Ruf nach Verkehrsprüfung für Senioren wird in Löhne immer lauter

Löhne. Egal ob PKW, mit dem Rad oder zu Fuß: Ältere Menschen spielen durch die demografische Entwicklung als Teilnehmerinnen und Teilnehmer im Straßenverkehr eine immer größere Rolle. Zudem ist die Generation 65plus laut des statistischen Bundesamtes heute so mobil wie noch nie: Immer mehr Seniorinnen und Senioren besitzen einen Führerschein, nutzen ihr Auto bis ins hohe Alter oder sind mit dem E-Bike unterwegs. Diese Entwicklungen rufen jedoch auch Kritikerinnen und Kritiker auf den Plan, die sich für regelmäßige Fahrtauglichkeitsprüfungen im Alter einsetzen. Braucht Deutschland einen Senioren-TÜV? Laut des aktuellen Verkehrssicherheitsberichtes der Kreispolizeibehörde waren im vergangenen Jahr 239 Senioren aktiv an Unfällen mit Personenschäden und schweren Sachschadenunfällen im Kreis Herford beteiligt. Dies entspricht 10 Prozent weniger als im Vorjahr. Die Zahl der Verletzten in der Altersgruppe 65 plus stieg jedoch um drei Prozentpunkte an. Ein schleichender Prozess Die meisten Unfälle werden sowohl in Deutschland, als auch im Kreis Herford durch die Beteiligung von Pkw verursacht. Damit gleicht sich der Kreis an einen deutschlandweiten Trend an: Verkehrsunfälle mit Senioren sind in der Bundesrepublik laut Statistischem Bundesamt seltener, aber oft schwerer geworden. Kirstin Zeidler, Leiterin der Unfallforschung der Versicherer (UDV), rät deshalb dazu, sich nicht nur auf die Unfallstatistiken zu beziehen, sondern die allgemeine Fahrleistung in den Mittelpunkt der Überlegungen zu stellen. &bdquo;Statistiken spiegeln häufiger die absoluten Unfallzahlen wieder. Da viele ältere Menschen insgesamt deutlich weniger Auto fahren, ist ihr Anteil natürlich auch dementsprechend geringer“, sagt sie. &bdquo;Gemessen an ihrer Fahrleistung haben Seniorinnen und Senioren ab 75 Jahren jedoch ein ähnlich hohes Unfallrisiko wie die Fahranfänger zwischen 18 und 24 Jahren.“ Dies sei laut der Expertin auf das Nachlassen kognitiver und sensorischer Fähigkeiten zurückzuführen. Spontane oder komplexe Verkehrssituationen erfordern Aufmerksamkeit, Konzentration und Reaktionsgeschwindigkeit, womit immer mehr Menschen im Alter überfordert seien: &bdquo;Es ist ein schleichender Alterungsprozess, der von Mensch zu Mensch unterschiedlich ist. Darin liegt jedoch auch die Gefahr, dass ich selbst lange nicht merke, wenn wichtige Fähigkeiten nachlassen.“ Begleitung durch Experten Die UDV spreche sich deshalb für verpflichtende &bdquo;Rückmeldefahrten“ aus. Hierbei fährt ein Verkehrsexperte, zum Beispiel ein Fahrlehrer oder eine Verkehrspsychologin, 45 Minuten gemeinsam mit einem Senior oder einer Seniorin. Komplexe Situationen wie Wenden, Einparken oder Kreuzungen werden in dieser Zeit bewusst angeschaut und trainiert. Am Ende des Zeitfensters gibt der Verkehrsexperte dann ein Feedback über die Fahrkompetenz sowie eine Empfehlung über mögliche Anpassungspunkte im eignen Fahrverhalten: &bdquo;Das könnte beispielsweise sein, nicht mehr nachts oder in großstädtischen Gebieten zu fahren. Oder nur noch die Wege zu fahren, die man gut kennt und für den Alltag wichtig sind, aber Anspruchsvolles zu meiden“, erklärt Kirstin Zeidler. Die Ergebnisse seien vertraulich: &bdquo;Das Feedback hat keinerlei Auswirkung auf den Führerschein. Wir sehen jedoch die Notwendigkeit zur Verpflichtung, um alle zu erreichen. Man kommt so dem schleichenden Alterungsprozess zuvor.