Versteckte Kosten: Löhner soll horrende Gebühren für Wärmepumpen-Umstieg zahlen

Löhne. Im Haus von Ralf Bröenhorst ist es in diesen Tagen warm. Während draußen die Temperaturen auf Winterniveau sinken, bollert im Inneren die Heizung. Eine Wärmepumpe sorgt an der Kirchstraße in Obernbeck für ein gleichsam molliges wie klimafreundliches Ambiente. Eigentlich könnte Bröenhorst also zufrieden sein – wären da nicht die Kosten, mit denen sich der 85-Jährige plötzlich konfrontiert sieht. Denn um das Kapitel &bdquo;Gas“ endgültig abzuschließen, verlangt der Netzbetreiber nicht nur die Stilllegung seines Hausanschlusses, sondern auch eine Gebühr in fast vierstelliger Höhe. Während Gelsenwasser auf gesetzliche Regelungen verweist, üben Verbraucherschützer Kritik an diesem Vorgehen – und sehen auch die Klimawende gefährdet. Bewusste Entscheidung für die Wärmepumpe So richtig verstehen kann es Ralf Bröenhorst noch immer nicht. Zwar war die Anschaffung seiner Wärmepumpe eher ein Zufallsfund beim Einkauf in einem Löhner Hausgerätegeschäft. Mit Blick auf die von der Bundesregierung angestrebte Klimaneutralität aber erschien ihm die Anschaffung dennoch sinnvoll. &bdquo;Wir wollen ja wegkommen von fossilen Energieträgern“, sagt Bröenhorst. Und nach einer Laufzeit von immerhin 32 Jahren habe seine Gasheizung auch ein Ende verdient. &bdquo;Obwohl sie laut Aussage meines Schornsteinfegers noch problemlos laufen könnte.“ Auch die Kosten für Anschaffung, Einbau und elektrische Umbauten in seinem Haus schreckten den Löhner zunächst nicht ab. Denn dank staatlicher Förderung erschien ihm der Umstieg dennoch attraktiv – zumal sich eine Wärmepumpe laut Experten zumindest langfristig durchaus rentiert. &bdquo;Da wusste ich aber noch nicht, was da noch hinterherkommt.“ Lesen Sie auch: Wärmepumpe wird zu wahrem Stromfresser: Löhner muss 12.000 Euro nachzahlen Die Überraschung nämlich kam erst einige Wochen später per Post. Die Kündigung des Gasanschlusses beantwortete die für das Löhner Gasnetz zuständige Gelsenwasser Energienetze GmbH mit einem Formular. Bröenhorst sollte einen Antrag auf &bdquo;Außerbetriebnahme des Gasnetzanschlusses und Trennung vom Gasversorgungsnetz“ ausfüllen und einreichen. Die Kosten, so heißt es im Formular, müsse der Auftraggeber übernehmen – insgesamt 952 Euro inklusive Mehrwertsteuer. &bdquo;Das soll ich jetzt noch zusätzlich zahlen, obwohl ich eigentlich nur dem Wunsch des Wirtschafts- und Umweltministeriums nachgekommen bin“, ärgert sich Bröenhorst. Versteckte Kosten beim Heizungswechsel Tatsächlich scheint vielen Verbrauchern nicht klar zu sein, dass die Abkehr von der Gasversorgung oft ungeahnte Kosten nach sich ziehen kann. Laut Bundesnetzagentur nämlich sollte der nicht mehr gebrauchte Anschluss immer stillgelegt oder zurückgebaut werden – &bdquo;aus Sicherheitsgründen“, wie die Behörde auf ihrer Website verlauten lässt. Zudem sollte auch der Gaszähler abmontiert werden, &bdquo;da andernfalls weiterhin Grundkosten entstehen können“. Zuständig sei dafür der Netzbetreiber: &bdquo;Er kümmert sich um den Ausbau des Zählers oder den Rückbau des Gasanschlusses.“ Von einer Gebühr aber ist bei der Bundesnetzagentur nicht die Rede. Dass Gelsenwasser eine solche verlangt, begründet deren stellvertretender Pressesprecher André Ziegert mit einem Verweis auf die Niederdruckanschlussverordnung (NDAV). &bdquo;Diese erlaubt es Netzbetreibern, Kosten für die Stilllegung pauschal zu berechnen“, sagt Ziegert. Tatsächlich aber ist in Paragraf 9, auf den sich Gelsenwasser bezieht, von einer Stilllegung gar nicht die Rede. Lediglich für &bdquo;Änderungen des Netzanschlusses“ wird Netzbetreibern dort das Recht auf