Spenger Rat beschließt den Weg ins Haushaltssicherungskonzept

Spenge. Die Entscheidung fiel den Ratsfrauen und -männer offensichtlich nicht leicht. Dennoch beschloss das oberste politische Gremium der Kommune, dass die Stadt Spenge ins Haushaltssicherungskonzept geht. Und das gilt ab sofort. Auch schon für die erste Hälfte des Jahres. Dementsprechend waren auch die Haushaltsreden der jeweiligen Fraktion fast ausnahmslos geprägt von der Notwendigkeit, sich der miserablen finanziellen Situation zu stellen. Für die Bürger heiß das zunächst verbindlich: Die Steuer-Hebesätze werden erhöht. Aber eben nicht in dem Ausmaß, das die Verwaltung vorgeschlagen hatte. Die Planung: Der Hebesatz für die Grundsteuer B – also der für die Eigenheimbesitzer – wird von 590 auf 650 Punkte – also um gut 10 Prozent – erhöht. Analog dazu steigt der Hebesatz der Grundsteuer A – also für die Landwirte – von 270 auf 300 Punkte. Die erste Hebesatz-Steigerung sollte rückwirkend ab 1. Januar 2024 gelten. Beschlossen wurde jetzt - auf Antrag der UWG - eine jeweilige Zwischenstufe für 2024: Die Grundsteuer B steigt für das Kalenderjahr auf 620 Punkte, die Grundsteuer A auf 285 Punkte und die Gewerbesteuer auf 425 Punkte. Ab 2025 greift die angedachte Veränderung. &bdquo;Das Zahlenwerk macht eigentlich sprachlos“ Für diese Vorgehensweise stimmten 29 von 30 Stimmberechtigten. Für den gesamten Haushalt votierten 27 Ratsmitglieder bei einer Gegenstimme und 2 Enthaltungen. Jeweils dagegen stimmte der fraktionslose Markus Wiesecke (FDP). Im Vorfeld hatte Bürgermeister Bernd Dumcke eingeordnet: &bdquo;Das Zahlenwerk, das unsere Kämmerin uns präsentieren musste, macht eigentlich sprachlos und lässt die Erkenntnis reifen, dass ein Haushaltsausgleich durch eigenes Handeln nahezu unmöglich ist. Wir haben uns bewusst entschieden, dem Rat ein Haushaltssicherungskonzept als Beschlussempfehlung vorzulegen.“ Bernd Dumcke erklärte die Gründe für die miserable finanzielle Lage: &bdquo;Die Preise sind seit 2020 um 18,7 Prozent gestiegen und unsere Erträge um 19,95 Prozent im selben Zeitraum. Das passt gut zueinander. Es sind die Aufwendungen, die um 35,4 Prozent gestiegen sind und damit die Finanzprobleme verursachen.“ Allein die Kreisumlage liege mit 44,36 Prozent - für Spenge also um 2,6 Millionen Euro - über der allgemeinen Preissteigerung. Dazu kämen die überproportional gestiegenen Leistungen im Asylbewerberbereich, Zinsen, die OGS und die Kitas, das Defizit im ÖPNV und die Gebäudebewirtschaftung. Dumcke: &bdquo;Addiert man diese Beträge ergeben sich 4,6 Mio Euro. Ohne diese überproportional gestiegenen Aufwandspositionen hätten wir einen ausgeglichenen Haushalt.“ Spenge bleibt die finanzschwächste Kommune im Kreis Michael Finkemeier ging für die SPD zunächst auf die Gründe der aktuellen Situation ein: &bdquo;Die Ursachen für unsere finanzielle Misere sind vielfältig: Steuerreformen, die die Einnahmen der Kommunen verringern, globale Krisen und Kriege sowie steigende Ausgaben bei den Transferaufwendungen – wie etwa die Kreis- und Jugendamtsumlage – belasten unser Budget. Diese Faktoren sind weitgehend außerhalb unserer Kontrolle, haben aber erhebliche Auswirkungen auf unsere Finanzen. Spenge bleibt die finanzschwächste Kommune im Kreis Herford.“ Dennoch lägen Steuererhöhungen länger zurück: &bdquo;Die Realsteuersätze für die Grundsteuer A und B wurden 2020 letztmalig angepasst, durch eine Reduzierung auf den jetzigen Stand von 270 und 590 Prozent. Die Gewerbesteuersätze sind seit 2015 unverändert bei 420 Prozent.“ Sein Ansatz: &bdquo;Diese lang anhaltende Stabilität der Realsteuersätze zeigt, dass die Spenger Politik nicht leichtfertig die Steuern erhöht.“ Selbst die freiwilligen Leistungen seien auf dem Prüfstand: &bdquo;Trotz der angespannten Haushaltslage sind uns diese Leistungen wichtig, da sie erheblich zur Lebensqualität in unserer Stadt beitragen. Eine Kürzungdieser Leistungen wird uns nicht retten, jedoch können und dürfen wir sie nicht ausschließen. Es gilt, behutsam und überlegt vorzugehen und dabei die langfristigen Vorteile für unsere Bürgerinnen und Bürger im Auge zu behalten.