Herford

Auflösung: Backstube, Gaststube, Zappelbude

Auflösung Mittwochrätsel: Der ehemalige Gasthof Heidemann in Elverdissen, der als Hellepark in den Siebzigern und Achtzigern zur Disco und zum Konzerthaus mutierte

Noch zu erkennen: Wo heute Hans Lünse seine Möbel verkauft, war früher ein Gasthaus und danach eine Disco. | © Foto: Kiel-Steinkamp

Thomas Hagen
29.06.2016 | 22.06.2022, 10:56

Herford. Das Foto vom aktuellen Mittwochrätsel zeigt ein Gaststättengebäude, das heute einem ganz anderen Zweck dient. Es ist der Gasthof Heidemann in Elverdissen, in dem heute Hans Lünse Gartenmöbel verkauft.

Die Geschichte des Hauses begann 1840, als der Bäcker und Colon Heidemann von Dornberg nach Elverdissen übersiedelte und Land und Kotten vom aufgelösten Schlinghof erwarb. Der Kotten lag rund 100 Meter hinter der späteren Gaststätte. Bäcker Heidemann hatte für Bauern, Siedler und Heuerlinge das tägliche Brot gebacken und nebenher einen Ausschank betrieben. Der sorgte für Aufschwung. So wurde 1875 ein neues Wirtshaus direkt an der Elverdisser Straße gebaut. Mancher Reisende nahm hier ein kühlen Trunk zu sich, auch für die Pferde war gesorgt.

Der Gasthof Zur Helle: So sah das 1875 in Elverdissen erbaute Gebäude zu Beginn der 1960er Jahre aus. - © Foto: Archiv
Der Gasthof Zur Helle: So sah das 1875 in Elverdissen erbaute Gebäude zu Beginn der 1960er Jahre aus. | © Foto: Archiv

Elverdissen entwickelte sich im 19. Jahrhundert zu einem Industriedorf mit immer mehr Einwohnern. Das brachte auch die Gründung von zahlreichen Vereinen mit sich. Viele hatten "In der Helle" ihr Lokal. 1924 wurde ein Saal für Feste angebaut, hier konnte der Turnbetrieb erweitert werden. Gastwirt Heidemann stellte auch einen Sportplatz zur Verfügung. Später kamen Schießstand und Kegelbahn hinzu. Bäckerei und Kolonialwarenladen wurden eingestellt.

Elverdissen war eine selbstständige Gemeinde

Der letzte Besitzer hieß Rudolf Heidemann. Er verpachtete Fritz Generotzky aus Schweicheln den Betrieb. Später zog dieser zurück, danach kamen und gingen andere Pächter. Zuletzt war dort die Discothek "Hellepark" untergebracht. Hier spielten viele Bands aus der New-Wave-Richtung und auch nationale Stars wie Nina Hagen, Lene Lovitch oder die holländischen Bands Grupo Sportivo oder Vitesse. Nach einem Brand wurde die Disco mit Konzertbetrieb geschlossen.

Reinhard Litke erinnert sich: "Bis 1973 war Elverdissen noch eine selbstständige Gemeinde. Meine Erinnerungen: Die Gaststätte hat eine wechselhafte Geschichte. Ich erinnere mich an Familienfeste "auf dem Saal" und einen für damals typischen (relativ dunklen) Schankraum in der Zeit als es noch die Gaststätte Heidemann gab. Die Lage am äußersten Ende Elverdissens war für den Fortbestand vermutlich problematisch. Dahin kam man nicht einfach so zu Fuß. Ein logistischer Vorteil war lediglich die Bushaltestelle des "Postbusses" Herford Bielefeld unmittelbar vor der Tür.

Als spätere Disco Hellepark habe ich das Gebäude nicht mehr betreten, weiß aber aus dem Bekanntenkreis, dass diese wohl bei Jugendlichen recht beliebt war.

Mit den Moppeds nach Elverdissen

Seine jetzige Nutzung als Gartenmöbelgeschäft sowohl von der Lage wie auch der mittlerweile guten Erreichbarkeit per Pkw ist doch wieder günstig. Besonders das Außengelände ist nun sehr stilvoll genutzt und wirkt sehr gepflegt. Leider fehlen (wie damals schon) ausreichend Parkplätze."

Detlev Piekenbrock hat einen Liedvers parat: "Gastwirt Heidemann war es, der den Hit kreierte: ,Wo mich Adolf Ahlers um den Lohn beschissen da ist meine Heimat, du mein Elverdissen?."

Claus Meier: Als ich dort regelmäßig am Wochenende verkehrte, muss ich 16, 17 gewesen sein, das war so 1977. Wenn in Herford in den verschieden Kneipen, Musikläden die Lichter ausgingen, wurde es Zeit, mit den Kumpels auf unseren Mopeds, z.B. KS 50 Zündapp (natürlich frisiert), in den Hellepark zu fahren. Gut, die Mopeds gingen optisch zwischen den ganzen Motorrädern auf dem Parkplatz unter. Hier im Hellepark wurde unsere Musik gespielt. Hammerfest aus Vlotho traten dort öfter auf und gaben ihr Lied "Wilde Zeit" zum Besten. War auch unser Motto. Der Billardtisch war so runtergekommen, das war schon eine Herausforderung. Bier konnte man beim Typ kaufen, der dort immer mit einem Drahtkorb rumlief. Der sammelte auch die Reste ein, da war ich mir nicht sicher, ob es da nicht durch zusammenkippen ein Nebenerwerb gab. Habe es mir lieber vom Tresen geholt. Ansonsten - war immer gut.

Rita Frentrup: In der Gaststätte traf sich die Jugend zum Tanzen und auch zum Kegeln. Eine Zeit lang wurde sie von dem Jugoslawischen Ehepaar Hedwiga und Peter Tosh betrieben. Gegenüber, auf der anderen Straßenseite war die Teppichbodenfirma "Hellemann" und daneben war die Schuhfabrik "Kiel", besser bekannt unter "Schlappen-Kiel", weil dort Hausschuhe hergestellt wurden."

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