Ende der Löhner Fahrradstraße: Ein Scheitern auf ganzer Linie

Löhne. Jörg Prätorius hatte die treffendsten Worte parat. Als &bdquo;Trauerspiel“ und &bdquo;Armutszeugnis“ bezeichnete der Grünen-Politiker den Umstand, dass Löhne noch immer keine Fahrradstraße hat - und nach dem Votum des Rates auf absehbare Zeit wohl auch keine bekommen wird. Und tatsächlich wirft das jüngst gescheiterte Projekt an der Hochstraße in Gohfeld allerlei Fragen auf, die zumindest auf den ersten Blick kaum rational zu beantworten sind. Fragen zum Prozess, zur Finanzierung, zur Debattenkultur, auch zur Setzung von Prioritäten. Vor allem aber auch Fragen zur Sinnhaftigkeit - und zur Bereitschaft eines schmerzhaften Eingeständnisses. Lesen Sie auch: Löhner Rat erteilt Absage: Keine Fahrradstraße für die Werrestadt Ja, es war ein gleichsam ehrgeiziges wie ehrbares Vorhaben. Den öffentlichen Diskurs zur Verkehrspolitik ein Stück weit weg vom Auto und ein Stück weit hin zum Radverkehr zu verschieben, passt nicht nur in die Zeit - der Schritt ist angesichts zunehmender Klimakatastrophen auch bitternötig. Dass die Verkehrsflächen in Löhne, die Bürgermeister Bernd Poggemöller einmal nicht ganz zu Unrecht als &bdquo;Kniefall vor dem Auto“ bezeichnet hatte, vor diesem Hintergrund neu verteilt werden müssten, schien zunächst auch den allermeisten Beteiligten einzuleuchten. Selbst wenn dieser Schritt Einschnitte beim motorisierten Verkehr bedeuten würden. Voraussetzung entpuppt sich als Fehleinschätzung In Löhne aber wurde dieser Schritt - und so deutlich muss es einfach gesagt werden - grandios vor die Wand gefahren. Nicht erst durch das Votum des Rates, sondern über Wochen, Monate und sogar Jahre hinweg. Die Gemeinsamkeiten nämlich, das Eingeständnis zu einer grundlegenden Veränderung, endete schon früh an so mancher Parteigrenze: Vorschläge für Fahrradstraßen wurden erarbeitet und wieder verworfen, überarbeitet und neu eingebracht, abgelehnt und durch Gegenvorschläge ersetzt. Erst als der Ansatz gänzlich zu scheitern drohte, einigte man sich auf ein grundlegendes Konzept. Aufbruchstimmung war angesagt, im Radverkehrsbeirat, in den Fachausschüssen, unter Radfahrern und Verwaltungsmitarbeitern. Als dann schließlich mehrere Straßenzüge im Stadtgebiet begutachtet und auf ihre Tauglichkeit geprüft waren, schien Löhnes erste Fahrradstraße sogar zum Greifen nah. Rückblickend aber lässt sich sagen: Es war der Anfang vom Ende. Lesen Sie auch: Teures Marketing: Bielefelds Fahrrad-Video schafft es ins Verschwender-Schwarzbuch Die Bewertung durch die Stadtverwaltung nämlich, nach der die Hochstraße in Gohfeld besonders gut geeignet und durch nur wenige Handgriffe zur Fahrradstraße umzuwandeln sei, entpuppte sich alsbald als Fehleinschätzung. Stattdessen standen plötzlich Umbaukosten in fast siebenstelliger Höhe im Raum, dazu ein notwendiger Rückbau etlicher Parkplätze, eine Fahrbahnverbreiterung an mehreren Stellen und neue Kreuzungsbereiche. Das Wendemanöver blieb aus Diese Erkenntnis hätte ein Wendepunkt sein können, vielleicht sogar müssen. Denn ehrlicherweise muss man einräumen, dass die Ausführungen schon damals weder nach &bdquo;wenigen Handgriffen“ noch nach einer &bdquo;besonders guten Eignung“ klangen. Im Gegenteil waren die Voraussetzungen für das Modellprojekt an der Hochstraße sogar nichtig geworden. Hören wollte das indes kaum jemand - der Autor dieser Zeilen inbegriffen. Der Wunsch, endlich einen Anfang zu machen, ein Zeichen zu setzen, voranzukommen war größer als eine Anerkennung der Fakten. Anstatt also eine andere Straße auszuwählen, hielt man an der Hochstraße fest. Anstatt an anderer Stelle wenig Aufwand walten zu lassen, suchte man verbissen nach Lösungen vor Ort. Und – auch das gehört zu Wahrheit – anstatt die Verteilung der Verkehrsflächen mit allen Nutzern auszumachen, brachte man den motorisierten Teil von ihnen gegen sich auf. Warnungen hatte es durchaus gegeben, allen voran von Seiten der Löhner Bürger-Allianz. Im Ergebnis aber stand schließlich ein Plan, der einen maximalen Umbau und horrende Kosten vorsah und eigentlich von niemandem - weder von Kritikern noch Befürworten - für notwendig erachtet wurde. Aber eben auch ein Plan, der dank einer Landesförderung finanziell abgesichert zu sein schien. Am Ende bleibt Enttäuschung Nicht bedacht wurde dabei, dass mit einer solchen Lösung auch Standards gesetzt worden wären, die angesichts maroder Haushalte bei künftigen Projekten niemals hätten eingehalten werden können. Die Umsetzung weiterer Fahrradstraßen wäre dadurch vermutlich ungleich schwieriger geworden. Und die Gefahr, dass das grundlegende Konzept wie so viele davor letztlich in irgendeiner Schublade verschwindet, wäre nicht unwahrscheinlicher geworden. Eine gekürzte Förderung aber machte sämtliche Gedankenspiele schließlich zunichte und dem Projekt am Ende den Garaus. Was bleibt, ist Frust und Enttäuschung. Darüber, dass eine eigentlich gute Idee derart in den Sand gesetzt wurde. Darüber, dass Radfahrer wieder einmal die Leidtragenden sind und Autofahrern trotzdem vor den Kopf gestoßen wurde. Darüber, dass das ganze Schlamassel hätte verhindert werden können. Darüber, dass erkennbare Fehler – wenn überhaupt – viel zu spät eingestanden werden. Auch darüber, dass man selbst zuweilen offenbar verblendet war. Vor allem aber darüber, dass Löhne noch immer keine Fahrradstraße hat – und auf absehbare Zeit wohl auch keine bekommen wird. Schade eigentlich.

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