Kostenerstattung eingeräumt. Verbraucherzentrale vermisst Klarheit bei Heizungswechsel Ob aber die Kündigung des Netzanschlussvertrages eine &bdquo;Änderung“ im Sinne der Verordnung darstellt, die dann eine Kostenfolge für Verbraucher auslöst, ist nach Angaben der Verbraucherzentrale NRW umstritten und nicht geklärt. &bdquo;Entsprechende Rechtsprechung, die diese Frage abschließend beantwortet, gibt es unserer Kenntnis nach bisher nicht“, sagt Energierechts-Referent Gregor Hermanni auf NW-Anfrage. Und auch in der Fachliteratur gingen die Antworten dazu auseinander. So eindeutig wie von Gelsenwasser dargestellt sei die Verordnung daher nicht. &bdquo;Auch wenn Netzbetreiber selbstbewusst behaupten, dass die hohen Stilllegungskosten durch gesetzliche Regelungen gedeckt seien, können wir diese Einschätzung nicht teilen“, sagt Hermanni. Geteilte Meinung über Gebühr für Umstieg auf Wärmepumpe Gelsenwasser sieht das grundsätzlich anders. &bdquo;Die NDAV beinhaltet schon immer, dass durch Anschlussnehmer veranlasste Kosten durch diesen zu tragen sind“, sagt André Ziegert. Und dass bei einer Stilllegung Kosten entstehen, stehe außer Frage. &bdquo;Für die Trennung des Netzanschlusses von der Versorgungsleitung in der Straße sind entsprechende Tiefbauarbeiten notwendig. Eine Netzkolonne muss den Anschluss trennen und sicher verwahren“, erklärt er. Die Gesamtkosten für derlei Maßnahmen beziffert er auf durchschnittlich 3.000 Euro. &bdquo;Wir erheben nur eine Stilllegungspauschale in Höhe von 952 Euro brutto, berechnen also pauschal nur ungefähr ein Drittel der entstehenden Kosten.“ Nach Ansicht von Experten aber ist das nur die halbe Wahrheit. Gregor Hermanni von der Verbraucherzentrale etwa zweifelt daran, ob &bdquo;ein Betrag in Höhe von über 952 Euro überhaupt angemessen“ sei, wenn lediglich eine Hauptsperreinrichtung geschlossen und eine Leitung entgast werden muss. Dass ein solcher Vorgang ausreichen würde, bestätigt derweil Michael Reifert von der Pressestelle der Bundesnetzagentur. Er schränkt aber auch ein: &bdquo;Da die NDAV keine explizite Verpflichtung regelt, können sich unterschiedliche Sachverhalte ergeben.“ Teilweise keine Gebühren für Umstieg Tatsächlich zeigt ein Vergleich, dass die Netzbetreiber in Deutschland höchst unterschiedlich mit dem Thema umgehen und die Kosten entsprechend weit auseinandergehen. So erhebt etwa die Netze-Gesellschaft Südwest in Nordbaden, Oberschwaben und auf der Schwäbischen Alb stolze 2.975 Euro für eine endgültige Stilllegung. Bei EWE wird mit 965 Euro ein ähnlicher Betrag fällig wie bei Gelsenwasser. Die Netzgesellschaft Lübbecke erhebt nach der Außerbetriebnahme eine monatliche Pauschale in Höhe von 55 Euro. Und bei der Energie- und Wasserversorgung Bünde wird für eine Abtrennung des Netzanschlusses sogar komplett auf eine Gebühr verzichtet. Nicht nur Ralf Bröenhorst ist überrascht, dass trotz angestrebter Klimawende und geplanten Ausstiegs aus fossilen Energien keine einheitliche Regelung geschaffen wurde. Auch die Verbraucherzentrale drängt seit April dieses Jahres auf eine kundenfreundliche Ausgestaltung des Prozederes. &bdquo;Grundsätzlich raten wir davon ab, Formulare der Netzbetreiber zu unterschreiben, in denen zwischen kostenpflichtiger dauerhafte Stilllegung und noch teurerem Rückbau des Gasnetzanschlusses gewählt werden soll und damit eine entsprechende vertragliche Vereinbarung zu treffen“, sagt Gregor Hermanni. Im Einzelfall sei jedoch zusätzlich zu prüfen, ob gegebenenfalls eine vertragliche Vereinbarung zwischen Verbrauchern und Netzbetreiber – möglicherweise schon beim Anschluss an das Netz – getroffen wurde.

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