Löhnes Bürgermeister tritt nicht mehr an: Abschied eines Pragmatikers

Wenn die Löhnerinnen und Löhner im Herbst kommenden Jahres zur Wahlurne schreiten, wird ein vertrauter Name auf dem Kandidatenzettel fehlen. Amtsinhaber Bernd Poggemöller verzichtet auf eine dritte Amtszeit als Bürgermeister. Ein Wechsel an der Spitze der Werrestadt steht damit bereits vorab fest. Und mit ihm auch die Gewissheit, einen schweren Verlust verkraften zu müssen. Denn so sehr die Amtszeit des Stadtoberhauptes von Krisen und Herausforderungen gepflastert war, so sehr haben ihn etliche Bürgerinnen und Bürger zu schätzen gewusst. Und das zu Recht. Tatsächlich hat Bernd Poggemöller viel vorzuweisen, wenn er nach zehn Jahren als Bürgermeister von der öffentlichen Bühne abtritt. Politische Erfolge auf der einen, Meilensteine in der Löhner Stadthistorie auf der anderen Seite. Vor allem aber, und das darf ruhig einmal gesagt werden, ein angenehm pragmatisches, unaufgeregtes und bodenständiges Wirken, das ihn aus dem Kreis seiner Amtskollegen der näheren Umgebung hervorhebt. Ein Ruhepol in unruhigen Zeiten Wo etwa ein Rocco Wilken in Vlotho als hemdsärmeliger Typ in Erscheinung tritt, gibt Poggemöller seinem Auftreten eine ernsthaftere Note. Wo ein Tim Kähler in Herford sich mit markigen Sprüchen als bundespolitischer Lautsprecher zu profilieren versucht, bleibt sein Löhner Amtskollege zurückhaltend und konzentriert sich auf sein Terrain. Wo eine Susanne Rutenkröger in Bünde hinter verschlossenen Türen agiert und Kommunikation vermissen lässt, setzt Poggemöller auf transparente Prozesse und Mitnahme der Öffentlichkeit. Und wo ein Ernst-Wilhelm Vortmeyer in Rödinghausen über Jahre hinweg an Gutsherrenart erinnernd seinem Eigensinn frönte, sucht der Bürgermeister der Werrestadt meist den Konsens. In Zeiten, in denen Politik schnelllebiger, die Gesellschaft gespaltener und der gesellschaftliche Ton rauer geworden sind, wirkt diese Herangehensweise fast schon wie ein wohltuender Ruhepol. Die Entwicklung der Werrestadt Als zu Beginn seiner Amtszeit der Werrestadt die finanzielle Handlungsunfähigkeit drohte, fand Poggemöller - auch mit seiner Expertise als ehemaliger Kämmerer - einen Ausweg. In einem gemeinsamen Kraftakt mit Rat, Verwaltung und - auch das gehört zur Wahrheit - dem ein oder anderen Opfer der Bürger, überwand die Stadt den Stärkungspakt, ohne dabei auf notwendige und wegweisende Investitionen in Bildung und Infrastruktur komplett zu verzichten. In der Folge hat sich Löhne in zehn Jahren Poggemöller nicht nur verändert, sondern entwickelt. Der Bahnhof ist wieder zum Wahrzeichen geworden, das ruinöse Kaiser-Center nicht mehr als eine verblasste Erinnerung. Die regenerativen Energien wurden ausgebaut, Gewerbegebiete erweitert und neu ausgewiesen. Das Ehrenamt wurde aufgewertet, die Verkehrswende vorangetrieben, die Einwohnerzahlen stabilisiert. So mancher Kampf mit übergeordneten Behörden wurde angenommen und gewonnen - etwa gegen Straßen NRW an der Ellerbuscher Straße. Und ja: Auch das gesellschaftliche Miteinander hat nicht zuletzt durch Poggemöllers Auftreten und seine deutlichen Worte bei der Kundgebung gegen Rechtsextremismus neuen Auftrieb erhalten. Auch Schattenseiten gehören dazu Luft nach oben ist natürlich immer noch reichlich vorhanden. Noch immer wartet Gohfeld auf den Anschluss des Großen Kamps, noch immer gleicht so manche Straße einer Kraterlandschaft. Noch immer beklagen viele Löhner ein zu schlechtes Radwegenetz, noch immer fehlt es an Buslinien und E-Ladesäulen. Jugendliche vermissen Freizeitareale, Steuerzahler eine Entlastung oder Auswege aus der Grundsteuerreform. Frei- und Hallenbad verfallen weiter vor sich hin, auf Straßenschildern fehlen weiterhin die Namen von verdienten Frauen. Und mit der drohenden Haushaltssicherung steht der dickste Brocken erst noch bevor. Und dennoch: Dass Löhne sich in Sachen Attraktivität, Familienfreundlichkeit und Gewerbestandort durchaus mit Nachbarkommunen messen lassen kann - daran trägt Bernd Poggemöller einen nicht eben geringen Anteil. Der Wählerzuspruch, den er bei seiner Wiederwahl 2020 noch einmal deutlich steigern konnte - von 55 auf 63 Prozent - , spricht in diesem Zusammenhang Bände. Auch deshalb wird er eine Lücke hinterlassen, wenn er im kommenden Jahr sein Büro im Rathaus räumt. Seltene Anerkennung Zugegeben: Dass die Presse einem Bürgermeister ein Lob ausspricht, mag merkwürdig erscheinen. Als inoffizielle vierte Gewalt im Staat ist es schließlich ihre Aufgabe, Politik und Verwaltung auf die Finger zu schauen und Missstände publik zu machen. Und nicht immer war die Löhner NW-Redaktion mit dem Stadtoberhaupt einer Meinung. In ihrer Kontrollfunktion aber dürfen, ja müssen die Medien sogar Leistungen auch öffentlich anerkennen. Bernd Poggemöller hat es verdient - trotz aller Kritik, die ihm auch von der NW zuweilen entgegen schlägt.

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