Wegen seines E-Rollis: Beinamputierter darf nicht in Bahn mitfahren

Herford/Löhne. Horst Dressel (68) hat keine Beine mehr, trägt Prothesen, ist zudem auf ein kleines E-Mobil (70 Kilogramm schwer) angewiesen. Als er mit einem Kumpel mit dem Zug von Löhne nach Herford fahren will, verweigert ihm das Personal die Mitfahrt: &bdquo;Die meinten, mein Scooter wäre ein Motorrad und zu schwer!“ Das Duo ist fassungslos. &bdquo;Ich fahre sehr oft Bahn, hatte nie irgendwelche Probleme mit meinem dreirädrigen Gefährt, bin sonst immer mitgekommen“, so der Herforder, der erst vor Kurzem eine Kehlkopf-OP hatte, nicht sprechen kann. Stattdessen hat er aktuell immer einen Block dabei, schreibt auf, was er mitteilen möchte. Aber von Anfang an: Es ist der Abend des 12. August, ein Dienstag. Dressel und sein Freund Ralf Wronka (61) waren den Tag über in Münster: &bdquo;Wir haben einen schönen Tag im Zoo verbracht, sind durch die Innenstadt gebummelt. Das Wetter war super, es war ja noch richtig warm.“ Der Zug fährt ohne die Herforder ab Per Regionalzug geht’s am späten Nachmittag dann zunächst nach Osnabrück, von dort wollen die beiden nach einem Umstieg in Löhne dann wieder in ihre Heimatstadt reisen – mit der RB77. Doch daraus wird (vorerst) nix. Denn das Zugpersonal will nach Angaben von Dressel und Wronka nicht die Rampe bereitstellen, über die der Gehbehinderte mit seinem Scooter in die Bahn fahren kann. Auch interessant: 60-jährige Herforderin findet trotz täglicher Bemühungen keinen Job - wegen Behinderung &bdquo;Der Lokführer und ein Zugbegleiter haben uns dreimal gesagt, dass das E-Gefährt ein Motorrad, obendrein viel zu schwer sei und sie es nicht in der Bahn befördern können. Ich hatte eher das Gefühl, dass sie zu faul waren, an dem Tag die Rampe zu holen“, sagt Ralf Wronka, der für seinen Freund an dem Tag die Kommunikation im Löhner Bahnhof übernimmt. Fest steht: Die Zugtüren schließen sich, die RB77 rauscht davon, die beiden Herforder bleiben am Bahnsteig zurück. &bdquo;Das war echt blöd, weil es an dem Tag auch noch so heiß war“, so Wronka. Da das Duo nicht davon assgeht, an dem Abend noch per Bahn in die Hansestadt zu gelangen, wollen sie ein Großraum-Taxi rufen, in das auch Dressels Spezial-Rolli passt. Allerdings: Ausgerechnet zu dem Zeitpunkt ist kein passender Wagen verfügbar. Die Suche nach dem Grund Mittlerweile ist einige Zeit vergangen – genauer gesagt eine Stunde. Dressel: &bdquo;Um 20.15 Uhr kam der nächste Zug. Und mit dem konnten wir dann mitfahren, ohne Schwierigkeiten, keiner hat gemeckert, dass mein Behindertenscooter nicht mitkönne. Die Rampe wurde vom Personal hingelegt und fertig.“ Der 68-Jährige würde nun nur zu gerne wissen, warum er in einem Zug derselben Linie nicht fahren durfte, im anderen aber schon. Tags darauf begibt er sich daher zum Bahnhof in Herford, will sich bei der Deutschen Bahn beschweren. &bdquo;Der Mann, der sich darum kümmert, war aber krank!“ Daher hat sich die NW in der Angelegenheit schlaugemacht, bei der DB nachgefragt. Rasch meldet sich ein Unternehmenssprecher. Er erklärt, dass die Bahn besagte Linie gar nicht betreibe, verweist an die Start GmbH. Lesen Sie auch: Kritiker der ICE-Trasse durch den Kreis Herford erfahren breite Unterstützung Das sagt das Bahnunternehmen Diese meldet sich ebenfalls kurz darauf. Ein Sprecher der Pressestelle von &bdquo;Start Niedersachsen – Mitte“ bedauert, &bdquo;die entstandenen Unannehmlichkeiten für die betroffenen Fahrgäste“. Man nehme solche Hinweise sehr ernst. Er betont: &bdquo;Grundsätzlich ist die Mitnahme von Mobilitätshilfen wie Rollstühlen und Scootern in unseren Zügen möglich – jedoch unter klar definierten Voraussetzungen, die aus Gründen der Sicherheit und Betriebssicherheit in unseren Allgemeinen Beförderungsbedingungen geregelt sind.“ Konkret gelte nach Angaben des Sprechers Folgendes: &bdquo;Standard-Rollstühle nach DIN 18040-1 mit einem Gesamtstellplatzbedarf einschließlich Fahrer von 1,20 mal 1,20 Metern werden im Rahmen der Platzkapazitäten in den dafür vorgesehenen Bereichen befördert. Einstiegsbereiche sowie Gänge dürfen jedoch nicht versperrt oder beeinträchtigt werden.“ Multifunktionsrollstühle für den Liegend- oder Halbliegendtransport, übergroße Outdoor-Freizeitrollstühle sowie Elektro-Scooter, die nicht der ISO-Norm oder den geltenden Gewichtsgrenzen (inklusive Nutzer maximal 350 kg) entsprächen oder nicht durch gehbehinderte Personen genutzt würden, seien von der Mitnahme ausgeschlossen. Entscheidung liegt beim Personal &bdquo;Die Entscheidung über die Mitnahme liegt im Einzelfall beim Betriebs- und Kontrollpersonal vor Ort, dass die Situation unter Berücksichtigung der Sicherheitsvorgaben beurteilt. Dass es zu einer späteren Mitnahme des Scooters kam, zeigt, dass die Einschätzung unterschiedlich ausfiel – was wir nachvollziehen und intern prüfen werden“, geht der Unternehmenssprecher direkt auf das unschöne Erlebnis von Horst Dressel und Ralf Wronka ein. Abschließend rät er: &bdquo;Um solche Situationen künftig zu vermeiden, möchten wir ausdrücklich darauf hinweisen, dass sich Fahrgäste mit besonderen Mobilitätsbedarfen vor Fahrtantritt unbedingt mit unserer Mobilitätszentrale in Verbindung setzen sollten. Diese kann die Mitnahme individuell prüfen und koordinieren, insbesondere bei Hilfsmitteln, die nicht eindeutig als Standard-Rollstuhl klassifiziert sind.“ 📱News direkt aufs Smartphone: Kostenloser WhatsApp-Kanal der NW Kreis Herford

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