Mit Tempo 45 auf der Landstraße zur Arbeit

Löhne. Das kleine Auto biegt auf die Werster Straße. Wie oft ist die Straße auch an diesem Nachmittag stark befahren. Mehr als die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h ist hier wegen des Verkehrs nicht möglich, eher weniger. "In der Stadt haben wir eigentlich nie Probleme damit, dass der Wagen maximal 45 Km/h schnell ist", sagt Klaus P. Seit knapp zwei Jahren besitzt seine Familie einen Aixam. Langsam steigt die Zahl dieser Mikroautos, das bestätigt auch die Polizei. Der ADAC beobachtet diese Entwicklung mit einer gewissen Sorge. Der Automobilclub stuft die Fahrzeuge als zu unsicher ein. Die Familie P. hat den Aixam nicht als Spaßmobil angeschafft. "Unser Sohn macht eine Ausbildung als Elektroniker für Betriebstechnik", sagt Mutter Claudia. In den ersten Wochen der Ausbildung war er noch unter 16. "Da habe ich ihn noch zur Arbeit gefahren", sagt sie. Das Problem ist der Arbeitsbeginn im Unternehmen des Sohnes. "Der muss um 6 Uhr umgezogen auf seinem Arbeitsplatz sein. Um diese Uhrzeit fährt kein Bus oder Zug nach Herford, der auch nur halbwegs zeitlich passt", sagt Vater Klaus. "Waghalsige Überholmanöver und Rücksichtslosigkeit" Klar war also schon vor dem Start der Ausbildung, dass es ein Mobilitätsproblem zwischen Löhne und Herford am frühen Morgen gibt. Die Familie machte sich Gedanken, wie man es lösen kann. Über einen Roller wurde auch nachgedacht. "Aber ein Roller ist bei schlechtem Wetter problematisch." Schließlich entschieden sie sich für das Mikroauto. Seit knapp zwei Jahren fährt der Sohn damit jeden Tag zur Arbeit nach Herford. Solange er in der Stadt unterwegs ist, schwimmt der Wagen im Verkehrsstrom mit. Schwierig wird es außerhalb geschlossener Ortschaften zwischen Löhne und Herford. "Viele Autofahrer fühlen sich provoziert, weil er nur 45 km/h schnell ist, wo man 70 fahren darf. Er erlebt regelmäßig waghalsige Überholmanöver und viel Rücksichtslosigkeit", sagt Claudia P. Weil es bei vielen Autofahrern Vorbehalte gibt, möchte die Familie ihren Namen nicht öffentlich zu machen. Zu groß ist die Sorge, dass Ihr Sohn angefeindet wird. "Viele Menschen stellen sofort die Assoziation zu einem Opa-Auto her", sagt Klaus P. Für ihn ist der Aixam alles andere als eine Rentnerkutsche. "Ich liebe es, mit dem Auto zu fahren." "Auf kleinen Straßen geübt" Für das Mikroauto braucht der Sohn natürlich auch einen Führerschein. "Unser Aixam wird als mehrspuriger Roller eingestuft. Also musste er dafür einen Rollerführerschein machen", sagt Klaus P. Das sei nicht ideal gewesen. "Der Fahrlehrer hat es aus versicherungstechnischen Gründen abgelehnt, sich neben unseren Sohn in den Aixam für die Fahrstunden zu setzen", sagt Claudia P. Und so hatte der nach bestandener Rollerfahrprüfung zwar die Lizenz zum Fahren des Mikroautos, allerdings fehlte ihm die Sicherheit. "Ich habe mit ihm auf Nebenstraßen geübt, bis er sich sicher genug fühlte", sagt Klaus P. Für die Familie war die Entscheidung für das Mikroauto richtig. Und auch wenn man von einem Boom weit entfernt ist, fallen die Fahrzeuge mittlerweile auch der Polizei auf. "Wir beobachten sie zunehmend im Verkehrsraum", sagt Polizeisprecher Uwe Maser. Dass langsam fahrenden Mikroautos zu Überholmanövern verleiten, bestätigt er. "Eine besondere Unfallhäufigkeit gibt aber es nicht. Die Fahrzeuge sind ja schmal und recht kurz. Daran ist man schnell vorbei." Da sei die Gefahr beim Überholen von Erntefahrzeugen deutlich größer. Ein nicht zu unterschätzendes Sicherheitsrisiko Kritisch sieht der ADAC die Autos mit Blick auf die Sicherheit. "Leichtmobile unterliegen beim Thema Crashsicherheit keinen gesetzlichen Sicherheitsanforderungen, wie sie für Pkw gelten", sagt Johannes Giewald von der Pressestelle des ADAC in Köln. Der ADAC hat mehrere Generationen von Mikroautos Crashtests unterzogen."Mit ernüchternden Ergebnissen. Bemerkenswert ist, dass selbst die modernsten Modelle kein zufriedenstellendes Ergebnis bei der Unfallsicherheit lieferten." Zusätzlich berge die auf 45 Km/h begrenzte Geschwindigkeit der Leichtmobile ein nicht zu unterschätzendes Sicherheitsrisiko. "Vor allem in der Dunkelheit und außerorts fällt es anderen Verkehrsteilnehmern schwer, den großen Geschwindigkeitsunterschied richtig einzuschätzen, der zwischen dem eigenen Fahrzeug und den maximal 45 km/h schnellen Leichtfahrzeugen besteht. Denn diese Fahrzeuge werden visuell als normale Autos wahrgenommen", sagt Giewald. Das eindeutige Fazit des ADAC: Viel schlechter als jedes andere Auto, aber immerhin ein Dach über dem Kopf. Angetrieben durch einen Baggermotor Die geringere Sicherheit im Vergleich zum normalen Pkw ist auch Familie P. bewusst. "Unser Sohn ist aber auf jeden Fall sicherer in dem Aixam als mit einen Roller unterwegs", sagt Claudia P. Für mehr Sicherheit würde nach ihrer Einschätzung sorgen, wenn die Fahrzeuge etwas schneller wären. "Wenn Sie mit 55 Km/h unterwegs sein dürften, dann würde bestimmt so manche gefährliche Situation vermieden", sagt Klaus P., als er von der Werster Straße in eine Nebenstraße abbiegt. Bequem sitzt man in dem Mikroauto, das von einem 500 Kubikzentimeter Dieselmotor angetrieben wird. Der Motor kann seine Herkunft nicht verleugnen. Er stammt vom japanischen Hersteller Kubota und wird auch als Baggermotor verwendet. Das hört man ihm an.

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