Wie die Händler durch die Corona-Krise kommen

Löhne. Viele Menschen warten gespannt auf den morgigen Mittwoch. Politiker auf Landes- und Bundesebene treffen sich virtuell über eine Videoschalte und wollen beraten, ob die Auflagen als Folge der Coronakrise gelockert werden können. Betroffen sind alle Wirtschaftszweige, besonders der Handel und die Gastronomie. Wir haben mit einigen Unternehmern gesprochen, die ihre Läden weiter offen halten dürfen. "Von drei Standbeinen sind uns zwei weggebrochen", sagt Fleischermeister Jürgen Horst. Er betreibt die einzige Fleischerei in Löhne, die privat geführt ist. Die weiteren Fleischtheken befinden sich in den Supermärkten. Horst stützt sein Geschäft auf den Ladenverkauf, den Partyservice und das Catering auf Veranstaltungen. "Partyservice und Catering fallen in den nächsten Wochen völlig weg. Da hat es Absagen gehagelt, dabei hätten wir bis in den Juni gut zu tun gehabt", sagt Horst. "Die Leute setzen mehr auf Qualität" Zurzeit muss er alles auf den Verkauf am Tresen setzen. "Das Ladengeschäft läuft erstaunlich gut", sagt er. Da verzeichne er sogar Zuwächse. "Die Leute lassen es sich in dieser Zeit gut gehen und setzen mehr auf Qualität", sagt Horst, der auch Kunden dazu gewonnen hat. Er habe den Eindruck, dass ein positiver Effekt der Krise sei, dass sich die Menschen mehr auf die Qualität vor Ort besinnen würden. "Go local" sei nicht nur eine Phrase, habe er in den letzten Wochen beobachtet. "Das sorgt bei uns für Motivation." Er habe für die sieben Mitarbeiter bisher nur in einem geringem Maß Kurzarbeit anmelden müssen. "Da geht es anderen viel schlechter, wir können, wenn auch reduziert, weiter arbeiten." Auch Horst hat wegen der Abstandsregeln einiges verändert. So dürfen nur drei Personen zur gleichen Zeit den Laden betreten. Abholer bekommen ihre Bestellungen aus dem Fenster an der Seite des Geschäfts gereicht. Die Abstandsregeln werden vor Ladengeschäften mit Laufkundschaft und Lebensmittelverkauf besonders streng kontrolliert, weil hier zeitweise viele Menschen beim Abholen der Speisen in der Schlange stehen. Eisschlecken verboten Auch bei Eisdielen gilt ein Bannkreis von 50 Metern, in dem Eisschlecken verboten ist. Das ist gewöhnungsbedürftig, wenn das Eis über die Waffel tropft, aber die Zunge im Mund bleiben muss. Sandra Hansen hat sich damit ausführlich beschäftigt und den Zugang zu ihrer Eisdiele "Amigos" an der Werster Straße völlig neu geregelt. Die Kunden stehen jetzt in einer geführten Einbahnstraße, damit sich niemand begegnet. Alles ist bunt geschmückt, Tische und Stühle sind weg, die Eistheke ist mit Spuckschutz ausgestattet und Sandra Hansen trägt selbst eine Maske. "Meine Schwester", erzählt die gebürtige Chilenin, "ist Ärztin." Ihre südamerikanische Familie sei wegen der raschen Verbreitung des Virus in Sorge. In Chile sei sogar Militär auf den Straßen und kontrolliere die Öffentlichkeit, man dürfe nur drei Stunden täglich raus, um Lebensmittel einzukaufen. Ihre eigene Maske hat Sandra Hansen mit bunten Puscheln beklebt, die wie Eiskugeln aussehen. "Für die Kinder", sagt die Eisverkäuferin. Die Kleinen sollen keine Angst haben. Deren größte Sorge dürfte allerdings dem Eis gelten, an dem sie doch nicht lecken dürfen. Und wenn das Eis tropft? "Einfach um die Wette rennen", sagt Hansen. Das Eis ist dann schnell außerhalb der 50 Meter Bannkreis - wenn es noch in der Waffel ist. Boom auf dem Wochenmarkt Auch Roland Prüße von der Gärtnerei Arnholz-Prüße darf seine Blumen weiterhin verkaufen. "In der ersten Phase sind die Leute zuhause geblieben. Da hatten wir ziemliche Einbußen. In der Woche vor Ostern hatten wir aber mehr Kunden als üblich", sagt er. Das liege daran, dass die Menschen nicht wegfahren können und es sich lohnen würde, für das Osterfest daheim Blumen zu kaufen. Seinen Laden hat er angepasst. An der Kasse gibt es einen Plexiglasschutz, für das Außengelände hat er eine zweite Kasse aufgestellt. Einen richtigen Boom erlebt Prüße mit seinen Ständen auf den Wochenmärkten in Bad Oeynhausen. "Auf dem Samstagsmarkt durften wir eine Woche nicht verkaufen, als das wieder möglich war, sind die Kunden in Scharen gekommen." Das gleiche gelte für den Markt am Mittwoch in der Kurstadt. Dort sei er zum ersten Mal seit Jahren am vergangenen Mittwoch wieder gewesen. "Das hat sich eigentlich nicht mehr gelohnt." Er habe nach den guten Erfahrungen vom Samstag einen neuen Versuch machen wollen. Mit seiner Einschätzung lag er richtig. "Ich habe an einem Mittwoch noch nie so ein gutes Geschäft gemacht, wie an diesem Tag." "Wenn das nicht funktioniert, dann sieht es Finster aus" Er geht davon aus, dass Wochenmärkte beliebt sind, weil die Menschen im Freien einkaufen können. "Die gehen ganz automatisch auf Abstand. Das läuft alles ganz entspannt ab." Dazu komme, dass mehr Menschen auf dem Wochenmarkt sind, weil sie jetzt Zeit hätten. Auf gute Umsätze sind Gärtnereien wie Prüße in diesen Wochen besonders angewiesen. "Mit dem Erlös aus dem Verkauf der Frühjahrsblumen finanzieren wir den Anbau der Sommerblumen. Wenn das nicht funktioniert, dann sieht es echt finster aus", sagt Roland Prüße.

Meistgelesen