Reisebüro erwartet Boom nach Corona

Löhne. Eigentlich wäre für die Reisebüros jetzt Hochsaison. "Von November bis März werden in normalen Jahren die Sommer- und Herbsturlaube gebucht", sagt Jörg Ernstmeier, Inhaber des Reisebüros Ernstmeier. Das ist in Zeiten der Pandemie anders. Die Zahl der Buchungen hält sich in Grenzen. Die Reisebüros gehören zu den Branchen, die wirtschaftlich am schwersten betroffen sind. Aufgeben will Ernstmeier nicht. Das gilt auch für Heidrun Reuter, die im Marktkauf ihr Reisecenter betreibt. In der wohl schwersten Phase der Pandemie sind Urlaubsorte für viele Menschen zu noch größeren Sehnsuchtsorten geworden als sonst. Diese Erfahrung macht Jörg Ernstmeier. "Die Leute warten aber nur darauf, dass sie mit einer gewissen Sicherheit buchen können." Aus seiner Sicht ist das schon jetzt möglich. "Viele Veranstalter haben großzügige Stornierungsregeln", sagt er. Bis zu 14 Tage vor Beginn einer Reise seien Stornierungen möglich. Oft kostenlos oder gegen eine geringe Gebühr. Noch sind die Löhner bei den Buchungen eher zurückhaltend. Aber: "Der Januar war im Verhältnis ok", sagt Ernstmeier. Die Kunden würden sich überwiegend für Ziele in Spanien, zum Beispiel die Kanaren, oder Griechenland entscheiden. "Fernreisen sind kaum gefragt. Das hängt auch mit den Einreisebedingungen vieler Länder zusammen", sagt er. Da gebe es häufig Quarantäneauflagen manche Länder sind auch komplett für die Touristen gesperrt. "Wenn es wieder losgeht, dann richtig" Ernstmeier ist optimistisch, dass die Reisezeiten besser werden. "Die Lage wird sich im Sommer mehr und mehr entspannen." Und so würden viele Kunden ihre Buchungen nur nach hinten verschieben. "Wenn es dann wieder losgeht, dann richtig. Das Bedürfnis zu Reisen ist ja da." Deutlich mehr Zurückhaltung beobachtet Heidrun Reuter bei ihren Kunden. Die Inhaberin des Reisebüros im Marktkauf hat vier ihrer sechs Mitarbeiter zu 100 Prozent in die Kurzarbeit geschickt. Zwei Mitarbeiterinnen wechseln sich ab und sind an Werktagen für vier Stunden erreichbar. "Normalerweise haben wir von 9 bis 20 Uhr geöffnet, jetzt sind die Mitarbeiterinnen nur von 11 bis 15 Uhr telefonisch erreichbar", sagt sie. Sie habe die Arbeitszeiten anpassen müssen. "Die Leute sind mehr als zurückhaltend." Je länger eine Flugreise dauere, desto weniger gefragt sei diese. "Wer hat auch schon Lust vier oder fünf Stunden im Flugzeug eine Maske zu tragen." "Wohin ich im Juli reise, entscheide ich im Juli" Auch mit Empfehlungen für ihre Kunden hält sie sich zurück. Sie selbst würde sich zurzeit bei einer Buchung ebenfalls zurückhalten. Auf die Frage, wohin sie denn im Juli reisen würde, antwortet sie: "Das entscheide ich im Juli." Die Flinte ins Korn werfen will sie dennoch nicht. "Das kann ich meinen Mitarbeiterinnen nicht antun. Es kommen auch wieder bessere Zeiten." Davon ist auch Jörg Ernstmeier überzeugt. "Nach der Pandemie werden die Menschen ihren Urlaub mehr genießen und bewusster reisen als vorher. Wir haben jetzt gemerkt, dass es nicht selbstverständlich ist, sich in einen Flieger zu setzen und zum Beispiel mal eben in die USA zu fliegen." "Nachfrage nach Ferienhäusern ist gestiegen" Schon jetzt würden sich gewisse Trends abzeichnen, die sich noch verstärken könnten. "Die Nachfrage nach Ferienhäusern ist spürbar gestiegen. Dort sind die Menschen unter sich." Auch Radreisen, die schon vor der Pandemie gefragt waren, werden beliebter. "Da bieten wir nicht nur Reisen in Deutschland an. Wir haben auch schon eine Radtour durch Kuba vermittelt." Wie das Reisecenter Reuter ist auch Ernstmeier telefonisch und online erreichbar. "Wir können genauso arbeiten wie die Online-Portale. Allerdings ist unsere Beratung individueller." Hier die Online-Adressen der beiden Löhner Reisebüros: www.reisebuero-ernstmeier.de und www.loehne.reisebuero-webseite.de "Die Regierung soll sich endlich an die Arbeit machen" Unterdessen gibt es deutliche Kritik vom Deutschen Reiseverband (DRV) an der Politik von Bund und Ländern. "Nach der derzeitigen zweiten Corona-Welle wird sicheres Reisen wieder möglich sein", betont der DRV in einer Pressemitteilung. Den Beweis dafür hätten die Reisenden und die Reisewirtschaft im zurückliegenden Sommer mit Hygienekonzepten und zahlreichen Vorsichtsmaßnahmen vielfach erbracht. "Statt auf weitere Verbote zu setzen, sollte sich die Regierung endlich an die Arbeit machen, für die Zeit nach der zweiten Corona-Welle vernünftige Testkonzepte vorlegen und beim Impfen einen Zahn zulegen". Das werde der Branche eine Öffnungsperspektive bieten und auch den Menschen Zuversicht geben. "Die Bundesregierung muss sich in der öffentlichen Debatte dringend darauf besinnen, dass Reisefreiheit ein Grundrecht ist – kein politisch zu gewährendes Privileg".

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