Bauprojekt Steinbreede: Welche Folgen die Zustimmung unter Vorbehalt hat

Kirchlengern. Etwa 30 Bürger wohnten am Mittwochabend der Sitzung des Planungsausschusses im Rathaus Kirchlengern bei – ein eher seltenes Bild. Doch sie fürchten seit mehr als einem Jahr, dass ihre Wohngebiete im Bereich Kämpersiek und Stockfeldstraße künftig von wesentlich mehr Fahrzeugen durchfahren werden als bis jetzt. Grund für die Sorge ist das geplante Wohnprojekt Steinbreede von Blumengroßhändler Marian Menke, dessen Firmengelände im Süden an die Freifläche grenzt. Ein Millionenprojekt, das nach dem Beschluss des Planungsausschusses nun noch wesentlich teurer werden könnte. Ein vom Investor in Auftrag gegebenes Gutachten zur künftigen Verkehrssituation rief bei den Bürgern Reaktionen zwischen Kopfschütteln und Hohn hervor. Das Problem 26 Grundstücke, die überwiegend mit Einfamilienhäusern und im südlichen Bereich der Fläche zwischen dem Mühlenbach und der Stockfeldstraße mit Stadtvillen bebaut werden sollen, stehen auf dem Plan des Investors. Im Grunde ein Projekt mit Zukunft, wenn man an den Wohnraumbedarf denkt. Das Plangebiet Steinbreede ist allerdings kaum zu erreichen, ohne dass umliegende Wohngebiete belastet werden. Gutachter Oliver Krey von der Ingenieurgruppe IVV aus Aachen präsentierte den Ausschussmitgliedern und Anwohnern aber eher gefällige Zahlen, die seinen Worten nach auf statistischen Werten beruhen, die gemäß verschiedener Vorschriften für Gutachten zu wählen seien. Das Gutachten Krey kommt dabei auf statistische 78 bis 91 Bewohner, die künftig in den 26 Häusern (Wohneinheiten) leben würden. Sie zusammen würden seiner Berechnung zufolge im Durchschnitt täglich 154 Fahrzeugbewegungen verursachen – mindestens 121 und maximal 186 Fahrten. Bei den Anwohnern, die in einer Sitzungsunterbrechung zu Wort kamen, sorgten diese Zahlen für Unverständnis. Volker Paul, Anwohner der Steinbreede, bezweifelte die Richtigkeit von Kreys Berechnung. Paul sagte: &bdquo;Wir Anwohner sind unter Zugrundelegung unserer eigenen Fahrzeugnutzung auf ein Vielfaches gekommen. Nämlich 800 bis 1.000 Fahrzeugbewegungen pro Tag.“ Darüber hinaus rief auch der Untersuchungszeitpunkt Skepsis hervor: Dienstag, 7. Dezember 2021. Eine Anwohnerin fragte den Gutachter, ob er denn berücksichtigt habe, dass zu der Zeit einerseits coronabedingt, aber auch bedingt durch die Jahreszeit weniger Verkehr stattfand. &bdquo;Viele Kinder wurden wegen Corona nicht in die Kita gebracht und auch der Freizeitverkehr dürfte im Winter wesentlich geringer sein“, monierte die Frau. Gutachter Oliver Krey gab zwar zu, dass man die Schließung der Kitas zwar nicht berücksichtigt habe, die Zahlen ansonsten aber belastbar seien und entsprechend hochgerechnet wurden, so dass sie auch auf andere Jahreszeiten passen würden. Die Skepsis bei den Zuschauern blieb und Volker Paul bemängelte, dass die Daten für ein solches Gutachten zu verschiedenen Jahreszeiten erhoben werden müssen, um annähernd belastbar zu sein. &bdquo;Wir sind hier auf dem Land. Da wird fast jeder Weg mit dem Auto zurückgelegt“, sagte Paul. Ausschussmitglied Sven Obernolte (CDU) zeigte sich aus noch einem anderen Grund &bdquo;erstaunt über das Gutachten“. &bdquo;Es fehlt etwas ganz Gravierendes darin. Nämlich der Lastverkehr während der Bauphase, der zu ganz erheblichen Einschränkungen für die umliegenden Anwohner führen wird.“ Gutachter Oliver Krey erklärte verteidigend, dass es nicht üblich sei, den Baustellenverkehr bei einem Gutachten zu berücksichtigen, sondern lediglich den Verkehr, der ansteht, wenn die Bauphase abgeschlossen sei. Mit Blick auf den Klimaschutz merkte Anwohner Volker Paul zudem an, dass sich die meisten Gründe für Fahrzeugbewegungen südlich des Baugebiets befinden würden: Kita, Einkauf, Arzt. &bdquo;Warum erschließt man das Wohngebiet dann nicht gleich südlich von der Stiftstraße?“, fragte Paul in der Sitzung. Gutachter Krey sagte dazu, dass das grundsätzlich möglich sei, allerdings komme der Erschließungsverkehr in Konflikt mit den Abläufen der Gärtnerei. Die gehört dem Investor Marian Menke, der genau für dieses Szenario eine Berechnung anstellen ließ, die von Michael Doemke von der Gemeindeverwaltung präsentiert wurde. Eine Lösungsmöglichkeit Menke hat sich Angebote für Abriss und Neubau von Gewächshäusern und weiterer Umgestaltungen seines Betriebs an der Stiftstraße erstellen lassen, die nötig wären, um die Erschließung aus dieser Richtung möglich zu machen. &bdquo;Dabei kommen 1,38 Millionen Euro zusammen, die der Investor auf die Grundstückspreise umlegen wird“, so Doemke. Bei 16.600 Quadratmetern macht das einen Mehrpreis von rund 83 Euro pro Quadratmeter aus, was das Interesse an den Grundstücken nicht gerade steigern dürfte. Die Kriterien der Politik Dieter Bentrup (CDU) präsentierte schließlich das Ergebnis einer Sitzung der Fraktionsspitzen, die sich in der vergangenen Woche getroffen haben, um sich abzustimmen. Nacheinander erklärten die Sprecher in der Sitzung am Mittwoch, dass sie nur unter drei genannten Voraussetzungen der weiteren Planung zustimmen: 1. Die Grünstreifen in Richtung Naturschutzgebiet Mühlenbach werden nicht an die Grundstücksbesitzer veräußert. 2. Die Erschließung soll nach Fertigstellung des Wohngebiets über alle Straßen, einschließlich der Stiftstraße erfolgen. 3. Die Zuwegung des Baustellenverkehrs während der Bauphase soll ausschließlich über die Stiftstraße erfolgen. Dieser Beschluss macht die zuvor genannte Umgestaltung des Firmengeländes des Blumengroßhandels nötig. Der Beschluss fiel einstimmig und rang den anwesenden Anwohnern Beifall ab. Wie es weitergeht Letztlich muss der Gemeinderat in der kommenden Woche am Donnerstag noch zustimmen, was bei der Geschlossenheit im Fachausschuss im Grunde als sicher gelten kann.

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