Spedition Kemena will Gütergleis in Löhne für Transporte reaktivieren

Löhne. Die Stadt Löhne ist nicht nur Heimat zahlreicher Eisenbahner, sie ist selbst ein Eisenbahnunternehmen. Zwar ohne Lokomotiven, aber mit eigenen Schienen. Seit dem Jahr 2003 betreibt die Verwaltung ein wenige Hundert Meter langes Gütergleis ins Gewerbegebiet Falscheide - wo Hermes früher sein Haupt-Logistikzentrum hatte. Der Anschluss an die Eisenbahn wurde 1971 gebaut. Inzwischen sind die Gleise unbenutzt verrostet, zahlreiche Holzschwellen morsch und die Weichen reparaturbedürftig. Der Stadtrat muss deshalb die Frage beantworten: abreißen oder erneuern? Beide Entscheidungen kosten Geld, ob es Fördergelder für die Sanierung gibt, ist noch unklar. Die Deutsche Bahn hat die Strecke untersucht - und wegen Gefährdung der Verkehrssicherheit am 5. Oktober 2018 stillgelegt. Bis 2022 muss zudem die Anschlussweiche erneuert werden. Das Falscheider Gütergleis ist nämlich direkt an die vielbefahrene Eisenbahnmagistrale zwischen den westeuropäschen Häfen und Osteuropa angeschlossen. Der Abriss kostet deutlich weniger Die Stadtverwaltung taxiert die Abrisskosten auf etwa 245.000 Euro, die Erneuerung käme dagegen auf etwa 380.000 Euro. Bis vor wenigen Wochen wäre das Schicksal des Gütergleises in Falscheide mit Blick auf die chronisch klammen Stadtkassen und die drohende Haushaltssperre wohl besiegelt gewesen. Da hätte es auch nicht geholfen, dass sich die Stadt Löhne als klimafreundliche Kommune versteht. Seit August keimt jedoch Hoffnung für das Falscheider Gütergleis. Die Spedition Kemena bekundet Interesse an einer Nutzung. "Wir wollen erhebliche Verkehre auf die Schiene verlegen", sagt Firmenchef Timo Jording im Gespräch mit der NW. Die Spedition habe gute Erfahrungen mit Güterverkehr auf dem Gleis gemacht. Am Firmensitz in Gütersloh würden jedes Jahr 300.000 Tonnen Güter über Gleise geschoben. Etwa 4.000 Waggons transportieren klimafreundlich jedes Jahr, was ansonsten 12.500 Lastwagen über die Straßen fahren würden. Anschlüsse gehören nicht der Stadt Das Gütergleis in Falscheide gehört zwar der Stadt Löhne. Die Anschlüsse an die einzelnen Gewerbegrundstücke gehören jedoch den jeweiligen Eigentümern der Grundstücke. Das sind drei an der Zahl. Im Jahr 2003 hat die Stadt mit ihnen einen Vertrag geschlossen, der die Grundstückseigentümer zwar von Nutzungsentgelten befreit, ihnen zugleich aber die Kosten für den Betrieb der Gleisanlage aufs Auge drückt. Die Stadt war so bisher von anfallenden Betriebskosten freigestellt. Zwei von drei Miteigentümern sind skeptisch Würde das Gleis nun reaktiviert, müssten die drei Eigentümer, im Verwaltungssprech werden sie "Nebenanschließer" genannt, tief in ihre Taschen greifen. Damit konfrontiert, gab nach Auskunft der Stadtverwaltung unterschiedliche Reaktionen. Die ersten kündigten an, den Gleisvertrag zu kündigen, die zweiten erwarten eine Beteiligung der Stadt an den Kosten und der dritte bekundete zwar grundsätzlich weiterhin Interesse am Anschluss, machte aber keine weiteren Angaben zu einer möglichen Kostenübernahme. Die Verwaltung sieht zwei Möglichkeiten: Löhne muss entweder eine Infrastruktur sanieren, "die zuletzt tatsächlich niemand" genutzt habe oder "unter Einsatz erheblicher Mittel" einen "klimafreundlichen Güterverkehrsweg der Zukunft" aufzugeben. So steht es in der Sitzungsvorlage für den Planungsausschuss des Stadtrates, der über den Gleisanschluss berät. Kemena sieht Wachstumschancen durch Schienengüterverkehr Ob und wie viel Fördergeld aus staatlichen Töpfen die Gleiserneuerung möglicherweise versüßen könnte, ist noch unklar. Aus Sicht der Bezirksregierung und des Landes NRW sei es "förderdienlich", wenn ein Nutzungsnachweis fürs Gütergleis erbracht werden könnte. Und den liefert Kemena. Die Spedition hat das erste der drei Grundstücke in Falscheide erworben, eben weil es einen Gleisanschluss hat. Firmenchef Timo Jording sieht Wachstumschancen beim Schienenverkehr mit Blick auf die eigenen Erfahrungen am Standort Gütersloh. In Falscheide will Kemena vor allem die Möbelindustrie übers Gleis bedienen. Reaktivierung der Gütergleise verfolgen Die Stadtverwaltung schlägt dem Planungsausschuss deshalb vor, die Reaktivierung des Gütergleises weiterzuverfolgen. Man wolle gemeinsam mit Kemena zunächst einen Förderantrag in Düsseldorf und Detmold stellen. Die Sanierung der Schienen soll dann womöglich nur bis zum neuen Kemena-Grundstück gehen. Das Restgleis könnte im Fall des Falles nachträglich saniert werden. Wenn Düsseldorf und Detmold darüber entscheiden, ob sie Geld für die Gleissanierung in Löhne geben, müsse der Stadtrat grundsätzlich über Abriss oder Erneuerung entscheiden. Der Planungsausschuss trifft sich am Donnerstag, 26. September, ab 18.30 Uhr im großen Sitzungssaal des Rathauses.

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