Verfassungsschutz beobachtet Jesidenverein: Was die Gründe sind

Löhne. Das Löhner Wasserschloss Ulenburg ist ins Visier des Verfassungsschutzes geraten. Der Geheimdienst interessiert sich für einen von mehreren Vereinen, die Untermieter des jesidischen Kulturzentrums sind. Der Vorwurf: Der Verein soll eine Nähe zur in Deutschland verbotenen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) vorweisen und taucht im Kapitel über &bdquo;auslandsbezogenen Extremismus" im Jahresbericht des Landesverfassungsschutzes auf. Konkret geht es um den &bdquo;Zentralverband der Ezidischen Vereine" mit der Abkürzung NAV-YEK. Den Verein gibt es bereits länger, der Verfassungsschutz erwähnt ihn jedoch erstmals ausdrücklich mit Bezug zu Löhne. Die Vereinssatzung stammt von 1997 und im Juni 2018 hat die Mitgliederversammlung beschlossen, den Sitz von Bielefeld nach Löhne zu verlegen, das geht aus Einträgen im Vereinsregister hervor. Ausweislich des eigenen Internetauftritts ist der &bdquo;Zentralverband" inzwischen an der Ulenburger Buchenallee 16 zu erreichen. Das ist die Adresse des ehemaligen Rittergutes Ulenburg. Eigentümer überrascht und enttäuscht Eigentümerin des Wasserschlosses und des etwa fünf Hektar großen Parks samt Mühle und Nebengebäuden ist seit sechs Jahren die gemeinnützige EZDAi &bdquo;Gesellschaft Kultur und Wissenschaft in der Ulenburg" mit Sitz an der Ulenburger Buchenallee 4, das ist die ehemalige Mühle. EZDAi-Geschäftsführer Ibrahim Kus hat maßgeblich den Kauf der Burg von der diakonischen Stiftung Wittekindshof vorangetrieben und den Ausbau zu einem offenen kulturellen Zentrum des Jesidentums auf den Weg gebracht. EZDAi vermietet die Räume für Vereinsaktivitäten und zahlreiche jesidische Vereine haben deshalb inzwischen ihren Sitz in Löhne gewählt – sie alle tauchen nicht im Verfassungsschutzbericht auf, nur der &bdquo;Zentralverband". Kus zeigt sich im Gespräch mit der NW überrascht, aber auch tief enttäuscht von der Nachricht und sagt: &bdquo;Wir lassen verfassungswidrige Aktivitäten bei uns nicht zu." Der Verein sei ihm namentlich zwar bekannt, die Vereinsziele kenne er dagegen nicht. Kus kündigte an, zunächst das Gespräch mit dem Vereinsvorstand zu suchen. &bdquo;Die Ulenburg ist ein Ort der Begegnung von Religion, Kultur und Integration. Die oberste Maxime ist, dass die Arbeit und die Handlungen immer gesetzeskonform und verfassungsschützend sind. Wir haben keinerlei Interesse an Aktivitäten und Handlungen, die unsere öffentliche Sicherheit stören oder gefährden." Geheimdienst wertet Medien aus Wichtigster Nutzer der Ulenburg ist ein jesidischer Fernsehsender namens &bdquo;Cira TV", der in der ersten und zweiten Etage Räume gemietet hat und einen weltweit abrufbaren Streamingdienst anbietet. Löhner Lokalpolitiker haben dem Sender bereits öfters Rede und Antwort gestanden. Der Verfassungsschutz hat bislang keine Verbindungen zwischen diesen Organisationen und der verbotenen PKK gefunden. &bdquo;Gleichwohl werden solche möglichen Aktivitäten immer im Blick behalten", so eine Sprecherin des Landesinnenministeriums auf Anfrage der NW. Doch warum ist der in Löhne bisher unbekannte jesidische &bdquo;Zentralverband" ins Visier des Verfassungsschutzes geraten? Auf Nachfrage erläuterte eine Sprecherin des Innenministeriums, dass sich der Geheimdienst bei seiner Analyse vor allem auf die Auswertung kurdischsprachiger Medien stützt. Offenbar sind Aktive des NAV-YEK bei Veranstaltungen von zwei bereits unter Beobachtung stehenden Kurdenorganisationen aufgetaucht. Dabei soll es sich um die &bdquo;Konföderation der Gemeinschaften Kurdistans in Deutschland" (KON-MED) und um den &bdquo;Kongress der kurdisch-demokratischen Gesellschaft Kurdistans in Europa" (KCDK-E) handeln. Vorfeldorganisation der PKK? Das Landesinnenministerium ordnet den Löhner Verein als &bdquo;PKK-nahe Massenorganisation" ein und verweist auf örtliche Führungskader der PKK in der Region. Es bleibt allerdings unklar, wen der Verfassungsschutz genau zum &bdquo;Personenpotential" zählt. Der Vereinsvorstand des &bdquo;Zentralverbands" kommt nach Recherchen der NW aus Schwarmstedt, Berlin, Hameln und Uchte. Eine schriftliche Anfrage blieb bis Redaktionsschluss unbeantwortet. Der Verfassungsschutz nennt den &bdquo;Zentralverband" in einem Absatz mit drei weiteren Vereinen in NRW: einem kurdischen Studentenverband aus Köln, einer nicht näher verorteten &bdquo;Islamischen Gemeinde Kurdistans" sowie der &bdquo;Föderation der demokratischen Aleviten" aus Dortmund. Wörtlich schreiben die Verfassungsschützer: &bdquo;Diese Organisationen vertreten kurdische Interessen ohne integraler Bestandteil der PKK zu sein. Gleichwohl ist doch klar erkennbar, dass auch in diesen Organisationen Personenpotential aktiv ist, das der PKK-nahen Szene zugeordnet werden kann."

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