Traumaussicht von oben: Löhner besteigt Gletscher in Zeiten von Corona

Löhne. Wenn die Sonne sich durch die Wolken kämpft und vor einem das Gebirge unter Schnee begraben ist, hüpfen die Herzen von Frank Lauer und seinem Wandertourkumpel Stefan Ledig ein Stückchen höher. Es sind diese Momente, die die beiden erfahrenen Tourenwanderer so schätzen. Für Ledig und Lauer ging es jetzt hoch auf den Großvenediger. Mit 3.657 ist er der höchste Berg der Venedigergruppe. Ein Gletscher. Eine Premiere für Lauer und Ledig. Oft sind sie in Eigenregie unterwegs. Doch durch die Gletscherpremiere ging es diesmal mit einem Bergführer auf Tour - in der Gruppe. "Die jüngsten Teilnehmer waren mit Mitte/ Ende 20, der älteste 71 Jahre alt", berichtet Lauer, Anfang 50. "Das ist schon interessant, wie der Bergführer die Gruppe in den Tagen vor der Tour kennenlernt und mit allen dann das Gipfelziel erreicht." Von Strapazen spricht er nicht: "Man muss schwindelfrei sein und es sich zutrauen." Erste Tour vor mehr als 37 Jahren Frank Lauer und Stefan Ledig wandern schon seit Jahren gemeinsam. Für sie ist es mehr als nur ein Hobby. Einfach den Kopf ausschalten und los. "Die Freiheit genießen", sagt Lauer, der auch die Gemeinschaft schätzt. Mit seinem Vater hat er seine allererste Tour gemacht. Das war vor mehr als 37 Jahren. Das Wanderfieber hat ihn gepackt, seit 2001 ist er Mitglied im Deutschen Alpenverein und hat schon einige Hochgebirge durchwandert. Jetzt, wo die Corona-Pandemie die Welt in Atem hält, sollte es in die Berge der Venedigergruppe gehen - Schnee inklusive. Gebucht hatten sie die Tour vor gut einem Jahr. Da war Corona noch kein Thema. In der ersten Septemberwoche ging es für sie los - also weit vor dem Lockdown, in dem wir heute stecken. "Über 2.000 Meter war das Leben recht normal", beschreibt der Löhner die Situation. Die Essensausgabe war allerdings reglementiert und es hieß vorab, dass nur Matratzen auf den Hütten seien. "Wir hatten also deutlich mehr Gepäck mit." Start war die kleine Gemeinde in Österreich, Prägraten. Die erste Hütte beschreibt der Löhner als sehr abenteuerlich. "Es gab im Gastraum nur eine Leuchte über der Theke. Selbst die Küche war nicht beleuchtet. Ich weiß nicht, wie man dort arbeiten kann." Am zweiten Tag gab es eine Einführung in die Klettersteigtechnik und direkt darauf ging es auf den kurzen, aber sehr anstrengenden Klettersteig auf die Rote Säule. "Zwei Personen mussten aussetzen, da schon der Einstieg Probleme machte." Heimatholz auf der Seewandspitze Nach dem Aufwachen am dritten Tag war die Welt draußen weiß. Nach einer kurzen Pause am Eissee ging es vorbei durch knöcheltiefen Schnee auf die Seewandspitze. Noch einmal durchatmen, denn der kommende Tag wurde anstrengend. 6 Stunden wandern, 9,23 Kilometer, 1.678 Höhenmeter rauf, 1.247 Höhenmeter runter. "Drei Teilnehmer sind abgestiegen und mit dem Taxi zur Johannishütte gefahren", berichtet Lauer. Auf der Zopetscharte war es dann wie auf einer Expedition. "Die Sonne kam gerade aus den Wolken. Es war die kälteste Zeit am Morgen und es lag Schnee. Ein Traum!" Hoch zum Defreggerhaus ging es dann mit leichtem Gepäck. Denn der Rucksack wurde mit der Materialseilbahn transportiert. Mit nur 20 Personen waren recht wenige Gäste in der Schutzhütte, "zum Glück". Denn fürs Wochenenden haben sich jeweils gut 100 Gäste angekündigt, erinnert sich Lauer. Vom Defreggerhaus, das auf 2.962 Metern liegt, ging es dann mit dem Steigeisen hoch zum Gipfel - 662 Höhenmeter rauf und 44 Höhenmeter wieder runter. Seilschaft zur Sicherheit "Als letzte Gruppe ging es für uns los zum Fuß des Gletschers. Die Seilschaften vor uns haben bereits den Weg gespurt. Der Schnee war sehr fest und mit normalen Bergschuhen zu begehen. Steigeisen brauchten wir nicht", berichtet der Löhner. Immer schön langsam hieß es dann. Denn zwischen den Teilnehmern wurde zur Sicherheit ein 10-Meter-Seil gespannt. Die Reihenfolge war auf das Gewicht der einzelnen angepasst. Lauer erklärt: "Bricht jemand ein, wird er von zwei Seiten gehalten. Berührt das Seil nicht den Boden, ist der der einbricht wahrscheinlich noch zu sehen und kann +von den anderen Teilnehmern geborgen werden." Auf dem Gipfel dann eine Traumaussicht. "Der Gipfelgrat, der sonst schon etwas spektakulär durch Schnee geformt ist, war gut zu begehen." Lange konnten sich die Wanderer die Natur nicht anschauen. Denn in der Seilschaft ist ein Stop nicht so ohne weiteres möglich. Lauer: "Die Personen vor einem ziehen dich einfach mit." Nach dem Abstieg feierte die Gruppe in der Johannishütte den Gipfelsieg. "Unglaublich, wie doch eine Gruppe in diesen wenigen Tagen zusammenwachsen kann", resümiert Lauer, für den es bestimmt nicht die letzte Wanderung war. Vor zehn Jahren hieß sein Traumziel noch Patagonien. Heute sagt er: "Ich bin in den Alpen zu Hause und da gibt es noch viel zu gucken."

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