Neue Entdeckungen und alte Bekannte bei den Poetischen Quellen in Löhne und Bad Oeynhausen

Löhne/Bad Oeynhausen. Fünf Tage in zwei Städten, 38 literarische Gäste aus neun Ländern der Welt und ein Programm vom Wunderland bis hin zu literarischer Kriegsberichterstattung: Die 22. Ausgabe der Poetischen Quellen feiert vom 23. bis 27. August das Lesen und die Literatur. Zahlreiche Lesungen, Diskussionen und Vorträge erwarten die Besucherinnen auf der Aqua Magica sowie an weiteren Orten in Löhne und Bad Oeynhausen. Thema ist dieses Mal: "Es gibt noch eine andere Welt". Michael Scholz, künstlerischer Leiter des Literaturfests, gibt einen Ausblick auf die Höhepunkte, die sich im Programm finden. Hörsaal für Kinder Zum ersten Mal gehört zum Programm der Poetischen Quellen eine ganz besondere Veranstaltung. Die Eröffnungsvorlesung der Kinder-Uni Bad Oeynhausen ist zugleich - noch vor dem eigentlichen Auftakt - die allererste Veranstaltung im Programm der Poetischen Quellen. Kinder von 8 bis 12 Jahren sind in den Hörsaal des Herz- und Diabeteszentrums eingeladen. Das Thema passt zum Festival: "Was soll so schön am Lesen sein?" Der Bielefelder Literaturwissenschaftler und Dozent Lutz Graner erzählt, wie Gedichte und Geschichten entstehen und warum Lesen nicht nur schön sondern auch nützlich sein kann. Der Termin: Mittwoch, 23. August, ab 16.30 Uhr. Die Teilnahme ist frei. Literarisch-musikalischer Auftakt Wenn es um die Kraft der Fantasie und die Welt zwischen den Zeilen geht, gibt es einige literarische Klassiker, die den meisten Menschen dabei sofort in den Sinn kommen. Ganz oben auf der Liste ist hier ganz sicher "Alice im Wunderland" von Lewis Carroll. Wie Alice bei ihrem Fall in den Kaninchenbau in eine völlig neue Welt eintaucht, tauchen auch Leser in andere Welten ein - Welten, die der Realität nahekommen können, aber nicht müssen. Passend zu dieser Analogie bildet ein literarisch-musikalischer Abend zu dem fantastischen Abenteuer den Auftakt für die Poetischen Quellen. Es lesen die Schauspieler Rolf Becker und Sylvia Wemper. Den musikalischen Part liefert eine kammermusikalische Formation des Ensembles Vinorosso. Mittwoch, 23. August, ab 19.30 Uhr, Einlass ab 18.45 Uhr, Auferstehungskirche Bad Oeynhausen. Erinnerungen an einen Autor Am nächsten Tag folgt dann die offizielle Eröffnung. Im Mittelpunkt des Abends steht beim ersten Autorenporträt Dzevad Karahasan. Der bosnisch-herzegowinische Schriftsteller sollte ursprünglich selbst die Poetischen Quellen eröffnen, ist dann aber im Mai dieses Jahres gestorben. Stattdessen erinnern sich auf dem Podium Freunde an ihn und präsentieren seinen erst im Januar erschienenen Roman "Einübung ins Schweben". Dieser Titel sei tatsächlich Programm, erklärt Michael Scholz. "Der Roman liest sich wunderbar leicht." Und das obwohl der Autor darin die von ihm selbst auch erlebte Belagerung Sarajevos zu Zeiten des Jugoslawienkriegs thematisiert. Moderiert wird die Veranstaltung von Jürgen Keimer. Auf der Bühne sind Karahasans deutsche Übersetzerin Katharina Wolf-Grießhaber, die Literaturkritikerin Cornelia Zetzsche und Schriftsteller Ingo Schulze. Letzterer hat auch eine Deutschlandpremiere im Gepäck: Das Buch zu den gemeinsamen Poetikvorlesungen mit Karahasan in Tübingen. Donnerstag, 24. August, ab 19.30 Uhr, Einlass ab 18.45 Uhr. Naturbühne Aqua Magica. Eindrücke aus Slowenien Als Vorgeschmack zur Frankfurter Buchmesse machen die Poetischen Quellen in diesem Jahr einen Ausflug nach Slowenien. Das Land ist das diesjährige Gastland der Messe. Bei der Gesprächsrunde in der Bad Oeynhausener Innenstadt sind die Autoren Ana Schnabl und Andrej Blatnik sowie der Verleger Ludwig Paulmichl zu Gast und geben Einblicke ins "Literaturland Slowenien". Texte von ihnen werden außerdem gelesen von Sylvia Wempner und Thomas Streipert. Freitag, 25. August, ab 15 Uhr am Colon-Sültemeyer-Brunnen. Literarische Welten und Kritik auf Social Media Am Samstag gehen die Poetischen Quellen dann richtig in die Vollen. Nach einem Auftakt ab 10.30 Uhr in der Auferstehungskirche