiß Ralf Brodda, der Geschäftsführer vom Mieterbund OWL Antwort. "Derzeit besteht noch keine Pflicht zur Erstellung von Mietspiegeln", sagt der Experte vom Mieterbund. Aber hier greife bald ein neues Gesetz: "Ab dem ersten Juli 2022 müssen Gemeinden mit mehr als 50.000 Einwohnern einen Mietspiegel erstellen", so Brodda. "Wenn er als qualifizierter Mietspiegel gelten soll, muss er alle zwei Jahre zumindest fortgeschrieben, das heißt anhand des Preisindexes oder einer Stichprobe aktualisiert, werden. Nach vier Jahren müssen die Werte statistisch neu erhoben werden." Dass Bad Driburg sich an Höxter orientiere, sei vertretbar, findet der Experte. "Der Bundesgerichtshof hat die Bezugnahme auf den Mietspiegel einer vergleichbaren Nachbargemeinde als zulässig erklärt. Bad Driburg und Höxter sind durchaus vergleichbar." Nur der qualifizierte Mietspiegel gilt vor Gericht An der Erstellung des Mietspiegels seien in der Regel die Gemeinde und die Vertreter von Vermietern und Mietern also Haus und Grund und der Mieterbund beteiligt. Er könne aber auch ohne die Verbände alleine von der Gemeinde oder ohne die Gemeinde nur durch die Verbände erstellt werden - was aber selten vorkomme. Für die Erstellung werden die in den letzten sechs Jahren veränderten Mieten herangezogen, erklärt Brodda. Die Veränderung des Mietspiegels ergebe sich also zumeist aus Neuvermietungen oder Mieterhöhungen, zum Beispiel wegen Modernisierungen. "Manche Vermieter einigen sich ohne besonderes Verfahren mit ihren Mietern auf eine neue Miete. Das ist zulässig." Diese Übersicht ist ein wichtiges Instrument zur Orientierung - besonders vor Gericht. "Dem aktuellen Mietspiegel wird bei Mieterhöhungsprozessen ein höherer Erkenntniswert zuerkannt. Beim qualifizierten Mietspiegel wird die Richtigkeit vermutet und es ist daher schwer, seine Aussage vor Gericht zu erschüttern." Aber Vorsicht: Für überalterte Mietspiegel gilt das nicht. Aktuelle Aufstellungen von Immobilienseiten? Da winkt der Experte ab. "Zuverlässiger Mietspiegel ist nur der von der Gemeinde oder den Verbänden veröffentlichte Mietspiegel. Die sogenannten Mietspiegel auf diversen Internetseiten sind in der Regel auf der falschen Datenbasis, nämlich auf Grund der Angebotsmieten im Internet ermittelt. Sie geben daher regelmäßig zu hohe Werte aus." Nachteile für Mieter Wenn es keinen Mietspiegel gebe, könne ein Vermieter die Mieterhöhung mit drei Vergleichswohnungen oder einem Sachverständigengutachten begründen. "Das kann dazu führen, dass gerade große Vermieter Wohnungen aus ihrem Bestand bei Mieterwechsel teuer neu vermieten und dann diese teuren Wohnungen als Vergleich heranziehen. Dann muss vor Gericht ein aufwendiges Sachverständigengutachten erstellt werden, in dem die sogenannte ortsübliche Vergleichsmiete ermittelt wird, die der Vermieter laut Gesetz verlangen kann." Broddas Rat: "In jedem Fall sollten Mieter ein Mieterhöhungsverlangen prüfen lassen, am besten durch uns. Gerade wenn es keinen Mietspiegel gibt, werden hier häufig Fehler gemacht." Ob die Stadt Höxter in Zukunft wieder eine aktuelle Aufstellung, also einen qualifizierten Mietspiegel, zur Verfügung stellen wird, das steht noch aus. Wie Markus Finger, der Pressesprecher der Stadt Höxter, auf Anfrage der NW mitteilte, prüft die Verwaltung zurzeit, ob dies 2023 wieder der Fall sein könnte. Zuvor habe keine Aktualisierung erfolgen können, da keine ausreichenden Ressourcen vorhanden gewesen seien und es sich um eine freiwillige Selbstverwaltungsaufgabe handele.

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