“ Im Gegensatz zu den häufig diskutierten Gesundheitschecks setze das Konzept auf Kommunikation und Sensibilisierung statt auf Führerscheinentzug: &bdquo;Ein Arzt testet Sehstärke und Hörvermögen, aber nicht die Fahrkompetenz unter Bedingungen des realen Straßenverkehrs. Die internationale Forschung zeigt für die Medizin-Check-Ups keine positiven Effekte für die Verkehrssicherheit. Die Ergebnisse unserer Testläufe zu den Rückmeldefahrten zeigen hingegen, dass die Probanden das Experten-Feedback annehmen und ihr Fahrverhalten anpassen“, so Zeidler weiter. Nachfrage bei Fahrschulen ist überschaubar Laut der Unfallforscherin sollte das Ziel sein, ältere Menschen möglichst lange sicher am Verkehr teilnehmen zu lassen. Den Vorwurf, Konzepte wie das der UDV seien altersdiskriminierend, weist sie zurück: &bdquo;Die Statistiken sind eindeutig. Es geht nicht darum, jemanden auszuschließen, sondern die Senioren, aber auch Dritte zu schützen. Sicherheit muss im Vordergrund stehen.“ Auch Peter Bjelobaba, Fahrlehrer bei der Fahrschule Jochem in Löhne, sieht Nachbesserungsbedarf. Laut ihm sei das Interesse der älteren Generation an Verkehrsunterstützung gering: &bdquo;Es melden sich manchmal ältere Menschen nach Erkrankungen wie zum Beispiel einem Schlaganfall bei uns, oder, wenn jemand Auflagen nach einem Unfall erhalten hat.“ Sonst bestünde in dieser Altersgruppe jedoch wenig Bedarf an Unterstützung: &bdquo;Wir haben uns in einem Weiterbildungsangebot für diese Altersgruppe versucht, aber extrem geringe Resonanz erhalten.“ Er hat dafür auch eine Erklärung: &bdquo;Die Menschen haben Angst vor Repressalien und dass ihre Mobilität eingeschränkt wird. Sie denken, wir als Fahrschulen würden Informationen an die Polizei oder das Straßenverkehrsamt weitergeben. Das stimmt natürlich nicht.“ &bdquo;Sicherer für alle“ Peter Bjelobaba motiviert, die Fahrschule des Vertrauens bei Problemen oder Fragen direkt anzusprechen: &bdquo;Das ist kein Zeichen von Schwäche, sondern von Umsichtigkeit. Die Straßenverkehrsordnung verändert sich kontinuierlich. Wir als Fahrlehrpersonal haben da den Durchblick und helfen gerne weiter.“ Bjelobaba hält Weiterbildungen und medizinische Check-Up deshalb für sinnvoll: &bdquo;Insbesondere regelmäßige augenärztliche Untersuchungen würden schon vieles erleichtern. Der ein oder andere würde so definitiv ein realitätsnäheres Feedback zur eigenen Sehfähigkeit bekommen, was wiederum die Teilnahme am Straßenverkehr für alle sicherer machen würde.“ Eine Werbung für das Taxi Und die Senioren selbst? Karl-Heinz Bernsmeier, Vorsitzender des Löhner Seniorenbeirates, spricht sich ebenfalls für Verkehrstauglichkeitsüberprüfungen aus. Feedback, egal in welcher Art, könne laut Bernsmeier auch Angehörigen eine Hilfe sein: &bdquo;Ich höre immer wieder, dass sich viele Senioren trotz Anraten von Familie und Freunden schwer damit tun, ihren Führerschein abzugeben. Die Auseinandersetzung mit der eigenen Fahrtauglichkeit ist auch immer ein Spiegel des persönlichen Alterungsprozesses.“ Die eigene Unabhängigkeit werde merkbar eingeschränkt: &bdquo;Insbesondere im ländlichen Bereich nehmen ältere Menschen ungern Taxis – häufig aus falscher Bescheidenheit. Der Unterhalt eines Pkw ist um einiges teurer. Sicherheit und Vernunft sollten oberste Priorität haben.“ Karl-Heinz Bernsmeier macht Senioren deshalb Mut: &bdquo;Das ist ein einschneidender Schritt, aber häufig der richtige Weg.“

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