Corona-Krisenmanager: Chef des Ordnungsamts geht in den Ruhestand

Löhne. Wer hier steht, bei dem ging es der Regel gerade abwärts. Paul Urban bildet die Ausnahme. Er hält zwar die Hand der Stange der Feuerwehrrutsche. Benutzt hat er sie nie. Der scheidende Leiter des Ordnungsamts hat sich bewusst die Feuerwache für ein Abschiedsgespräch ausgesucht. Er geht zum Jahresende nach mehr als 45 Dienstjahren bei der Stadt Löhne in den Ruhestand, die Feuerwehr hat ihm in seinem Berufsleben besonders am Herzen gelegen.Die Feuerwache, die im Jahr 1997 fertiggestellt wurde, ist eines der Projekte, das er von Anfang an begleitet hat. "Als klar war, dass die Stadt Löhne eine neue Wache bauen möchte, bin ich mit Heinz-Dieter Held durch ganz NRW gefahren." Der spätere Bürgermeister war damals Beigeordneter und auch für die Feuerwehr zuständig. "Wir haben uns ganz unterschiedliche Feuerwachen angesehen, um Informationen für das Konzept zu sammeln", sagt Urban. Das sei dann als Aufgabenbeschreibung in den Architektenwettbewerb eingeflossen. "Gewonnen hat den Wettbewerb Professor Klaus Sill. Das war damals das erste Gebäude, das er realisiert hat", sagt Urban. Über das Ergebnis freut sich Urban noch heute. "Das ist ein ganz tolles, funktionales Haus geworden." Dass es heute mit Blick auf die Größe an Grenzen stoße, hätten die Planer damals schon abgesehen. "Wir hatten noch eine weitere Fahrzeughalle geplant. Mehr war aber nicht finanzierbar", sagt Urban. Bezahlt wurde die Feuerwache auf einen Streich. Dafür wurden die Erlöse aus dem Verkauf der EMR-Anteile verwendet. Die Stadt war wie viele Kommunen der Kreise Minden-Lübbecke und Herford am damaligen Elektrizitätswerk Minden-Ravensberg beteiligt, das privatisiert wurde. Die Outlaws sorgen für Aufregung Seit dem Beginn seiner Ausbildung zum Verwaltungsfachangestellten, am 1. August 1976, arbeitet Paul Urban bei der Stadt Löhne. Anfang der 1980er Jahre machte er ein Fachhochschulstudium, das er als Verwaltungswirt abschloss. Im Haupt- und Personalamt arbeitete er als Personalsachbearbeiter. Seine ersten Berührungspunkte mit der Feuerwehr hatte er Anfang der 1990er Jahre. "Es ging damals um die Verlagerung des 112-Notrufs von der Feuerwache zur Leitstelle", sagt Urban. Dabei sei es nicht nur um die ständige Erreichbarkeit der Feuerwehr gegangen, wenn alle Feuerwehrleute aus Löhne im Einsatz sind. "Wenn die Kollegen alle weg sind und die Mittag auf dem Herd stehen haben, dann schaltet der automatisch ab, auch die Tore schließen selbsttätig." Zum stellvertretenden Leiter des Ordnungsamts wurde er 1995, Leiter im Juni 2020. Urban folgte Wolfgang Greinke. Urbans Aufgabengebiet erweiterte sich stetig. Schnell fallen ihm besondere Ereignisse ein. Im Mai 2003 sorgten den Outlaws in Löhne für Aufregung. Der Motorradclub hatte die ehemalige Kneipe Großewortmann gekauft. Nach dem Abriss des Gebäudes wurde dort die Seniorenresidenz an der Werre gebaut. Clubmitglieder der Outlaws sind immer mal wieder mit dem Gesetz in Konflikt geraten, der Verfassungsschutz verschiedener Bundesländer beobachtet die Outlaws. Entsprechend groß war die Sorge, dass es zu Gewalttaten kommen würde, als der Club im Mai 2003 in Löhne ein neues Chapter (Ortsgruppe) eröffnete. "Ganz Löhne war von der Polizei umstellt, weil befürchtet