Parteien erleben Mitglieder-Boom: Warum sich eine junge Frau jetzt im Kreis Herford engagiert

Kirchlengern. An den Moment, als sie den Entschluss zum Beitritt bei den Grünen gefasst hat, kann sich Svenja Besgen noch genau erinnern. &bdquo;Als Friedrich Merz im Bundestag kurz vor der Neuwahl mit der AfD gestimmt hat. Das war der letzte Schubs, wo ich gesagt habe, dass ich nicht länger auf meinem Hintern sitzen bleiben kann.“ Die 34-jährige Kirchlengeranerin ist kein Einzelfall. Und nicht nur die Grünen erleben gerade eine wahre Mitgliederflut. Im Zuge der politisch aufgeheizten Stimmung rund um den Ampel-Bruch Anfang November 2024 haben offenbar viele Menschen das Gefühl gehabt, dass Wählen alleine nicht mehr ausreicht. Während CDU und SPD laut Medienberichten deutschlandweit nicht davon profitieren konnten, verdoppelte die Linke seit Mitte 2024 die Zahl ihrer Mitglieder von gut 50.000 auf etwa 110.000. Die AfD legte Meldungen zufolge seit Ende 2023 von knapp 40.000 auf rund 52.000 Mitglieder zu. Und die Grünen wuchsen zwischen Ende 2023 und Februar 2025 von etwa 126.000 auf knapp 170.000 Mitglieder. Mehr zum Thema: Parteien verzeichnen nach Bundestagswahl Mitgliederzulauf In Kirchlengern habe man sich seit dem Ampel-Aus sogar annähernd verdoppeln können, berichtet Olaf Bode, Kassierer und Mitgliederbeauftragter des Ortsverbandes der Grünen. &bdquo;Wir sind seitdem von 12 auf 23 Mitglieder angewachsen“, sagt der 61-Jährige. Und eine der Neuen ist Svenja Besgen. Verunglimpfung von Habeck, Baerbock und Lang kritisch beäugt Sie sei schon immer Grünen-Wählerin gewesen, sagt sie. Daher habe sie die Verunglimpfung der Grünen und hier insbesondere von Robert Habeck, Annalena Baerbock oder Ricarda Lang vor allem von Rechts und Rechtsaußen besonders kritisch beäugt. &bdquo;Ich fand den Umgang der Grünen damit aber sehr souverän“, sagt Besgen. Zum Thema: Kommunalwahl 2025 im Kreis Herford Sie selbst will keinesfalls nur als passives Mitglied dabei sein, sondern aktiv mitgestalten. &bdquo;Man kann immer leicht über alles schimpfen, aber sich selbst einbringen, das wollen die wenigsten. Ich habe aber Bock, etwas zu machen“, sagt die 34-Jährige, der der Rechtsruck in Deutschland Sorgen bereitet. Und deshalb hat sie sich auch nur wenige Wochen nach ihrem Parteieintritt für die Kreistagswahl am 14. September aufstellen lassen. Auf der Kreiswahlversammlung der Grünen Anfang April wurde Besgen auf Listenplatz sieben gewählt. Spontane Entscheidung für Herforder Kreistagskandidatur &bdquo;Auf der Versammlung habe ich mich spontan entschieden, für den Kreistag und nicht für den Rat in Kirchlengern zu kandidieren“, sagt sie. Ihre Themen seien Frauenrechte sowie natürlich der Klima- und Naturschutz. Als Rehmerloherin sei das quasi selbstverständlich. Schließlich befinde sich mit dem Rehmerloh-Mennighüffer Mühlenbachtal das größte Naturschutzgebiet des Kreises in ihrer direkten Nachbarschaft. &bdquo;Vor ihrer Wahl hat sie aus dem Stegreif eine engagierte Rede gehalten und sie ist daraufhin mit 100 Prozent gewählt worden“, sagt Olaf Bode über die erfrischende Art seiner neuen Mitstreiterin. Der ist so viel Lob ein bisschen peinlich. Auf den Mund gefallen ist sie allerdings tatsächlich nicht. &bdquo;Die etablierten Parteien haben die vergangenen Jahre geschlafen, was Social Media angeht.“ Das habe die AfD strategisch besser gemacht und das gelte es nun aufzuholen. &bdquo;Der größte Teil der Wähler ist zwar über 50 Jahre alt, aber man darf die jungen Leute nicht außer Acht lassen“, fordert sie. 📱News direkt aufs Smartphone: Kostenloser WhatsApp-Kanal der NW Kreis Herford Heidi Reichinnek zeigt, wie Social Media geht Wie erfolgreich Parteien mit einer gut durchdachten Social-Media-Strategie vor allem bei jüngeren Menschen sein können, hat Heidi Reichinnek, Frontfrau der lange Zeit totgesagten Linken, erst bei der jüngsten Bundestagswahl gezeigt. Dass gerade Lokalpolitik mit der schnelllebigen Welt auf Tiktok und Co. nicht so viel zu tun hat und hier die Mühlen oftmals noch langsamer als ohnehin schon mahlen, ist Svenja Besgen aber bewusst. &bdquo;Hartnäckigkeit und immer wieder hingehen und immer wieder nerven“, will sie dem im Falle ihrer Wahl entgegensetzen. Olaf Bode hofft, dass die Einsteigerin diesen Elan behält. Denn er weiß, dass viele, die neu in eine Partei eintreten, schnell wieder das Handtuch werfen. &bdquo;Erst nach zwei Jahren, sagt man, sind die meisten richtig dabei.“ Daher sei es für ihn wichtig, dass der Spaß bei der Parteiarbeit nicht auf der Strecke bleibe. &bdquo;Und der Spaßfaktor ist im Ortsverband Kirchlengern gegeben“, verspricht er. Dafür sorgten regelmäßige Veranstaltungen wie ein Stammtisch. 17 Menschen aus Kirchlengern hätte er noch im E-Mail-Verteiler stehen, die sich einen Parteieintritt ebenfalls vorstellen könnten. Svenja Besgen muss er nicht mehr überzeugen. Sie fühlt sich bestens aufgenommen bei den Grünen und hat ihre Entscheidung, sich gerade jetzt politisch zu engagieren, bislang noch nicht bereut.

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