mit dem neuen Buch des deutschen Schriftstellers Steven Uhly geht es nachmittags auf der Naturbühne im Aqua-Magica-Park weiter. Hildegard E. Keller kommt hier wieder mit ihrem eigenen Roman, die portugiesische Autorin Dulce Maria Cardoso präsentiert ihr neues Buch "Eliete. Das normale Leben" erstmals in Deutschland und Fabio Stassi liest aus "Ich töte, wen ich will". Beim Tischgespräch geht es dann ab 17 Uhr um Literaturkritik in Zeiten von Social Media. Organisiert von dem Literaturwissenschaftsstudenten Jonas Roos treffen dabei auf der Bühne ein Podcaster, ein Literaturredakteur und ein Literaturwissenschaftler aufeinander. Seinen Abschluss nimmt der Samstag dann ab 19.30 Uhr bei einer Autorenbegegnung unter der Überschrift "Die Welt entsteht aus Sprache, aber nur wenn die Sprache aus Welt entsteht". Drei Autoren zeigen an dem Abend, wie sich Welt und Sprache gegenseitig erweitern und bereichern. Alle Veranstaltungen moderiert Jürgen Keimer. Gespräche am Sonntag Der Sonntag startet im Löhner Bahnhof. Im Alten Wartesaal spricht ab 9.30 Uhr beim neuen Format "Beim Frühstück mit dem Verleger" Ludwig Paulmichl mit Michael Scholz. Dazu soll und wird auf der Bühne und im Publikum gefrühstückt. Paulmichl ist Verleger des Folio-Verlags. "Das wird sicher ein spannendes Gespräch", sagt Scholz, der den Verleger bei seinen Besuchen auf der Frankfurter Buchmesse kennengelernt hat. "Es hat in den vergangenen Jahren viele Veränderungen in den Verlagen gegeben." Um 11.30 Uhr startet dann das traditionelle Sonntagsgespräch auf der Naturbühne. Dieses Mal mit dem Thema "Weltenwandel". Es gehe um die Frage, wie mit all den existenten und wahrgenommenen Krisen umgegangen werde, erklärt Scholz. Zu Gast sind die US-amerikanische Philosophin Susan Neiman, Jürgen Kaube, Mitherausgeber der "F.A.Z.", und der Bielefelder Historiker Joachim Radkau. Es folgen über den Tag verteilt weitere Lesungen und Gespräche sowie ein zweites Tischgespräch mit einem Fokus auf Krieg und Verfolgung in der Literatur. Hier sind ab 16.30 Uhr die ukrainische Schriftstellerin Tanja Maljartschuk und der irakisch-kurdische Autor Bachtyar Ali zu Gast. "Maljartschuk ist persönlich sehr betroffen von der Situation in der Ukraine", erklärt Scholz. Aus der Betroffenheit ergebe sich eine Sprachlosigkeit. "Und aus der Sprachlosigkeit heraus entwickelt sie eine Art literarischer Kriegsberichterstattung." Die Klammer setzt schließlich ab 18.30 Uhr wieder ein Autorenporträt. Im Fokus ist hier Italo Calvino, einer der neben Umberto Eco bekanntesten italienischen Schriftsteller des 20. Jahrhunderts. Das sei auch ein kleiner Vorgeschmack auf die Poetischen Quellen 2024, sagt Michael Scholz. Denn dann steht Italien als Gastland auf dem Programm der Frankfurter Buchmesse und bekomme somit auch einen festen Platz im zukünftigen Programm. Die Unterstützer im Hintergrund Das ist jedoch noch Zukunftsmusik. Das Programm für die diesjährigen Poetischen Quellen findet sich nicht nur im gedruckten Heft, sondern auch online. Seit Mai gibt es außerdem einen Instagramkanal @poetische_quellen. Dass auch die 22. Poetischen Quellen mit einem umfangreichen Programm und vergleichsweise geringen Eintrittspreisen zu stemmen sind, sei auch all den Unterstützern und Sponsoren zu verdanken, betont Scholz. Zu diesen gehört unter anderem von Anfang an neben der Neuen Westfälischen als Medienpartner auch die Stiftung der Sparkasse Herford. "So etwas so lange am Leben zu erhalten erfordert Menschen und Mittel", meint Sascha Lißt, Geschäftsführer der Stiftung. Es sei wichtig, dass gerade in diesen Zeiten das Thema Literatur ein breiteres Publikum erreicht. "Eine Veranstaltung mit so einer Strahlkraft unterstützen wir immer gerne." Literatur sei für viele eine andere Welt, sagt auch Dominik Dorff, Geschäftsführer von Creditreform Herford & Minden mit Sitz in Löhne. "Wir werden aktuell erdrückt von Problemen und anderen Themen." Das Eintauchen in andere Welten könne da die Perspektive verschieben.

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