Seniorenheim im Kreis Herford wird zwangsversteigert: Doch kein Angebot wird abgegeben

Rödinghausen/Bünde. 15 Menschen strömen in ruhigen Schritten in Saal 1 des Bünder Amtsgerichts. Wo üblicherweise über die Schuld von Angeklagten entschieden wird, soll am Mittwochvormittag ein Seniorenheim unter den Hammer kommen. Mindestens 600.000 Euro, die Hälfte des angesetzten Verkehrswertes von 1,2 Millionen Euro, müssen geboten werden, damit ein Bieter überhaupt den Zuschlag erhält. Doch warum wird das Haus, das sich in der Nachbarschaft des Kurparks in Rödinghausen befindet, eigentlich zwangsversteigert? Die Nutzungserlaubnis für das Seniorenheim &bdquo;Habitat Zur Wehme“ läuft Ende Juli aus. Dann lässt das Gesetz keinen weiteren Betrieb mehr zu, denn Ausstattung und Zustand des Hauses sind nicht mehr mit den gesetzlichen Anforderungen zu vereinbaren. Die Senioren, die zuletzt dort gelebt haben, sind mittlerweile in einem Neubau, nur einen Steinwurf von der Immobilie entfernt, untergekommen. Da für das 1992 erbaute Haus Grundschulden eingetragen sind, kommt es zur Zwangsversteigerung. Gläubiger ist unter anderem die Norddeutsche Landesbank, die einen Anspruch auf mehr als 2,5 Millionen Euro hat. Dazu kommen noch Zinsen sowie Nebenleistungen von mehr als 200.000 Euro. Zudem gibt es eine weitere Gläubigerin, die einen niedrigen fünfstelligen Betrag fordert. Nach NW-Informationen sind die Forderungen gegenüber den Eigentümern, einem Unternehmen mit mehreren Gesellschaftern, mittlerweile verjährt. &bdquo;Das Grundstück haftet nur noch“, sagt Architekt Rainer Üllendahl, der bis vor etwa zwei Jahren Miteigentümer des &bdquo;Habitat Zur Wehme“ gewesen ist. Mit dem Geld aus der Zwangsversteigerung wollen die Gläubiger nun zumindest einen Teil der Forderungen kassieren. Ein Teil des Geldes muss bei der Versteigerung hinterlegt werden Pünktlich um 11 Uhr bittet Rechtspflegerin Sabine Strokorb im Saal um Aufmerksamkeit. Gegenüber den etwa 15 Gästen erläutert sie die Details der Versteigerung. Sie erklärt das Vorgehen, zitiert Auszüge aus dem Grundbuch und teilt den Verkehrswert mit, der nach einem Gutachten bei 1,2 Millionen Euro liegt. 14 Minuten später beginnt die Versteigerung. &bdquo;Der Zuschlag kann frühestens nach 30 Minuten erfolgen. Ab sofort kann geboten werden, bis mindestens 11.44 Uhr“, sagt Strokorb. Bei der Zwangsversteigerung kann übrigens jeder mitbieten, allerdings ist eine Sicherheitsleistung zu erbringen, ein Teil des Geldes muss vorgestreckt werden. Diese liegt bei zehn Prozent des Verkehrswertes. Früher konnten Interessenten den Betrag sogar in Bargeld mitbringen, im konkreten Fall wären das 120.000 Euro. Heute reicht jedoch ein ausgestellter Scheck oder eine selbstschuldnerische Bankbürgschaft. Bargeld wird nicht mehr angenommen – aus Sicherheitsgründen. Auch eine Überweisung an die Zentrale Zahlstelle in Hamm ist möglich. Schon zu Beginn der Versteigerung wird deutlich, dass es heute kaum zu einem gültigen Gebot kommen wird. &bdquo;Im konkreten Fall ist mir keine Zahlung einer Sicherheitsleistung mitgeteilt worden“, sagt Strokorb. Die Minuten vergehen. Auf den Bänken wird plötzlich etwas getuschelt. Tut sich jetzt doch noch etwas? &bdquo;Werden Sie aktiv, falls Sie bieten möchten“, sagt die Rechtspflegerin in Richtung der Interessenten. Doch niemand im Saal äußert sich. Immerhin ein Mann bringt sich kurz vor dem Ende der 30-minütigen Frist als Interessent ins Spiel. Er hat jedoch keine Sicherheitsleistung hinterlegt. Darauf will sich die Vertreterin der Nord LB nicht einlassen. "Ich hätte nichts dagegen, wenn es abgerissen wird" Eine Minute vor Ablauf der Mindestbietzeit meldet sich Strokorb noch einmal zu Wort. &bdquo;Für heute ist es jetzt die letzte Gelegenheit. Wer weiß, wann die Immobilie wieder im Angebot ist. Die Bank muss das Verfahren nicht wieder fortsetzen. Sie kann auch einen anderen Verkauf arrangieren“, sagt sie. Da sich Sekunden später auch kein Bieter meldet, wird das Verfahren eingestellt. Doch warum hat keiner der Interessenten ein Angebot für die Immobilie abgegeben? Rainer Üllendahl hat da eine Vermutung. Das Haus könne nicht mehr als Altenheim betrieben werden und müsste für eine künftige Nutzung für viel Geld umgebaut werden. Zudem gibt es einen Renovierungsstau, besonders im energetischen Bereich. Ein Investor müsste neben dem Kaufpreis also noch viel Geld mitbringen, um das Gebäude nutzbar zu machen. Üllendahl will sich nicht auf einen genauen Betrag festlegen, spricht gegenüber der NW aber von einer Investition zwischen zwei und drei Millionen Euro. Für die Zukunft der Immobilie ist er daher wenig optimistisch. &bdquo;Das Haus wird weiter verfallen. Ich hätte nichts dagegen, wenn es abgerissen wird“, sagt der Architekt.

Meistgelesen