Das Löhner Werre-Wehr wird zersägt

Löhne. Die wichtigste Hochwasser-Stauanlage zwischen Teutoburger Wald und Wiehengebirge wird abgeflacht. Zwei Facharbeiter zersägen seit Anfang der Woche mit einer Diamant-Seilsäge die Stahlbeton-Staubalken des Werre-Wehrs an der Löhner Schützenbrücke. Unter diesen Querbalken kann im Notfall das Wasser angestaut und kontrolliert abgelassen werden. Damit Extrem-Hochwasser künftig besser abfließen können, wird das Wehr nun 76 Zentimeter flacher. Anderthalb Arbeitstage haben Gerhard Werner und Matthias Roog von der Firma Keller bereits an dem ersten von vier Betonbalken herumgesägt und drei Scheiben herausgeschnitten. Dienstagmittag hat ein 60-Tonnen Autokran die erste Scheibe aus dem Betonbauwerk gehoben. Der Kran hatte rund sieben Tonnen Stahlbeton am Haken. Die Sägearbeiten sind nach Auskunft von Steffen Veenaas vom Werre-Wasserverband (WWV) notwendig geworden, weil das Werre-Wehr nicht mehr den Anforderungen an moderne Hochwasserstauanlagen enstpricht. Die Aufsichtsbehörde, die Bezirksregierung Detmold, hat noch einmal nachgerechnet, wie viel Wasser bei einem Extrem-Hochwasser aus einem Großteil von Ostwestfalen-Lippe in Löhne ankommt, angestaut werden kann und dann in den Unterlauf der Werre Richtung Bad Oeynhausen abgegeben werden muss. So ein Extrem-Hochwasser kann angeblich statistisch alle 10.000 Jahre vorkommen. Neue Sicherheitsanforderungen für Hochwasser-Anlagen Bei dieser Rechenaufgabe ist nun offenbar ein anderes Ergebnis herausgekommen als in den 1970er Jahren, als das Werre-Wehr gebaut worden ist. Allerdings haben die Hochwasser-Experten aus Detmold auch andere Variabeln verwendet. Die wichtigste Änderung: Die Sicherheitsanforderung für Stauanlagen hat sich verändert. Festgeschrieben wird diese technische Norm laut Veenaas in der Deutsche Industrienorm (DIN) 19700. Ganz praktisch bedeutet das: Das Löhner Werre-Wehr ist gemessen am heutigen Stand der Technik überdimensioniert. 2,5 Millionen Kubikmeter Wasser können hier zurückgehalten werden, damit die tieferliegenden Teile von Löhne und Bad Oeynhausen nicht überflutet werden. Im März wurde der Baumbestand im Unterlauf der Werre bis zur Kronprinzenbrücke erheblich verringert. Auch das ist eine Konsequenz der neuen Sicherheitsanforderungen für den Hochwasserschutz. Die Wassermenge, die nach dem Zersägen des Werre-Wehrs an Bad Oeynhausen im Hochwasserfall fließt, wird jedoch nicht verändert. "Wir regulieren den Wasserstand durch Schleusen unter den Betonbalken", sagt Veenaas. Wäre das Werre-Wehr eine Badewanne, würde nur der Überlauf ein bisschen tiefer gelegt. Der Stöpsel bliebe wie er ist. Durch ihn wird der Wasserstand kontrolliert, nicht durch den Überlauf. Die Bauarbeiten sollen vier Wochen dauern Vier Schleusen im Werre-Wehr bedeuten jeweils vier rund 6,50 Meter breite und mehrere Meter hohe Staubalken. Für jede Schleuse rechnen die Arbeiter rund eine Woche Zeit. Und anders als bei den Arbeiten für die Sohlgleite spielt das Wetter mit. Ist der Beton erst einmal zersägt, werden Ösen darauf verschraubt, damit ein Autokran den Betonmüll auf einen Lastwagen heben kann. Weil der Kran aber nur am Werre-Ufer stehen kann, werden in den nächsten Wochen immer größere Autokräne mit mehr Gegengewichten eingesetzt. Auf die angeschnittenen Stellen im Beton kommt Mörtel und dann eine Kappe aus Edelstahl, erklärt Wolfgang Schäkel. Versiegelt wird das Ganze durch eine Kunstharzmischung. Firmenchef Schäkel selbst nahm am Dienstag das Aufmaß. Die Bleche werden passgerecht im Münsterland gefertigt und dann vor Ort eingebaut. So lange bleibt das Gerüst in der ersten Schleuse stehen. Rund 220.000 Euro kosten die Bauarbeiten am Werre-Wehr nach Auskunft von Veenaas. Rund 80 Prozent der Kosten trägt das Land NRW, den Rest muss der Werre-Wasserverband selbst bezahlen. Auf der Nord-Ostseite des Wehrs zum Brückenhaus plant die Stadtverwaltung derzeit einen neuen Zugang zu den Werreauen.

Meistgelesen