wurde, das da zwei gewaltbereite Motorradgangs aufeinandertreffen würden", erinnert sich Urban. Die Befürchtungen traten nicht ein. Es blieb alles ruhig. Durch den Druck der Zivilgesellschaft vertrieben Im Jahr 2006 hielt die Vogelgrippe auch die Mitarbeiter des Ordnungsamts in Atem. "Da mussten wir durch die Stadt fahren und tote Vögeln aufsammeln." Im Gegensatz zu Corona war die Vogelgrippe recht schnell ausgestanden. Auch die Löhner Reichsbürger waren ein härterer Brocken. Sie eröffneten im Jahr 2014 gegenüber dem Festplatz eine sogenannte Botschaft. "Sie wurden durch den hohen Druck der Löhner Zivilgesellschaft vertrieben. Das ist gut so, die haben den Ruf der Stadt schwer beschädigt." Im Ordnungsamt sitzt auch ein Teil des Krisenmanagements einer Stadt. Ab dem Jahr 2017 war das Trinkwasser in den trockenen Sommern immer mal wieder knapp. Feuerwehr und Rotes Kreuz fuhren durch die Straßen und forderten in Durchsagen zum Wassersparen auf. "Dass ich in meinem Berufsleben jemals mit einer Trinkwasserkrise beschäftigt sein würde, damit hätte nicht niemals gerechnet", sagt Urban. Im Vergleich zur Wasserkrise beschäftigt Corona uns alle deutlich länger und ist viel bedrohlicher. Ein großer Teil von Urbans Arbeit hat mit dem Virus zu tun. Es geht zum Beispiel darum, zu kontrollieren, ob sich Bürger und Unternehmen an die jeweils geltende Corona-Schutzverordnung halten. Da ist der Chef dann auch immer wieder im Außendienst unterwegs. Zum Beispiel im Januar diesen Jahres, als es unter anderem um die Kontrolle von Ausgangssperre und Gottesdiensten geht. In Mennighüffen kontrolliert Urban an einem Abend den Gottesdienst der kleinen freikirchlichen Gemeinde "Brüder Hand". Dort sind etwa 30 Personen ohne Hygienekonzept zum Gottesdienst versammelt. "Das war der größte Verstoß gegen die Regeln, den wir bisher hatten", sagt er. Corona ist die größte Herausforderung Zurzeit ist das Ordnungsamt stark beschäftigt, Beschwerden nachzugehen, dass Bürger, Geschäfte oder Gastronomien gegen die Regeln verstoßen. Auch die Kontaktverfolgung bindet viel Arbeitskraft. "Corona war und ist die größte Herausforderung für uns alle. Da gilt mein Dank den Kollegen. Gemeinsam haben wir das gut gemeistert." Auch wenn es um Wahlen geht, dann ist Paul Urban seit Jahrzehnten der Verantwortliche in der Stadt. "Besonders spannend sind immer die Kommunalwahlen, weil man da ja auch als Wähler viel stärker betroffen ist." Als Organisator der Wahlen hat er immer wieder kleinere Panne erlebt. Zum Beispiel wurde eine Wahlurne in einem Wahllokal vergessen und nicht ins Rathaus gebracht. Bewundernswert ist für ihn auch der Einsatz der Wahlhelfer. "Viele Wahlvorstände sind seit viele Jahren dabei. Friedel Böhse hat als Wahlvorstand nach einer Wahl die Wahlzettel mit Krücke ins Rathaus gebracht. Er hatte eine Hüft-OP. Das hat ihn aber nicht davon abgehalten, dieses Ehrenamt auszuüben. Das hat mich sehr beeindruckt." Die nächste Wahl wird Urban als Rentner beobachten. Er freut sich, dass er jetzt mehr Zeit hat. "2022 soll für meine Frau und mich ein Urlaubsjahr werden." Langweilig wird dem Vater von zwei erwachsenen Söhnen sicher nicht. "Mein Hobby war immer mein Garten. Dafür habe ich jetzt endlich richtig Zeit", freut er sich.

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