“ Gemeinsamer Weg in die Haushaltssicherung André Schröder erkannte für die Grünen im Rat: &bdquo;Uns allen ist klar, dass wir diesen Problemen in Zukunft nur unter großen finanziellen Anstrengungen begegnen können, daher haben sich die Fraktionen im Spenger Rat bei den ersten Gesprächen zum Haushalt 2024 darauf verständigt, gemeinsam den Weg der Haushaltssicherung zu gehen. Ein Baustein davon ist leider eine zukünftig regelmäßige Anhebung der Grundsteuerhebesätze. Wir sind uns unserer Verantwortung für Spenge bewusst und stimmen daher diesem Haushaltsentwurf mit all seinen Schattenseiten und unseren Bauchschmerzen zu.“ Lars Hartwig machte sich für die CDU ebenfalls Gedanken über die Gründe der finanziellen Misere und sagte: &bdquo;Nach den Corona-Jahren und der Krise nach dem russischen Überfall auf die Ukraine hatten wir gehofft, dass die Kommunen endlich in ein ruhiges Fahrwasser zurückkehren werden. Doch weit gefehlt: Die finanzielle Misere hat sich weiter verschlimmert.“ Die Gründe seien deutlich: &bdquo;Auf der Ausgabenseite sind die größten Posten die der Kreisumlagen: Seit 2020 stiegen die allgemeine Kreisumlage und die Jugendamtsumlage zusammen um 44 Prozent an. Allein diese Steigerung verursacht Mehrkosten von 4,5 Mio. Euro.“Das Konnexitätsprinzip besagt, dass Aufgaben- und Finanzverantwortung jeweils zusammengehörten. &bdquo;Die Staatsebene, die über eine Aufgabe entscheidet, ist auch für die Finanzierung zuständig. Sich für die bessere Kinderbetreuung selbst zu loben, aber die Kosten den Kommunen aufzubürden, ist unanständig. Weitere große Kostentreiber sind die Kosten für Asylbewerber.“ Sein Ansatz: &bdquo;Wir haben keine Möglichkeiten, mit eigenen Einsparungen einen Haushaltsausgleich zu erreichen. Und trotzdem haben wir uns entschieden, dem vorliegenden Haushaltsentwurf zustimmen. Nicht, weil uns das Zahlenwerk oder die Steuererhöhungen gefallen, sondern weil wir ohne einen Haushalt die kommunale Selbstverwaltung aufgeben.“ Sparkommissar verhindert Entwicklung der Stadt Das bestätigte auch Ralf Kinnius für die UWG: &bdquo;Die kommunale Selbstverwaltung ist als Ziel sogar im Grundgesetz verankert. Immer wieder werden neue Aufgaben geschaffen und anfinanziert, anschließend die Kommune in der langfristigen Umsetzung aber allein gelassen.“ Eine Konsequenz könne die Ablehnung des Haushaltes sein. &bdquo;Nur, welche Folge hat das? Ohne beschlossenen Haushalt ist die Verwaltung - und auch der Rat - nicht mehr entscheidungsfähig. Die Aufsichtsbehörden würden vermutlich einen Kommissar bestellen, der Einsparungen oder Steuererhöhungen ohne Mitwirkung des Rates festlegen würde.Das nimmt uns dann endgültig die Entscheidungsmöglichkeit und verhindert Entwicklung in Spenge.“ Zum Vorschlag der moderateren Steigerung der Steuersätze erläuterte er: &bdquo;Die jetzt vorgesehene Rückkehr auf die Grundsteuer-Sätze, die wir bis 2020 bereits hatten, ist vertretbar. Schwer zu vermitteln ist, dass jetzt in der Jahresmitte die Grundsteuer rückwirkend für das ganze Jahr erhöht wird. Aus diesem Grund schlagen wir vor, die Erhöhung auf zwei gleiche Teile für 2024 und 2025 festzuschreiben.“ Mit einer Steuererhöhung mochte sich Markus Wiesecke (FDP) nun gar nicht abfinden. Ihm fehlen &bdquo;sichtbare Sparbemühungen“. Doch verhinderte er mit einem seiner Anträge zumindest weitere Kosten für die Stadt: Er hatte beantragt, dass die freiwilligen Leistungen für die Umwandlung von Schottergärten - die bis zu 2.500 Euro je Objekt betragen könnten - nicht mehr gezahlt werden. Und er erhielt eine Mehrheit von 23-Ja-Stimmen bei 7 Gegenstimmen und 2 Enthaltungen. Essenziell seien diese Kosten aber bisher nicht gewesen. Laut Bürgermeister Bernd Dumcke hatte es seit dem Angebot dieser freiwilligen Leistungen noch keinen einzigen Nachfrager gegeben.

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