Abschied vom Luxus: Löhne sollte sich vom Freibad trennen

Und täglich grüßt das Hallenbad... Kaum ein Projekt hat in der Werrestadt zuletzt derart kontroverse Diskussionen ausgelöst, wie der anvisierte Neubau der Löhner Bäder. Kaum ein Projekt hat derart viele Aufs und Abs erlebt. Kaum ein Projekt löst ähnlich gelagerte Emotionen bei Nutzern, Verantwortlichen und Politikern aus. Und kaum ein Projekt wurde über einen so langen Zeitraum mit so zahlreichen Hiobsbotschaften konfrontiert. Die jüngste kam unlängst vom Haushaltsausschuss des Bundestages. Und so bitter es klingen mag: Es könnte die letzte sein, bevor das Vorhaben endgültig auf Grund läuft. Oder gibt es doch noch einen Rettungsring? Mehr als 50 Jahre hat das Löhner Hallenbad mittlerweile auf dem Buckel, das Freibad sogar schon fast 70. Ein stolzes Alter, das beiden Einrichtungen auch deutlich anzusehen ist. Und tatsächlich verging seit der Jahrtausendwende kaum ein Jahr, in dem nicht auf eine dringend notwendige Sanierung der Bäder hingewiesen wurde: Sei es vom Betreiber, vom Schwimmverein SC Aquarius, von der DLRG, von verschiedenen Ratsfraktionen oder sogar vom Bürgermeister. Zu viel Zeit ins Land gezogen Geschehen aber ist in all den Jahren kaum etwas. Und das, obwohl die Warnungen immer drängender, die gewählten Worte immer dramatischer ausfielen. Stattdessen verlor man sich in Kleinigkeiten: Eine Bäderkommission wurde ins Leben gerufen, hier und da ein paar Euro investiert, eine Neukonzeptionierung angestrebt. Es folgten Ideen für ein Kombibad, alternative Konzepte, erweiternde Vorschläge und Prüfungen. Neue Gegenentwürfe wurden eingebracht, modifiziert und erneut geprüft. Ergebnisse wurden hitzig, teils sogar persönlich und bis zum Eklat diskutiert. Ein Neuanfang wurde gestartet, Bedarfe analysiert, eine Machbarkeitsstudie angefertigt. Kurzum: Es zogen viele Jahre ins Land, in denen die Löhner Bäder fröhlich vor sich hin verfielen und eine Lösung kaum am Horizont erschien. Haushaltsloch zur Unzeit Eine solche zeichnet sich tatsächlich erst jetzt ab. Und das zum denkbar ungünstigsten Zeitpunkt, an dem die Stadt Löhne - wieder einmal - in finanziellen Schwierigkeiten steckt. Angesichts eines Defizits von mehr als 13 Millionen Euro fiel es Beobachtern schon im vergangenen Jahr schwer, eine nötige Investition von mindestens 30 Millionen Euro für zwei neue Bäder überhaupt für denkbar zu halten. Dass jetzt auch noch die fest eingeplante Förderung durch den Bund ausbleibt - gerechnet wurde mit immerhin rund 3 Millionen Euro- könnte dem Projekt nun endgültig versenken. So jedenfalls sehen es mittlerweile immer mehr politische Entscheider. Sowohl die Grünen als auch die Löhner Bürger-Allianz drängten zuletzt darauf, die Pläne für einen Neubau ad acta zu legen und sich stattdessen wieder auf eine Sanierung der bestehenden Bäder zurückzubesinnen. Und auch die übrigen Fraktionen schließen einen solchen Schritt zumindest nicht mehr aus. Das Dilemma der Entscheider Was zunächst nach einem Paukenschlag klingt, ist in Wahrheit ein längst überfälliges Eingeständnis. Die Politik steht vor einem nahezu unlösbaren Dilemma. Auf der einen Seite braucht eine Stadt von Löhnes Größenordnung ein Schwimmangebot - im Sinne der Bürger und Familien, der Vereine und Schulen, der Ausbildung von Schwimmern und Rettungstauchern. Auf der anderen Seite sind zwei neue Bäder angesichts der desolaten Haushaltslage schlicht nicht bezahlbar. Egal, wie man sich also entscheidet: Die Folgen wären so oder so fatal. Entweder reißt man ein noch größeres Loch in die Stadtkasse und muss dafür an anderer Stelle schmerzhafte Einschnitte verkaufen - oder aber man nimmt der Werrestadt mit dem Wegfall der Bäder ein enormes Stück Lebensqualität. Klar ist nämlich auch, dass selbst eine Sanierung die Bäder allenfalls ein paar Jahre über Wasser halten kann. Die Kosten indes dürften ersten Schätzungen zufolge mindestens 80 Prozent eines vergleichbaren Neubaus betragen, während eine entsprechende Prüfung noch einmal zusätzliche Zeit in Anspruch nehmen würde. Und wieder beschäftigt man sich mit Geld, das nicht vorhanden ist und vergeudet Zeit, die man nicht hat. Ein Vorschlag zur Güte Umso erstaunlicher ist es, dass bislang tatsächlich nur diese beiden Optionen überhaupt in Betracht gezogen werden. Dass man auch nur ein neues Hallenbad bauen und gleichzeitig auf ein Freibad verzichten könnte - diese Möglichkeit hat noch kein politischer Entscheider in die Debatte eingebracht. Dabei könnte ein solcher Schritt durchaus einen tragfähigen Kompromiss darstellen: Auf der einen Seite würden immense Baukosten eingespart, auf der anderen Seite aber könnten Schul-, Vereins- und Lehrschwimmen dennoch sichergestellt werden. Zugegeben: Dass Löhne nach fast 70 Jahren plötzlich ohne Freibad dastehen könnte, ist ein befremdlicher Gedanke. Aber machen wir uns nichts vor: Ein wetterabhängiges Spaß-Angebot, das gerade einmal drei Monate im Jahr zur Verfügung steht, seit Jahren zurückgehende Besucherzahlen verzeichnet und gleichzeitig immense Betriebskosten verschlingt, klingt in Zeiten der Finanznot mindestens genauso befremdlich, klingt luxuriös. Erst Recht, wenn in Nachbarkommunen wie Bad Oeynhausen, Kirchlengern, Vlotho, Herford und selbst Hiddenhausen noch sieben Freibad-Alternativen zur Verfügung stehen. Vielleicht wäre es daher an der Zeit, das einstige Flaggschiff untergehen zu lassen und stattdessen ein kleineres Rettunsgboot zu besteigen. Kein Freibad mehr zu haben, ist schließlich immer noch besser, als gleich beide Bäder zu schließen. Stand jetzt aber wird genau das in ein paar Jahren der Fall sein. Und damit wäre am Ende niemandem geholfen.

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