Herford

Auflösung: Als Benzin noch 54 Pfennig kostete

Der Rennplatz wurde Anfang der 1960er Jahre zur Kreuzung Rennstraße/Johannisstraße umgebaut.
Autos wurden an der Tankstelle per Hand gewaschen

Rennplatz: Ein Borgward und ein Ford Taunus 17 M biegen in die Johannisstraße ein. | © Frank-Michael Kiel-Steinkamp

Frank-Michael Kiel-Steinkamp
06.04.2016 | 06.04.2016, 06:00

Herford. Zeitungsreporter Georg Heese fotografierte Anfang der 1960er Jahre den Rennplatz während des Ausbaus zu Kreuzung Renn- und Johannisstraße. Das Foto liegt im Kommunalarchiv.

Thomas Böhmer erinnert sich: „Ich war 3 oder 4 Jahre, saß vermutlich mit meinem Vater in dem abgebildeten Käfer, aß des öfteren von der offenen Handschuhfachklappe ein Stück Pferdewurst und wartete auf meine Mutter, die bei Fetzer arbeitete."

Hermann Ortgiese hat erkannt: „Es handelt sich um die Kreuzung Rennstraße und Johannisstraße mit Blick auf die Tankstelle Schröder. Man führte hier Treibstoff der Marke Rheinpreussen, dazu gab es beim Tanken noch den vollen Service, also Tanken, Scheibenputzen, Reifendruck und Ölstandkontrolle. Hatte das Auto sonst noch irgendwelche kleinen Probleme, wurden auch die schnell beseitigt. Für diesen Service beschäftigte Herr Schröder zwei Tankwarte und das bei Preisen von ca. 42 Pfennig für Diesel und 54 Pfennig für Benzin.

Verändert: Wo früher eine Tankstelle war, steht heute ein Wohn- und Geschäftshaus. - © Frank-Michael Kiel-Steinkamp
Verändert: Wo früher eine Tankstelle war, steht heute ein Wohn- und Geschäftshaus. | © Frank-Michael Kiel-Steinkamp

Frühere Garage der Stadt

Die Halle zu dieser Tankstelle diente zeitweise einem Müllfahrzeug der Stadt Herford als Garage. Es handelte sich um einen Faun Sepp. Die anderen Müllfahrzeuge standen zu dieser Zeit in der Elisabethstraße hinter dem heutigen Hotel zur Fürstabtei. Neben der mit reichlich Chrom aufgebrezelten Borgward Isabella biegt ein Ford 17 M in die Johannisstraße.

Nach Erscheinen seines Nachfolgers, der Badewanne, nannte man ihn den Barocktaunus. Vielleicht fuhr er ja zur Fordwerkstatt von Niebaum & Hamacher, die waren zuvor von der Bahnhofstraße hier in die Johannisstaße gezogen. Der damalige Kfz-Meister hieß Arno Rosenhäger und machte sich später an der Elverdisser Straße als Renaulthändler selbstständig. Unmittelbar vor dem Ford 17 M konnte man noch in die Gertrudstraße einbiegen.

Hier befand sich zu dieser Zeit noch eine Möbelfabrik und in früheren Zeiten der Vorläufer der Herforder Molkerei, später Humana. Die Tankstelle und die Häuser im Hintergrund machten Ende der 1960er, Anfang der 70er Platz für zwei große Geschäftshäuser mit einem Restaurant mit Kegelbahn im Keller."

"Mannomann, stank das nach Benzin"

Gudrun Eussner kann sich an den Geruch erinnern: „Mannomann, stank das da immer nach Benzin. Der ganze Boden war verseucht. Einige Häuser daneben war Betten-Schweppe. Habe ich jetzt noch Bettzeug von! Dann kam Bäcker Kleine und dann Pütten Meier!"

Axel Gravenkamp weiß: „Der Fotograf stand auf der Höhe von Ilsemann und ,knipste’ in Richtung Johannisstrasse. Sehr schön kann man auch noch die alte Tankstelle mit Werkstatt erkennen. Wenn ich nicht falsch liege, sollte an dieser Stelle ein Busbahnhof entstehen, aber der Alte Markt schien damals als bessere Alternative (war der Busverkehr sicherlich noch nicht so gewaltig wie heute). Im Hintergrund des Bildes erkennt man ein kleines Haus mit einem kleinen Eingangsvordach. Hier endete die alte Mittelstrasse."

