Löhner Modelabel "Like a bird" kämpft ums Überleben

Löhne. Mit grüner Mode will Tanja Kliewe-Meyer die Branche umkrempeln. Die Modebranche ist von Überkonsum und einer Wegwerfgesellschaft geprägt. Daher kommt auch der Begriff Fast-Fashion: schnelle, neue und vor allem billige Ware. Doch es geht auch anders. Das Modelabel "Like a bird" von Kliewe-Meyer setzt auf Langlebigkeit, eben Slow Fashion, und recycelbare Stoffe. Innovativ. Doch ob es "Like a bird" noch lange gibt, steht in den Sternen. Das Löhner Unternehmen kämpft ums Überleben. Einen Monat lang keinen Artikel verkauft Kleidung aus Rosenviskose, Fasern aus Sojaproteinen und Kaffeeresten: Tanja Kliewe-Meyer experimentiert gern, solange die verwendeten Materialen nachhaltig sind. &bdquo;Bei uns gibt es nur Ware, die zertifiziert ist", sagt die Frau aus Spenge. Mit ihren Rosenkleidern hat sie Anfang des Jahres den "Green Product Award" gewonnen, mit einem großen Handelsverband stand eine Kooperation an, sie wurde als Gesprächspartner bei verschiedenen Veranstaltungen angefragt und hatte selbst diverse im Blick. Ihr Konzept fand Anklang. "Dann kam Corona." Einen Monat lang hat sie keinen einzigen Artikel verkauft. Doch Mitarbeiter, die Geschäftsräume auf dem Wittel, all das musste weiter bezahlt werden. "Die Soforthilfe kam genau richtig. Ich hatte nichts mehr. Doch das hat kaum die Fixkosten gedeckt", sagt Kliewe-Meyer, die ihre drei Mitarbeiter in Kurzarbeit schicken musste. Sich selbst hat sie seit Monaten kein Gehalt gezahlt. Damit das Label weiter bestehen bleiben kann, müsste sie jetzt eigentlich in die Produktion der Herbst- und Winterkollektion gehen. "Doch mir fehlen die Mittel." Kliewe-Meyer lässt ausschließlich in Europa produzieren, doch auch hier kommt die Lieferkette wegen der Corona-Krise ins Stocken. "Von Luft und Liebe kann ich meine Leute leider nicht ernähren" Kliewe-Meyer hat "Like a bird" im November 2019 neu gegründet. Die Marke besteht seit 2010, damals hat sie das Label gemeinsam mit einem stillen Geschäftspartner geführt. "Es gab einen sauberen Abschluss, ich kann alles belegen und auch ich bin wirtschaftlich sauber." Zur Neugründung hat sie ihr Eigenkapital genutzt, um das Label weiter auszubauen. "Es lief alles gut, ich war zufrieden." Doch um jetzt weiter machen zu können, braucht sie Geld. "Von Luft und Liebe kann ich meine Leute leider nicht ernähren." Einen Kredit bekommt sie aber nicht. "Alle interessieren sich nur für die Bilanzen der Vergangenheit. Keiner nimmt das Konzept der Zukunft wahr." Der Aufwind, den "Like a bird" vor Corona bekam, scheint nicht zu zählen. Obwohl es zeige, dass ihr Konzept einen Nerv treffe. "Die neue Generation setzt mehr auf Nachhaltigkeit" Auch große Modehäuser wie Brax und Seidensticker schlagen den Weg der grünen Mode ein. Ein Umdenken bei den Kunden sei wahrnehmbar, doch es ist langsam. "Deshalb wird nachhaltige Mode in Unternehmen oft quersubventioniert", sagt Alissa Sekulic vom Modeunternehmen Brax im jüngsten IHK-Magazin, dass die grüne Mode auf den Titel setzte. Jörg Deibert, Pressesprecher der IHK Ostwestfalen zu Bielefeld, ist überzeugt, dass die Nachfrage nach grüner Mode immer mehr steigen wird. "Die neue Generation setzt mehr auf Nachhaltigkeit, auf ökologische Fairness", sagt er im Gespräch mit der NW. Stichwort Greta und "Fridays for Future". Deibert: "Es ist ein Trend, dem sich auch die großen Unternehmen unserer Region widmen." In Ostwestfalen sind rund 2.000 Menschen in der Bekleidungsindustrie beschäftigt. Die Branche setzt knapp 600 Millionen Euro um, etwa ein Drittel wird exportiert. "Da ist der Handel noch nicht mit eingerechnet", so Deibert. Die Zahlen beziehen sich nur auf die Produzenten. "Ich will einfach nur überleben, dafür brauche ich keine Millionenumsätze" Er rät kleinen Unternehmen nicht aufzugeben und es mit Crowdfunding zu versuchen. "Seit der Finanzkrise 2008/2009 haben die Banken extrem hohe Auflagen finanzielle Mittel zu vergeben, wollen Liquidität sehen, Immobilien. Das trifft die Kleinen besonders hart", so Deibert. Kliewe-Meyer ist offen. "Crowdfunding, Beteiligung, stille Teilhabe", zählt sie auf und sagt: "Ich brauche liquide Mittel, um weiter zu machen, weiter zu wachsen." Einen Plan B hat Tanja Kliewe-Meyer nicht. "Ich lebe für das hier", sagt sie im Löhner Showroom und zeigt um sich. "Mir geht es darum, Konsumgütern einen Wert zuzusprechen." Sie ist überzeugt, dass das Thema Nachhaltigkeit gestärkt aus der Corona-Krise hervorgeht. "Ich will einfach nur überleben, dafür brauche ich keine Millionenumsätze." www.like-a-bird.de

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