Tödlicher Unfall bei mutmaßlichem Motorradrennen: "Wir wollten Spaß haben"

Hiddenhausen. Es geht um ein Geschehen, das noch heute für Bestürzung sorgt: Am 8. März des vergangenen Jahres fuhren zwei Motorradfahrer mit deutlich überhöhter Geschwindigkeit auf der Oberen Talstraße in Oetinghausen. Einer der Fahrer übersah dabei einen auf der Straße stehenden Mann. Es kam zur Kollision, der Anwohner starb noch am Unfallort. Nun müssen sich die Motorradfahrer unter anderem wegen des Verdachts der Teilnahme an einem verbotenen Kraftfahrzeugrennen mit Todesfolge vor dem Bielefelder Landgericht verantworten. +++Update: 2. Prozesstag: Tödlicher Unfall in Hiddenhausen: Angeklagter Motorradfahrer sagt aus +++ Schon vor dem in Rede stehenden Abend soll es im Bereich des späteren Unfallorts immer wieder zu Belästigungen der Anwohner durch laute und zu schnelle Motorräder gekommen sein. Am 8. März 2022, so trug Staatsanwalt Veit Walter zu Beginn der Verhandlung aus der Anklageschrift vor, seien die beiden Herforder Erik F. (24) und Oliver V. (19; Namen aller Betroffenen geändert), mit nicht zugelassenen Motorräder in und um Herford herum unterwegs gewesen. Die Staatsanwaltschaft geht dabei bislang von folgendem Geschehen aus: An jenem Abend fuhren die beiden Angeklagten mit ihren Motorrädern der Marken Yamaha und Honda ohne Kennzeichen, dafür aber mit lauten Auspuffanlagen durch die Gegend. Oliver F. hatte zudem die Drossel, die zur Leistungsminderung seines Zweirads dient, ausgebaut, um eine höhere Geschwindigkeit erreichen zu können. Motorradfahrer sollen mit Tempo 70 durch Hiddenhausen gerast sein Mit der maximal möglichen Geschwindigkeit fuhren die Angeklagten nach Hiddenhausen, wo ein Anwohner der Oberen Talstraße die Motorräder schon von Weitem hörte. Wohl um dem Treiben Einhalt zu gebieten, ging der 58-Jährige aus dem Haus und trat auf die Mitte der Fahrbahn. Aus einer Kurve kommend überholte Erik F. seinen Motorrad-Kumpel. Dabei übersah er den auf der Straße winkenden Mann. Sein Fahrzeug erfasste mit etwa Tempo 70 den Anwohner, der noch am Unfallort seinen Verletzungen erlag. Oliver V., der den Unfall bemerkt hatte, fuhr davon, ohne sich um die Unfallbeteiligten zu kümmern. Eine Blutprobe ergab später, dass F. mit rund 0,8 Promille unterwegs gewesen war. Darüber hinaus hatte er zu jener Zeit wegen einer vorangegangenen Trunkenheitsfahrt auf einem E-Scooter keine Fahrerlaubnis mehr. Ein Fahrer sitzt seit dem Unfall im Rollstuhl Im Gerichtssaal mieden die beiden Angeklagten jeglichen Blickkontakt. Erik F. hatte bei dem Unfall schwerste Verletzungen erlitten, sitzt seither im Rollstuhl. Sein Verteidiger Jerrit Schöll erklärte, dass sich F. grundsätzlich zu den Vorwürfen äußern wolle. Dies werde jedoch erst an einem der folgenden Verhandlungstage geschehen. Dafür berichtete Oliver V. ausführlich von seiner – wohl ehemaligen – Freundschaft mit Erik F. sowie den Geschehnissen rund um den fürchterlichen Unfall. Dabei zeichnete er das Bild zweier junger Männer, die die Leidenschaft für Autos und Motorräder teilten. Zeitweise hätten sie sich beinahe täglich getroffen, um an ihren Fahrzeugen zu schrauben oder durch die Gegend zu fahren, so der 19-Jährige. Zwar habe er, so V., dabei stets zugesehen, sich nicht zu gefährden. Doch räumte er unverblümt ein, dass die beiden Angeklagten &bdquo;die Straßenverkehrsordnung weitgehend ignoriert“ hätten. Es sei ihnen um möglichst viel Spaß gegangen Der Vorwurf der Unfallflucht treffe zu, ebenso der Vorwurf, mit einem nicht zugelassenen und umgebauten Motorrad unterwegs gewesen zu sein. Allerdings betonte V., dass es sich bei den Fahrten der beiden nie um Rennen gehandelt habe. Es sei stets darum gegangen, möglichst schnell zu fahren und möglichst viel Spaß zu haben. Aber das Motorrad von F. habe 30 PS mehr gehabt. &bdquo;Das mag beim Auto nicht viel sein, bei Motorrädern sind das Welten“, sagte der 19-Jährige. Daher hätte es auch überhaupt keinen Sinn ergeben, hätte er sich mit F. messen wollen. An der Unfallstelle sei F. hinter ihm gewesen, berichtete Oliver V. weiter. Auf der Oberen Talstraße habe er plötzlich einen Mann auf der Fahrbahn gesehen und sei rechts an diesem vorbei gefahren. Dann habe er es knallen gehört. Er habe sich umgedreht und Motorradteile fliegen sehen. Ein Motorradfahrer fährt nach dem Unfall einfach davon Doch anstatt anzuhalten, zog es de junge Mann vor, davon zu fahren. &bdquo;Ich hatte Angst davor, mich zu stellen“, sagte er nun vor Gericht. Als er ein paar Tage später während der Arbeit einen Anruf seines Vaters erhielt, dass die Polizei bei ihm zu Hause warte, sei er fast erleichtert gewesen. Eingeleitet hatte Oliver V. seine Aussage mit den Worten, dass er zunächst den Angehörigen des Unfallopfers sein Beileid aussprechen wolle. Eine Tochter des 58-Jährigen, die sich dem Prozess als Nebenklägerin angeschlossen hat, erwiderte lautstark: &bdquo;Und das fällt dir jetzt ein? Nach über einem Jahr?“ Bereits bei einer polizeilichen Vernehmung hatte V. zu den Ausfahrten der Angeklagten ausgesagt: &bdquo;Wir sind geheizt wie die Bekloppten.“ Auch hatte er seinen ehemaligen Kumpel als den nochmal draufgängerischeren Fahrer bezeichnet. Vor Gericht schloss er seine Einlassung mit den Worten: &bdquo;Es ging ums Adrenalin. Aber gelohnt hat es sich nicht.“ Der Prozess wird am 12. Mai fortgesetzt.

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