Falsche Pflanzen-Bezeichnung in Löhner Baumarkt? Naturgarten-Experte fühlt sich getäuscht

Löhne. Der Löhner Naturgarten-Experte Karl Heinz Niehus ist überglücklich, als er im Löhner Toom-Baumarkt zwei Pflanzen entdeckt, die der deutschen Aufschrift nach tatsächlich heimische Arten zu sein scheinen. Auf dem Nachhauseweg entdeckt er jedoch, dass er sich zu früh gefreut hat. Auf der Rückseite der Schilder an den Pflanzen steht klein der lateinische Artenname - mit Zusatz. Das heißt: Es handelt sich nicht um die heimische Art, sondern eine Kreuzung. Niehus fühlt sich getäuscht. Warum er das so problematisch findet, und was Toom zu seinen Vorwürfen sagt. Die beiden Pflanzen, die Karl Heinz Niehus im Baumarkt in einer &bdquo;Bio-Ecke“ entdeckt hat, waren mit &bdquo;Moschus-Malve“ und &bdquo;Grasnelke“ beschriftet. &bdquo;Diese deutschen Bezeichnungen vor allem bei der Moschus-Malve beziehen sich eindeutig und klar auf die heimischen Arten.“ Wer das lese und nicht auf die Rückseite gucke oder sich mit lateinischen Artennamen nicht so auskenne, für den sei nicht ersichtlich, dass es sich nicht um die Originalart handelt. Das sagt Toom Aus Sicht von Toom soll diese Vorgehensweise jedoch den Kunden das Leben leichter machen: &bdquo;Um unseren Kunden die Auswahl an Pflanzen zu erleichtern, sind auf der Vorderseite die deutschen Namen der Pflanzen vermerkt. Dadurch ist die Pflanze für den Kunden leichter zu erkennen“, erklärt Toom-Sprecherin Daria Ezazi auf Anfrage der NW. &bdquo;Auf der Rückseite stehen die weiteren Angaben sowie der botanische Name.“ Hierbei sei zu beachten, dass es regional verschiedene deutsche Bezeichnungen für einen botanischen Begriff gebe. Für Karl Heinz Niehus ist genau das jedoch ein aktuelles und symptomatisches Beispiel für ein Problem, das beim Handel mit Pflanzen nicht selten vorkommt. Als insektenfreundlich angepriesene Blühwiesensamenpakete etwa beinhalteten allzu oft nicht einheimische Arten oder Kreuzungen, deren Nutzen für die heimische Tierwelt unklar sei. Warum Kreuzungen problematisch sind &bdquo;Da sind ganz häufig Weltarten eingekreuzt. Das kann die Inhaltsstoffe, Blütezeiten, Blütenfarben und die Struktur völlig verändern“, erklärt er. Tiere, die die Pflanze für sich nutzen, fänden so völlig andere Bedingungen vor. Generalisten - also solche Arten, die mit vielen verschiedenen Bedingungen klar kommen - würden das im Zweifel noch stemmen können. &bdquo;Spezialisten scheitern aber in jedem Fall.“ Auch die beiden Beispielpflanzen aus dem Baumarkt werden als nützlingsfreundlich beworben. Eine Blüte und ein darüber fliegender Schmetterling und eine Hummel sind auf dem Schild abgebildet. Die Toom-Sprecherin erläutert: &bdquo;Um bedeutende Bestäuber wie Wildbienen nachhaltig zu fördern, arbeiten wir seit 2019 mit einem Wildbienenexperten zusammen.“ Dieser berate Toom bei der insektenfreundlichen Sortimentsentwicklung für den Gartenbereich und bewerte die Pflanzen. Für Honigbienen, Hummeln und Wildbienen stehe die Nutzung als Pollenpflanze im Vordergrund, während für Schmetterlinge ausschließlich die Tauglichkeit als Nektarpflanze bewertet werde. &bdquo;Erst nach Freigabe durch den Experten bezeichnen wir eine Pflanze als nützlingsfreundlich“, betont Daria Ezazi. Wie Toom das eigene Label kontrolliert Die Bezeichnung &bdquo;nützlingsfreundlich“ bedeute jedoch nicht, dass die Pflanze heimisch sei. &bdquo;Wir verbieten bei unseren nützlingsfreundlichen Pflanzen sämtliche bienengefährlichen Wirkstoffe und arbeiten seit 2019 mit der Umweltschutzorganisation Global 2000 zusammen, um den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln insbesondere bei den Nützlingsfreunden, aber auch im gesamten Sortiment weiter zu reduzieren.“ Außerdem kontrolliere Toom die eigenen Gärtnereien und arbeite nur mit zertifizierten Lieferanten zusammen. Die Sprecherin nennt hier das landwirtschaftliche Zertifikat GlobalGAP und das holländische Zertifizierungssystem MPS. Es gebe jährliche Kontrollen nach Umwelt- und Sozialkriterien sowie zum Einsatz und zur Menge von Pflanzenschutzmitteln. Fragile Ökosysteme Aus Sicht von Niehus darf das jedoch nicht alles sein. Das Zusammenwirken der verschiedenen Arten in Ökosystemen sei selbst auf wissenschaftlicher Ebene nur schwer zu durchdringen. Eine kleine Änderung bei der einen Art könne zum Aussterben einer anderen führen. Weil vielleicht noch gar nicht erforscht oder bekannt ist, wie hier die Zusammenhänge zwischen den Arten sind. Es gibt so spezialisierte Pflanzen-Insekt-Beziehungen, dass sie ohne einander nicht mehr überleben können. Solche fragilen Gebilde würden durch das Einkreuzen beliebiger Arten zerstört, nur um vielleicht eine andere Blütenfarbe oder eine vollere Blüte zu erzeugen, erklärt Niehus. &bdquo;Aber auch für die anderen verändert sich vieles“, sagt Niehus. Nicht nur die Blüte zählt Es dürfe nicht vergessen werden, dass die Pflanzen im Garten nicht nur durch ihre Blüte für Insekten wichtig sind. &bdquo;Sie dienen auch als Futterpflanze“, sagt der Biologe. Unter anderem für Insektenlarven. Und diese Larvenstadien machen zum Beispiel bei Schmetterlingen einen großen Teil der Lebenszyklen aus. Es sei kaum erforscht, wie stark sich die Veränderung der Inhaltsstoffe durch das Einkreuzen fremder Arten, auf solche Aspekte auswirke. Wirklich auf Nummer sicher könne man darum nur mit der heimischen Art gehen, meint Niehus. &bdquo;Die ist evolutionär genau das, was die heimische Tierwelt braucht.“ Warum finden sich dann kaum heimische Arten in den Baumärkten und Gartencentern? Die Frage, warum nicht gleich die heimische Art verkauft wird, hat die NW auch an Toom gerichtet. Eine Antwort darauf gab es nicht.

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