"Raum für Tränen und Verständnis": Wo Kranke und Angehörige in Hiddenhausen Hilfe bekommen

Hiddenhausen. &bdquo;Zu Hause sind wir zu zweit, und doch bin ich allein“, bringt eine Teilnehmerin auf den Punkt, was alle Mitglieder der Gruppe bestätigen. Zehn Menschen sind es, die sich seit dem 5. Mai wöchentlich im Café des Stephanus-Zentrums zum gemeinsamen Mittagessen treffen – fünf Paare, jeweils einer der Partner ist an Demenz erkrankt. Das Projekt &bdquo;Sprechen gegen die Einsamkeit“ wird von der Sparkasse Herford gefördert und fand am vergangenen Freitag zum vorerst letzten Mal statt. Geleitet wurde die Gruppe von Familientherapeutin und Demenzberaterin Karin Alex. &bdquo;Wir haben bewusst eine Paar-Gruppe gegründet, damit die Rahmenbedingungen ähnlich sind. Wer sich um seine demenzkranke Mutter oder seinen Vater kümmert, der befindet sich auf einer anderen Beziehungsebene“, so Alex. Er habe eigentlich gar nicht gemerkt, dass er einsam war, erzählt Teilnehmer Werner Slansky. Er nimmt gemeinsam mit seiner Frau Helga an den Treffen teil, die an Demenz erkrankt ist und die er im Alltag zu Hause versorgt. &bdquo;Wir sind ja schließlich zu zweit zu Hause, aber seit meine Frau nicht mehr spricht, habe ich tatsächlich keinen Ansprechpartner mehr. Und der Fernseher kann das auch nicht ersetzen.“ Seine Tochter habe ihn auf die Gruppe aufmerksam gemacht, erzählt Slansky. Und er gibt auch zu, dass er anfangs gar nicht von der Idee zur Teilnahme begeistert war. &bdquo;Es kostet Überwindung“, sagt er. &bdquo;Aber als ich das erste Mal hier war, habe ich gemerkt, wie gut das tut, unter Gleichgesinnten zu sein und den Austausch zu haben.“ Raum für Tränen und Verständnis Die Treffen dauern einmal in der Woche zwei Stunden und starten zur Mittagszeit. &bdquo;Alle setzen sich dann erst einmal zusammen und essen – Erkrankte und Pflegende“, so Karin Alex. Das sei wichtig, da so eine vertrauensvolle Atmosphäre entstehe. &bdquo;Nach dem Essen trennen wir uns bewusst, aber häufig sind Erkrankte und pflegende Partner lediglich durch eine Glasscheibe voneinander getrennt. So können sie sich zwischendurch mal zuwinken“, so Alex. Die Erkrankten werden in dieser Zeit natürlich betreut und beschäftigt. Es sei aber durchaus wichtig, auch mal ohne den Partner zu sprechen, betont Werner Slansky. &bdquo;Manche Dinge würde ich in Gegenwart meiner Frau einfach nicht sagen, um sie nicht bloßzustellen. Aus Rücksicht. Ich würde mich dann als Verräter fühlen. Aber raus müssen sie eben trotzdem.“ Es gebe Tage, sagt eine weitere Teilnehmerin, &bdquo;da muss ich fünf Mal in der Nacht auf stehen und zwei Mal davon muss ich das Bett neu beziehen“. So sehe der Alltag oft eben aus und er sei mit zahlreichen Anstrengungen verbunden. &bdquo;Hier treffe ich auf Menschen, die einen ähnlichen Alltag haben, die sich das vorstellen können. Und die Verständnis haben, wenn ich einfach mal müde bin, Oder traurig.“ Für Tränen sei ausdrücklich auch Raum in der Gruppe, betont Karin Alex. &bdquo;Weinen ist wie Seele waschen“, fügt sie hinzu. Und gar nichts hält die Familientherapeutin dagegen von Ratschlägen. &bdquo;Die sind häufig wie Schläge in Form von Rat – zwar gut gemeint aber wenig hilfreich. Wichtig ist, dass gemeinsam geschaut wird, was in der jeweiligen Situation helfen könnte.“ Und dabei sei die Kommunikation untereinander so wichtig. &bdquo;Die Lösung für die Probleme ist meist schon in jedem selbst. Er oder sie muss dann nur gefragt werden, was hier gut tun könnte.“ "Lass den Wintermantel doch zu Hause - den kannst Du noch schonen" Schwerpunktthemen in der Gruppe waren in den vergangenen Wochen zum Beispiel Schuldgefühle, Geduld oder Isolation. Auch der Umgang mit bestimmten Alltagssituationen ist besprochen worden. Karin Alex hat dazu ein Beispiel: &bdquo;Es ist Sommer und heiß draußen. Meine demenzkranke Frau möchte aber unbedingt ihren Wintermantel für den Spaziergang anziehen. Wichtig ist hier, nicht zu schimpfen oder einfach zu verbessern.“ Die Situation zu lösen, ohne dass es für die Betroffene unangenehm wird, sei das Ziel. Alex’ Tipp: &bdquo;Wenn ich sage ,Lass den Wintermantel doch zu Hause – dann kannst Du ihn noch schonen’ werde ich wahrscheinlich schneller auf Zustimmung stoßen.“ In einem Punkt sind sich die Gruppenteilnehmer einig: &bdquo;Auch wenn die Förderzeit endet, wir treffen uns weiter!“ Und genau das, so Manuela Schock, Leiterin des Stephanus-Zentrums, sei ein großer Wunsch gewesen: &bdquo;Wir haben uns gewünscht, dass unser Mittagstreff nur eine Basis ist zu einem privaten Netzwerk. So haben die Paare die Chance, einen neuen Freundeskreis aufzubauen.“ Neue Gruppe startet am Montag, 7. August Da die erste Gruppe ein solcher Erfolg war, soll es nun noch eine weitere geben. Ab Montag, 7. August, startet der nächste neue Mittagstreff für Menschen mit Demenz und ihre Angehörigen von 12 bis 14 Uhr im Stephanus-Zentrum in Hiddenhausen. Voraussetzung ist lediglich, dass ein Lebenspartner an Demenz erkrankt ist. Die Kosten für das Mittagessen inklusive Getränke betragen 7 Euro. &bdquo;Ich hoffe, dass viele den Mut finden, sich zu melden“, so Karin Alex. Selbst wer sich nicht ganz sicher sei, ob er oder sie teilnehmen möchte, könne gerne erst einmal anrufen und sich beraten lassen – wenn gewünscht auch anonym. Wer Interesse an der Gruppe hat, sich beraten lassen möchte oder Fragen zu dem Angebot hat, kann sich melden bei Karin Alex unter Tel. 05221 66779 oder per E-Mail an karin-alex1@web.de.

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