Klaus-Dieter Stork erinnert sich: „Bei der Tankstelle handelt es sich um ,Tanken am Rennplatz’. Mein Vater ließ damals sein erstes Auto, einen gebrauchten Ford Taunus 17 M wie auch auf dem Zeitungsbild zu sehen ist, dort immer samstags waschen – per Hand, denn eine Waschanlage gab es noch nicht. Ich habe noch ein Foto aus April 1963 gefunden auf dem der Wagen vor den abgebildeten Gebäuden geparkt ist.

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Auto mit eingebautem Schallplattenapparat

Dieses Auto hatte eine Besonderheit, nämlich einen eingebauten Schallplattenapparat. Er hatte den Wagen mit diesem besonderen Zubehör damals von seinem Chef gekauft. Die Häuser im Hintergrund existieren alle nicht mehr und wurden durch Neubauten ersetzt. In der Johannisstraße in dem Stück vom Rennplatz bis zur abbiegenden Wiesestraße, ungefähr dort wo früher die Fa. Niebaum und Hamacher, Ford-Vertretung, war, gab es auch einen kleinen Laden mit Tabakwaren, Zeitschriften, Süßigkeiten usw.

Inhaber war ein Willi Walkenhorst, mir noch als Onkel Willi und guter Bekannter meines Vaters in Erinnerung. Dort kaufte mein Vater samstags immer seine Zigaretten, Zeitschriften und manchmal auch Süßigkeiten. Heute würde man diese Sachen auch in jeder Tankstelle bekommen. Nach der Neugestaltung des Rennplatzes kann man die Gegend dort kaum wiedererkennen."

Lastwagen der Möbelfabriken tankten hier ihren Diesel
Detlev Piekenbrock schreibt: „Aha, das war denn wohl der Ausgleich für die saure Milch! Da war eine Tankstelle, wo man Monatstank machen konnte. Das nahm mein Vater, der sein erstes Büro in der Rennstraße – über Martinelli hatte – gern in Anspruch. Dort habe ich dann auch zum ersten Mal getankt."

Eine Waschanlage mit Holzflügeltüren

Gisela Stille weiß: „Es steht hinter der schwarzen Teermaschine ein noch heute erhaltenes Haus an der Tribenstraße. Zwischen den Giebeln links lässt sich die frühere Mittelstraße erahnen. Sie führte im Bogen zur Rennstraße. Um den Rennplatz gab es mehrere Trümmergrundstücke durch Bombenschäden.

Hier etablierten sich Autowerkstätten wie A. B. Laup, Lessingsstraße, Niebaum und Hamacher (Ford), Citroen (Johannisstrasse) und eine besondere hinter dem STRABAG-Schild abgebildete Tankstelle. Zwei Zapfsäulen im Freien, eine automatische Waschanlage hinter geöffneten Holzflügeltüren im Schuppen und eine Wellblechgarage: „Großtank Renntor Heinrich-Friedrich Schröder".

Zur einzigen Dieseltankmöglichkeit in Herford kamen seit 1946 viele Fahrzeuge der Herforder Möbelfabriken. Für heiße Lötarbeiten zahlreicher Klempnerbetriebe gab es hier das damals übliche gefährliche Lötbenzin. Petroleum als ebenfalls gängigen Brennstoff gab es auch.

Bis 1967 galt sie wohl als die hässlichste aber dafür umsatzstärkste Tankstelle in Herford; dann wurde hier Platz geschaffen für ein großes rotes Büro- und Gaststättengebäude, das noch heute hier steht. Diese Neugestaltung wurde von der Stadt seinerzeit sogar als preiswürdig ausgezeichnet."

Ulrich Stille kennt sich aus: „Flott brettert die schicke Borgward-Isabella von der Rennstraße her dem klassischen Ford Taunus 17 M hinterher in die Johannisstraße und im Hintergrund grüßt das Veedol-Schild von der Tankstelle. Tankstellen hatten an dieser Straßenkreuzung lange Tradition, denn bereits vor 1925 gab es auf der Seite gegenüber für Herford eine der wenigen „Dapolin-Pumpen" der Deutsch-Amerikanischen-Petroleumgesellschaft mit dem markanten Indianerkopf als Firmensymbol auf ihren roten Zapfsäulen. 1950 wurde „Dapolin" dann in ESSO-AG umbenannt und gehört heute zu Exxon-Mobil."