Enkel (23) reaktiviert den Hof seines Großvaters in Spenge

Spenge. Vorne auf dem Hof steht eine kleine Verkaufshütte mit Eiern und Gemüse. In dem kleinen Streichelzoo im hinteren Bereich des Hofes sprinten dem Besucher kleine und große Ziegen entgegen, die ihre Nasen gegen den Maschendrahtzaun pressen. Ein paar kleine, schwarze Hängebauchschweine trotten hinterher. Wer nicht aufpasst, der wird vom einem Rasenmäher überfahren, mit dem der 89-jährige Opa von Timm Rottmann über den Hof pest. Seit dem 1. Juli hat der Junior den Bauernhof seines Großvaters wiederbelebt. Dabei ist der Spenger erst 23. Erstmal hat der junge Landwirt nur ein Nebengewerbe angemeldet, langfristig soll dies aber zu seiner Haupteinkunft werden. Derzeit arbeitet Rottmann noch bei seinem Vater im Garten- und Landschaftsbaubetrieb. Es erscheint ungewöhnlich, dass sich jemand in so einem Alter entscheidet, Bauer zu werden. Für Timm Rottmann stand das schon immer fest. Schon als kleines Kind saß er bei seinem Großvater auf dem Trecker. Manchmal hielt er dort sogar seinen Mittagsschlaf. Und wie findet das der Opa? "Ist gut", sagt der 89-Jährige gegenüber der NW. Aus dem Mund seines Großvaters sei dieser Satz schon ein großes Kompliment, sagt Rottmann lachend. Landwirte würden mit Lob eher sparsam umgehen. Dieser Fall sei selten Dass eine Generation übersprungen wird, käme selten vor, bestätigt Hermann Dedert, heimischer Kreisvorsitzender des Westfälisch-Lippischen Landwirtschaftsverbandes. Dass die Kinder die Höfe der Eltern übernehmen, sei hingegen eher die Regel. "Höfe, die keinen Nachfolger haben, gibt es aber auch nicht wenige", betont er. Das generelle Interesse an dem Beruf sei bei den jungen Menschen hingegen groß. "Die Fachschule für Agrarwirtschaft in Herford ist voll", so Dedert. Tendenz steigend. Das Interesse an dem Beruf Landwirt sei "nahezu ungebrochen", sagt auch Jan-Malte Wichern von der Landwirtschaftskammer NRW. Jährlich würden 500 von 550 Auszubildende in NRW starten. Das sei in den vergangenen Jahren gleichbleibend gewesen. Timm Rottmann machte direkt nach der Schule seine Ausbildung zum Landwirt, später folgte der Abschluss zum staatlich geprüften Betriebswirt. Der Job sei für ihn attraktiv, weil er so viele unterschiedliche Arbeitsbereiche miteinander verbinde: Er sei viel Draußen, würde mit modernen Maschinen und im Büro arbeiten, aber auch mit Tieren. Und er sei sein eigener Chef. Damit reich werde er vermutlich nicht, gibt er zu. Es mache ihm auch nichts aus, dass er jeden Tag arbeiten müsse. "Für mich ist das keine Arbeit", so Rottmann. Für ihn sei das sinnstiftend. Am Ende sehe er auf dem Teller, was er alles geschafft habe. Hühner, Pensionspferde und jede Menge Gemüse Seit einem Jahr schon hält der Spenger Hühner. Mittlerweile sind es fast 80 Stück. Er hat selbst einen Wagen zum Hühnermobil umgebaut. Abseits davon gibt es nicht nur den kleinen Streichelzoo, sondern zusätzlich noch Pensionspferde auf dem Hof. Insgesamt besitzt Rottmann 30 Hektar Acker- und Grünfläche. Darauf hat er Zwiebeln, Gemüse, Kürbisse und Kartoffeln angebaut. Zudem gibt es eine Streuobstwiese. Ein Schweinestall ist in Planung. Die Erzeugnisse verkauft der junge Spenger in der Selbstbedienungshütte, vorne, nahe der Straße. "Das läuft bislang ganz gut", sagt der Landwirt. Die Lage zwischen Bielefeld und Melle würde ihnen zugutekommen, stimmt auch seine Freundin Nele Storck zu. Sie hilft dem 23-Jährigen auf dem Hof, genauso wie sein Vater. Eigentlich hätte Udo Rottmann, die Landwirtschaft vom Opa übernehmen sollen. Doch der hatte sich dagegen entschieden und betreibt auf dem Hof den Betrieb "Gartenbau und Landschaftsgestaltung Rottmann". "Für den war das nichts", sagte Timm Rottmann. Ihm habe die konventionelle Tierhaltung abgeschreckt, erläutert sein Vater. Zu der Zeit hatten sich viele nur auf ein Tier spezialisiert, was die ganze Art der Haltung umgekrempelt habe. "Wer in so einen Stall reingeht, geht direkt rückwärts wieder raus", sagt Udo Rottmann. Nicht nur der beißende Geruch sei abschreckend, vor allem die Haltung der Tiere auf engsten Raum sei nichts für ihn gewesen. "Schon mal den Mittelfinger zu sehen bekommen" Früher habe es dazu wenig Alternativen gegeben, weiß auch sein Sohn. In der heutigen Zeit würden Verbraucher vermehrt Bioprodukte kaufen. Er selbst habe seinen Hof als Ökolandbau und Biolandbetrieb auszeichnen lassen. Das sei seine persönliche Entscheidung gewesen. Rottmann stellt direkt klar, dass er nichts gegen konventionelle Haltung habe. Nur für ihn sei das nicht der richtige Weg. Er selbst habe auch auf konventionell geführten Höfen gelernt und gemerkt, dass die Gesellschaft das auch teils nicht unterstütze. "Als ich mit Pflanzenschutzmittel unterwegs war, habe ich auch schon mal den Mittelfinger zu sehen bekommen", erinnert er sich. Zudem sei ihm wichtig, dass das Nutztier seine Würde behält. "Ich möchte, dass es Auslauf hat und auf Stroh schläft", sagt Rottmann.

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