Der Menschenfreund aus Löhne-Ort: Pfarrer tritt in den Ruhestand

Löhne. Nachts um 4 Uhr kam der Anruf. Peter Außerwinkler wurde aus dem Tiefschlaf gerissen, war aber schnell ziemlich wach, als sich sein Gesprächspartner vorstellte. Gerhard Etzien war am anderen Ende der Leitung. Der damalige Superintendent des Kirchenkreises Herford bot Außerwinkler, der im Jahr 2008 in Sydney als Pfarrer arbeitete, eine Stelle an. Seine Frau Uta hatte nicht mitbekommen, mit wem er sprach. Sie machte sich Sorgen. Anrufe mitten in der Nacht bedeuten oft nichts Gutes. "Sie fragte, ob was passiert ist", erinnert sich Peter Außerwinkler. Passiert war Löhne. Und das war nichts Schlechtes. "Wir haben uns hier immer sehr wohlgefühlt", sagt der Pfarrer, der jetzt in den Ruhestand geht. Wenn es beim ersten Eindruck der Außerwinklers von der Werrestadt geblieben wäre, dann hätten sie Löhne nicht als neuen Wohnort gewählt. Er habe sich über die Stadt informiert, das Ergebnis der Recherche war negativ. "Da führt eine Autobahn quer durch den Ort, dazu kommen noch drei Bahnlinien. Das lassen wir lieber", sei er sich mit seiner Frau einig gewesen. Pfarrer Harald Ludewig, den er bereits kannte, zerstreute seine Bedenken. "Der hat mich gelockt." Freiflug fürs Vorstellungsgespräch Er entschied sich, zum Vorstellungsgespräch von Sydney nach Löhne zu fliegen. "Die Evangelische Kirche zahlt in einer Bewerbungsphase für Auslandspfarrer einen Freiflug." Nach dem Vorstellungsgespräch habe er gleich zugesagt. So endeten für ihn sieben Jahre Arbeit als Gemeindepfarrer für die German Lutheran Church in Sydney. "Meine Gemeinde war auf einer riesigen Fläche verteilt, die reichte von hier bis Hannover." Dort betreute er deutsche Einwanderer und feierte auch die Gottesdienste auf Deutsch. "Ich habe dann immer die Predigten kurz auf Englisch zusammgengefasst." Es sei eine tolle Zeit in Australien gewesen. "Ich wollte aber gerne wieder nach Deutschland. 2008 zogen Peter und Uta Außerwinkler mit ihren drei Söhnen ins Pfarrhaus neben dem Gemeindezentrum "Im Schling". "Wir haben uns gefühlt, als wenn wir nach Hause kommen", sagt er. Den Heimatbegriff macht der Theologe, ein gebürtiger Niedersachse, nicht an einem Ort fest. "Mittel- und Norddeutschland sind für mich Heimat. In der Kirchengemeinde Löhne-Ort war Peter Außerwinkler 15 Jahre lang Pfarrer. "Ich hatte ein sehr erfülltes Berufsleben und bin hier sehr gerne Pfarrer gewesen", sagt er. Von Sydney nach Löhne Dass er von der Metropole Sydney zu einer Pfarrstelle ins beschauliche Löhne gewechselt hat, war eine sehr bewusste Entscheidung. "Ich arbeite gerne im ländlichen Raum, weil es hier viele persönliche Beziehungen gibt. Man trifft sich auf der Straße, im Wartezimmer beim Physiotherapeuten kannte ich neulich alle anderen Patienten." Besonders reizvoll sei an seinem Beruf, ein Begleiter auf Zeit zu sein. "Ich habe viele jungen Menschen konfirmiert, die ich 14 Jahre vorher getauft habe." Hochzeiten und Beerdigungen sind weitere Stationen des Begleiters. "Bei Freud und Leid bei den Menschen zu sein hat mir immer viel bedeutet." Kontakt zu allen Generationen Auch das Gemeindeleben habe er als eine Bereicherung empfunden. "Es ist schön, Kontakt zu allen Altersgruppen zu haben." Neue Formate zu etablieren habe Spaß gemacht. Der Kindergottesdienst wird vierteljährlich veranstaltet. Einmal im Jahr wird etwas Besonderes unternommen. "In diesem Jahr sind wir mit einem Bus nach Olderdissen gefahren. Da konnten wir leider nicht alle Kinder mitnehmen, die Nachfrage war zu groß." Die Zahl der Gottesdienstbesucher sei immer noch zufriedenstellend. 40 bis 50 Gemeindemitglieder seien immer da. "Wenn wir besondere Gottesdienste anbieten, wird es immer voll. Zum Beispiel die Abendgottesdienste in der Adventszeit. Sobald wir etwas Besonders bieten, kommen mehr als 100 Besucher." Allerdings konnte Außerwinkler ein Versprechen nicht einhalten. "Ich habe bei meinem Vorstellungsgespräch immer eine volle Kirche versprochen. Das hat leider nicht geklappt." Kirche in der Krise Die negative Entwicklung habe auch in Löhne-Ort Spuren hinterlassen. "Wir haben an Relevanz verloren, das ist keine Frage." Das zeige die enttäuschende Resonanz auf den Taufgottesdienst der Löhner Kirchengemeinden im Aqua-Magica-Park. "Wir haben 47 Familien angeschrieben, in denen die Kinder zwischen 3 und 6 Jahren alt sind. Die Familien gehören alle zu unserer Gemeinde. Wir haben sie eingeladen, ihre Kinder dort taufen zu lassen. Wir hatten überhaupt keine Resonanz." Das sei symptomatisch für die Entwicklung der Kirche. "Ich kenne viele Menschen nicht in Löhne-Ort, die ich eigentlich kennen müsste." Sie hätten keine Verbindung zur Gemeinde, die auf dem Papier noch immer 3.600 Mitglieder umfasst. Die Kirche sei wie viele andere Institutionen dem gesellschaftlichen Wandel unterworfen. "Die Gewerkschaften hat es viel stärker getroffen als die Kirchen". Leben an der See Trotz des Verlusts an Bedeutung macht er sich um seine Gemeinde keine Sorgen. "Die Nachfolge ist geregelt. Mein direkter Nachfolger hier ist Thomas Struckmeier." Peter Außerwinkler wird die Entwicklung der Gemeinde aus der Ferne verfolgen. Er zieht mit seiner Frau nach Kappeln an der Schlei in Schleswig-Holstein. Dort haben die Außerwinklers ein Haus gekauft. "Wir wollten immer schon gerne an der See leben. Dazu kommt, dass einer unserer Söhne mit seiner Frau und drei Enkeln in der Nähe lebt." Die Koffer sind gepackt, das Pfarrhaus in weiten Teilen ausgeräumt. In seinem Büro hängt noch ein Boomerang aus Australien an der Wand. Den wird er bestimmt mitnehmen. Der Boomerang kommt immer zurück. Das gilt bei den Außerwinklers sicher für Löhne und vielleicht auch für Australien. Wenn auch nur zu Besuch.

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