Angestellt: Seit fünf Generationen hält diese Familie der Herforder Brauerei die Treue

Hiddenhausen. Am 1. August dieses Jahres hat Valentino Wilke seine Ausbildung als Industriemechaniker Betriebstechnik bei der Herforder Brauerei begonnen. Das ist an sich nichts Ungewöhnliches, doch der 16-Jährige aus Hiddenhausen setzt damit eine lange und außergewöhnliche Familientradition fort. Seit nunmehr fünf Generationen ist die Familie Wilke bei der Herforder Brauerei beschäftigt. Ebenfalls noch aktiv mit im Betrieb ist Valentinos Vater Klaus Wilke, der als Maschinist und Kesselwärter für die Instandhaltung der Energieanlagen zuständig ist. "Ich bin seit 1983 hier", erzählt der gelernte Heizungs- und Lüftungsbauer aus Schweicheln, der quasi in Sichtweite der Brauerei wohnt. Erster im Bunde der Familie Wilke und damit der Ausgangspunkt war der Urgroßvater von Klaus Wilke, über dessen Geschichte der Familie aber nur sehr wenig bekannt ist. "Damals gab es noch keine Fotos, ich weiß leider nicht einmal seinen Vornamen", bedauert der 61-Jährige. Zu dieser Zeit sorgten noch bis zu 60 Brauereipferde für den Biertransport im 1878 gegründeten Unternehmen, erst 1911 wurde der erste Lkw angeschafft. Großvater machte eine Tischlerlehre in der Herforder Brauerei Deutlich mehr weiß er über seinen Großvater Wilhelm, der in der Brauerei eine Ausbildung als Tischler absolviert hat. "Wir haben noch ein Foto vom 50-jährigen Jubliäum der Brauerei 1928 bei uns zuhause. Darauf ist er mit seiner Verlobten zu sehen", berichtet Klaus Wilke. Sein Vater Helmut begann seine Laufbahn bei der Brauerei 1952 als Gärtner-Lehrling und war anschließend bis zu seinem Tod 1999 mit nur einem Jahr Unterbrechung dauerhaft für das Unternehmen tätig. Auch Klaus Wilkes Bruder Peter fand hier viele Jahre als Industriemechaniker seine berufliche Heimat. Die lange Verbundenheit der Familie Wilke zur Brauerei führt Klaus Wilke auch auf die räumliche Nähe zurück. Die Brauerei sei früher der größte Arbeitgeber vor Ort gewesen, da sei es einfach naheliegend gewesen, auch hier zu arbeiten. "Wir sind alle hier in der Gegend geblieben und jeder von uns hat es geschafft, ein Haus zu bauen", sagt er nicht ohne Stolz, und ergänzt: "Man spart große Mengen Geld, wenn man nicht mit dem Auto zur Arbeit fahren muss, sondern zu Fuß gehen kann." Die enge Bindung vieler Mitarbeiter habe sich auch dadurch gezeigt, dass es im Notfall nie einen Mangel an Arbeitskräften gab. "Wenn samstags mal etwas kaputt war, waren ganz schnell viele Mitarbeiter hier und haben geholfen." Neben der guten alten Zeit haben die Wilkes bei der Brauerei auch schwierigere Phasen durchgemacht. So wurde das Unternehmen im Juli 2007 von der Warsteiner-Gruppe übernommen, Zweifel am Fortbestand kamen auf. "Da haben wir uns schon unsere Gedanken gemacht, wo es hingeht", erinnert sich Klaus Wilke. Klar sei jedoch immer gewesen, dass man treu bleiben wollte. &bdquo;Und bis heute haben wir ja hier in der Brauerei eine positive Perspektive." Haustrunk war bei den Freunden sehr beliebt Damals wie heute steht jedem Mitarbeiter ein bestimmtes Kontingent an Bier, der sogenannte Haustrunk, zu. Viel Bier werde bei ihnen aber nicht getrunken, verrät Klaus Wilke. Als er selbst in Valentinos Alter alt gewesen sei, habe der Haustrunk, den sein Vater mitbrachte, nicht für ihn und seine Freunde gereicht. "Da mussten wir uns das ein wenig einteilen und haben das Bier aus kleinen Schnapsgläsern getrunken", blickt der 61-Jährige mit einem Lächeln zurück. Dass auch sein Sohn Valentino den Weg an die Gebrüder-Uekermann-Straße gefunden hat, freut den Vater, komme aber nicht überraschend: "Ich habe ihn schon früher ab und an mal am Sonntag in die Brauerei mitgenommen, das prägt", ist sich Klaus Wilke sicher. Obwohl er erst am Anfang seiner Ausbildung steht, kann sich auch Valentino eine längere berufliche Karriere im Unternehmen vorstellen. "Die Arbeit ist sehr vielseitig, wir lernen universell. So stellen wir auch Ersatzteile für die Maschinen selbst her", sagt der 16-Jährige. Vor seiner Ausbildung legte er an der Otto-Hahn-Realschule die Mittlere Reife ab, nachdem er kurz zuvor vom Königin-Mathilde-Gymnasium gewechselt war. Ein Praktikum in der Brauerei, von dem er in der Schule begeistert erzählte, habe den Ausschlag für den Wechsel gegeben. "Er hätte die Versetzung geschafft, aber die Lehrerin meinte, wenn er einen so klaren Plan im Kopf und Spaß daran hat, solle er zur Realschule wechseln und die Mittlere Reife machen, da es auf dem Gymnasium nicht einfacher geworden wäre. Das fand ich sehr fair von ihr", lobt Klaus Wilke. Auch Valentinos Freunde mögen Herforder Bier Auch für Peter Lohmeyer, Marketingleiter bei der Herforder Brauerei, ist eine so lange Familientradition in der Belegschaft ungewöhnlich. "Wir haben zwar zwei oder auch drei Generationen hier, aber dass eine Familie so lange dabei ist, ist etwas Besonderes", sagt Lohmeyer. Über eine mögliche sechste Generation im Unternehmen macht sich Valentino noch keine Gedanken. In einem Punkt hat er allerdings schon die gleiche Erfahrung wie sein Vater und vermutlich auch die Generationen davor gemacht. Der Haustrunk ist auch bei seinen Freunden sehr beliebt. "Die haben mich auch schon gefragt, ob ich etwas mitbringen kann", sagt der 16-Jährige mit einem Lächeln.

Meistgelesen