Ein Jahr nach der Flut: Hiddenhauser Familie hilft weiter

Hiddenhausen. Heftige Regenmassen haben im Juli 2021 die Flüsse in weiten Teilen von Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz rasant ansteigen lassen. Innerhalb weniger Stunden entwickelten sich aus ruhigen Gewässern reißende Ströme. 184 Menschen sind bei der Flutkatastrophe im vergangenen Jahr ums Leben gekommen, Tausende wurden obdachlos. Birgit Furchert aus Hiddenhausen stammt aus der Gemeinde Hellenthal in der Eifel und war zum Zeitpunkt der Flut zu Besuch bei ihren Eltern. Ein Jahr später ist die Katastrophe an manchen Stellen nur noch zu erahnen, erzählt die Hiddenhauserin. Der Müll ist weg, der Wiederaufbau läuft. Doch die Gespräche mit den Betroffenen sorgen bei ihr immer wieder für Gänsehaut. Knapp 300 Kilometer liegen zwischen ihrem jetzigen Wohnort Hiddenhausen und ihrer Heimat Hellenthal. Birgit Furchert ist in der kleinen Gemeinde nahe Belgien aufgewachsen. Ihre Mutter wohnt dort in ihrem Elternhaus, ihr Vater im Pflegeheim, zahlreiche Freunde und Bekannte in der Umgebung. Vor einem Jahr verbrachte Furchert mit ihrem Mann Thomas und den zwei Kindern einige Tage in Hellenthal - Gartenarbeit stand an. Dass die Familie diesen Urlaub wohl nie vergessen wird, daran dachte wohl keiner, als es am letzten Urlaubstag unablässig regnete. "Wir haben Psychologie auf der Straße betrieben" Nach Starkregen sind am 14. Juli 2021 zahlreiche Ortschaften überflutet worden. Furchert erinnert sich, dass der Regen mit den Stunden "immer heftiger" wurde. Laut sei es gewesen, "gegen 21.15 Uhr flackerte es dann dreimal, dann ging der Strom aus." Familie Furchert selbst kam glimpflich davon. Nur in den Keller drang Wasser ein. "Doch wenige hundert Meter weiter im Dorf war landunter." Die Flut riss Autos und Bäume mit sich, zerstörte Häuser und Straßen, nahm Menschen ihr Leben. "Mich beschäftigt und belastet es schon noch", sagt Birgit Furchert im Gespräch mit der NW. Sie sitzt in ihrem Wintergarten in Lippinghausen und blättert den Wochenspiegel aus Hellenthals Nachbarstadt Schleiden durch. Bei den Todesanzeigen stockt sie. In Gedenken an die Verstorbenen sind dort die Menschen abgebildet, die vor einem Jahr bei der Flutkatastrophe ihr Leben lassen mussten. "Es ist immer wieder traurig von dort wegzufahren. Ich würde gerne mehr helfen." Dabei sind Birgit Furchert und ihre Familie schon enorm engagiert. Als sie von ihrer Freundin Babsi erfuhr, dass bei ihr das Wasser bis unter die Küchendecke stand, hat sie die Idee zu einem Spendenkonto entwickelt. Gesagt, getan. Mehr als 14.000 Euro sind so zusammen gekommen. Ihr ging und geht es dabei ums Helfen, den Menschen, die vor all den Trümmern stehen, etwas Freude zu schenken. Mehrfach fuhr die Familie mit Anhängern voll Ware in die Eifel, vor Ort war dann stets tatkräftige Arbeit gefragt. Sie räumten Müll aus Flüssen, entrümpelten Häuser, halfen bei Renovierungsarbeiten und liehen den Menschen vor Ort ihre Ohren. "Wenn man auf Flutopfer trifft, erzählen sie schnell von der Nacht. Die Leute wollen reden und Zuhören ist wichtig", sagt Furchert: "Wir haben Psychologie auf der Straße betrieben." Ein Gerücht versetzte die Menschen in Panik Jede einzelne Geschichte geht ans Herz. Von dem Mann mit Rollator im Wohnzimmer, dem das Wasser schon bis zur Brust stand und der nicht alleine weg konnte. Menschen, die sich zwar auf Autodächer retten konnten, aufgrund der Strömung aber stundenlang auf Hilfe warten mussten. Betroffene, die all ihr Hab und Gut verloren haben und mehrere Wochen auf engstem Raum leben mussten. Wie Furcherts Freundin Babsi. Sie war im Urlaub, als das Wasser kam. Die Massen fluteten ihr Haus. Als sie zurück nach Hause kam, entsorgten Helfer schon die beschädigten Möbel. "Sie ist heute froh, dass sie die Panik, die nach dem Wasser entstand, nicht mitbekommen hat", erzählt Furchert. Denn das Gerücht vom Brechen der Oleftalsperre machte die Runde. Aus den umliegenden Orten wurden Menschen aus ihren Häusern evakuiert. Furchert: "Einige beschreiben diese Ungewissheit, diese Panik fast schlimmer als die eigentliche Flut." Dank an alle Spender und Helfer Bei all den schrecklichen Ereignissen, all den schlimmen Geschichten - schön war für alle zu sehen, wie die Menschen zusammenhalten. Sowohl vor Ort, um mit Arbeitskraft zu helfen, als auch mit den zahlreichen Spenden, die auch über die Frau aus Hiddenhausen die Betroffenen in den Flutgebieten erreichten. "Ich bin dankbar und überwältigt, dass so viel Geld zusammengekommen ist. Das ist der Hammer", richten sich Furcherts Worte an all die Spender und sie versichert: "Das Geld ist genau dort angekommen, wo es gebraucht wurde." Doch die Aufräumarbeiten sind noch lange nicht beendet. Viele Gebäude in den unteren Etagen sind auch ein Jahr später noch unbewohnt, nicht überall kam bisher die finanzielle Hilfe vom Staat an. "Doch es ist auch schon viel Schönes gemacht worden", erzählt Furchert, auch Freundschaften seien entstanden. Anpackende Hände und vor allem Handwerker und Material werde laut Furchert weiterhin benötigt. Für mehr Informationen ist die Familie per E-Mail erreichbar: hochwasser.info.bf@gmail.com.

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