Ärger mit der Nordwestbahn: Nicht alle Rollstühle können mitfahren

Bad Driburg. Die Tür geht mit einem leisen Summen auf. Für die meisten Menschen ist der Schritt, der danach folgt, ziemlich klein. Tap, Tap. Und sie sind drin im Zug. Alexander Bieseke darf diesen Schritt nicht machen. Der Bad Driburger sitzt im Rollstuhl – in seinem Fall ist der Rollstuhl ziemlich schwer. So schwer, dass er aus rechtlichen Gründen auch die für Rollstuhlfahrer vorgesehene Rampe meist nicht nutzen darf – und daher in der Regel nicht mitfahren darf. Allerdings kann Bieseke auch aufstehen. Und den Rollstuhl selbst über die Rampe steuern. Das reduziert das Gewicht auf der Rampe, weil er den Rollstuhl vor sich schieben kann. Daher sei es auch rechtlich möglich, dass er die Rampe überquert, meint er. Bei der Nordwestbahn allerdings werde diese Option in der Regel jedoch weder erkannt noch akzeptiert. Heißt: In den meisten Fällen müsse er draußen bleiben. Bieseke sagt, dass es nicht nur ihm in der Nordwestbahn so gehe. Dass Rollis nicht mitgenommen werden, hat allerdings auch andere Gründe. Das Verkehrsunternehmen räumt auf Nachfrage von nw.de ein, dass es bei der Beförderung von Menschen mit Beeinträchtigungen Grenzen gibt. Sie stehen am Gleis, alle mit Rollis. Alle, so sagen die Mitglieder des Vereins pro barrierefrei Bad Driburg, alle Rollis seien medizinisch verordnet, heißt: Dass sie sie brauchen, ist quasi rechtlich verbrieft. Die Rollis wurden von der Krankenkasse bezahlt. Dann ist der Zug zu hören. Noch ist es nur ein leises Rauschen. Wie ein Bienenschwarm, der um ein Nest schwirrt. In Deutschland ist der völkerrechtliche Vertrag über die Rechte von behinderten Menschen am 26. März 2009 in Kraft getreten. In dem UN-Übereinkommen geht es grob gesagt darum, dass Menschen mit Beeinträchtigungen als gleichberechtigte Menschen angesehen werden, deren Behinderung eher von außen durch Umwelt und Strukturen erfolgt. Eben diese Behinderungen sieht Bieseke bei der Nordwestbahn am Werk. Und er ist nicht allein. Mit der S 5 klappt alles &bdquo;Bei der DB gibt es diese Probleme nicht", sagt Bieseke. So klappe es mit der Beförderung etwa mit der S 5 von Steinheim Richtung Paderborn oder Hannover ohne Probleme. Dieser Einschätzung schließen sich weitere Mitglieder des Vereins pro barrierefrei Bad Driburg an – Bieseke ist sehr aktiv im Verein. Nicht nur er sagt, dass es Probleme bei der Nordwestbahn gibt. Mandy Thiel etwa fährt mit einem Handbike – das ist eine Art Fahrrad, das allein mit der Kraft der Hände angetrieben wird. Das Bike sei ihr medizinisch vom Arzt verordnet worden, sagt sie. Aber wenn sie im Zug mitfahren wolle – in dem Bereich, in dem es einen Rollsuhlstellplatz gebe – sei das nicht möglich. &bdquo;Der Zuweg ist nicht breit genug, mit dem Handbike komme ich da nicht rein", sagt sie. In Zügen anderer Anbieter gebe es indes keine Probleme, &bdquo;die haben auch Mehrzweckabteile", sagt sie. Stefan Ingram vom Verein stellt heraus, dass die Mitglieder häufig mit dem Zug fahren – allerdings mit anderen Anbietern. &bdquo;Neulich waren wir mit dem Rhein-Ruhr-Express nach Kassel gefahren, das hat super geklappt." Inge Ernst sagt: &bdquo;Mit anderen Bahnanbietern haben wir nie Probleme." Mit fünf Rollstuhlfahrern sei man kürzlich nach Berlin gefahren. Platz sei genug dagewesen. Die Plätze seien problemlos erreichbar gewesen. Nicht jeder Rollstuhl kann mit Steffen Högemann, Pressesprecher der Nordwestbahn mit Sitz in Osnabrück, räumt ein, dass in den Zügen des Anbieters in OWL nicht jeder Rollstuhl mitfahren kann. &bdquo;In den Fahrzeugen im OWL-Netz ist Platz für zwei Rollstühle oder E- Scooter, die eine maximale Breite von 700 Millimetern und eine Länge von 1.200 Millimetern haben dürfen, ansonsten passen diese nicht am WC vorbei, um an den vom Hersteller der Züge vorgesehenen und zugelassenen Platz zu kommen." Das Abstellen im Einstiegsbereich sei nicht gestattet, da dies der Fluchtweg im zugelassenen Rettungskonzept des Fahrzeuges sei. Und weil dort auch keine Sicherung des Rollstuhles gegen das Umkippen gegeben sei. &bdquo;Das alles ist an den zugelassenen Standorten hinter dem WC gegeben." Aber dorthin gelangen eben nicht alle Rollis. Auf der Internetseite der Nordwestbahn indes wird umfänglich für den Service für Menschen mit Behinderung geworben: &bdquo;Die Nordwestbahn bietet mobilitätseingeschränkten Reisenden einen möglichst breiten Service. Reisende, die unterwegs auf Hilfe angewiesen sind, können sich auf uns verlassen", heißt es da. Bislang ist nichts passiert Högemann bittet um Verständnis, dass in diesem Fall dennoch nicht immer alle mitfahren können: &bdquo;Die Fahrzeuge, die wir im OWL-Netz nutzen, sind Baujahr 2003. Sie wurden auf dem Stand der Technik um die Jahrtausendwende entwickelt. So ist auch damals der Stand der Technik für mobilitätseingeschränkte Menschen ein anderer gewesen, als es heute der Fall ist", erklärt der Nordwestbahn-Sprecher auf Anfrage von nw.de. Die Rollifahrer aus Bad Driburg sagen, dass sie sich schon lange dafür einsetzen, dass die Durchfahrten der Züge breiter werden. Passiert sei bislang nichts. &bdquo;Ich fühle mich dadurch ausgegrenzt, dass ich den Zug nicht nutzen kann", sagt Bieseke.

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