Bürgermeister zieht Zwischenbilanz: "Ich bin gut im Amt angekommen"

Hiddenhausen. In diesen Tagen ist Andreas Hüffmann (59) seit einem Jahr Chef der Hiddenhauser Verwaltung. Mit der NW spricht er über diese ereignisreiche Zeit, die Corona-Pandemie und seine künftigen Pläne. Herr Hüffmann, wie fällt Ihr bisheriges Zwischenfazit als Bürgermeister aus? Andreas Hüffmann: Es ist erstaunlich, wie schnell dieses ereignisreiche Jahr rumgegangen ist. Dennoch glaube ich, dass wir in dieser Zeit einiges bewegen konnten und vieles auf den Weg gebracht haben. Ich bin gut im Amt angekommen. Gleich nach Ihrer Amtseinführung folgte der nächste Lockdown. Wie haben Sie das in Erinnerung? Das war eine besondere Situation, weil ich als gerade gewählter Bürgermeister schnell Kontakt zu den Menschen bekommen wollte. Coronabedingt war das nicht möglich. Wir konnten praktisch nicht raus. Allerdings gab es so die Möglichkeit, mich innerhalb der Verwaltung bekannt zu machen, ich habe die Strukturen kennengelernt. Ich kam damals aus der Wirtschaft und da gab es schon Unterschiede. Sie waren vorher Geschäftsführer eines Unternehmens für Krankentransporte und einfaches SPD-Ratsmitglied. Was war die größte Veränderung? Die größte Veränderung war es, die neuen Strukturen kennenzulernen. Als Chef der Verwaltung muss ich den Spagat zwischen dem Rat, dessen Entscheidungen und der Verwaltung hinkriegen. Das muss man erstmal stemmen. Da stecken auch Erwartungshaltungen hinter, die ganz andere sind als in der Wirtschaft. Wurden die erfüllt? Ich habe ein ganz gutes Gefühl. Hinter mir stehen engagierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Das ist ein ganz hohes Gut. Fühlen Sie sich nun angekommen? Es gibt immer wieder Dinge, die neu sind, die ich neu kennenlerne. Die Umstellung war schon enorm und das nicht nur bezogen auf das Berufsleben, sondern auch privat. Aber ich bin angekommen und mache das sehr gerne. Haben Sie überhaupt noch Zeit für Ihren alten Buckelvolvo? Jain. Man muss auch da den Spagat finden. Hobbys helfen, einen Ausgleich zu schaffen. In der Tat musste ich da etwas zurückfahren und für viel Verständnis bei meiner Familie werben, was aber kein Problem war. Meine Familie steht hinter mir und das hat mir die Sache enorm erleichtert. Wenn es geht, nehme ich mir die Zeit. Dann fahre ich auch mal gerne mit dem Buckelvolvo durch die Gegend oder schraube an dem Wagen. Was hat sie im vergangenen Jahr besonders bewegt? Zum einen natürlich die Corona-Krise. Bemerkenswert fand ich unser einheitliches Handeln im Kreis Herford. Wir standen eng zusammen und haben uns regelmäßig abgestimmt. Das fand ich beeindruckend. Für mich persönlich war die Arbeit im Rat mit den Parteien positiv. Das Miteinander ist ein Gutes: Wir machen Kommunalpolitik, um möglichst alle abzuholen. Dabei gab es im vergangenen Jahr sehr viele Anträge aus den Fraktionen. Viele Anträge bedeuten nicht, dass diese unsinnig waren. Wissen Sie noch, wie viele es waren? Ich meine, es waren 15 in einer Ratssitzung. Das war schon eine besondere Aufgabe - allein von der Sitzungsführung. Aber nichtsdestotrotz: Einen Teil davon haben wir schon auf den Weg gebracht. Dafür ist der Rat da. Ideen sollen eingebracht werden. Das macht Politik aus. Und das meiste wurde einstimmig beschlossen. Es gab aber auch Dissens, beispielsweise beim Entwurf des Regionalplans OWL. Richtig. Wir haben uns zunächst zusammen gesetzt und uns mit dem Regionalplan befasst. Wir haben Anregungen aus den Dörfern eingeholt. Unser Anspruch war es dann, die Rückmeldungen einzubinden und umzusetzen - genau so wie ökologische und naturschutzbezogene Aspekte. Ich glaube, das ist uns gut gelungen. Auch wenn es in der Abstimmung später nicht mehr so aussah. Die Interessen der Gemeinde und des Naturschutzes sind abgeholt worden. Ein großes Thema - besonders in Schweicheln - ist weiterhin die ICE-Trasse zwischen Bielefeld und Hannover. Ihr Statement? Wir sind in Hiddenhausen in einer ganz besonderen Situation. Auf der einen Seite ist es Wahnsinn, diese ICE-Strecke quer durch den Kreis zu schlagen. Abgesehen von den immensen Kosten bedeutet das Projekt Flächenfraß. Es schneidet mitten durch die Natur. Für mich ist das schwer nachzuvollziehen. Und auf der anderen Seite? Wir sind mit den Gleisen durch Schweicheln und der Verkehrssituation entlang der B 239 und L 545 ganz hoch belastet. Und die Belastung wird derzeit eher mehr als weniger. Daran müssen wir arbeiten. Deshalb bin ich froh, dass der Kreis ein Konzept zur Lenkung des Schwerlastverkehrs auf den Weg bringen wird. Das ist ein erster Schritt. Am Ende steht aber immer noch der Tunnel durch den Berg als praktikabelste Lösung. In dem Zusammenhang ist uns wichtig, dass der öffentliche Personennahverkehr sehr gut entwickelt da steht. Denn was nutzen mir auf ICE-Strecken fünf Minuten hier, zehn Minuten da, wenn ich bis zum nächsten Bahnhof eine Dreiviertelstunde brauche? Mit der Erweiterungsstrecke Oetinghausen - Schweicheln haben wir da schon was geschaffen. Und ich freue mich sehr über das Schülerticket, weil es die Möglichkeit bietet, junge Menschen an den ÖPNV heranzuführen. Ein Wahlkampfversprechen war der Ausbau der Solarenergie. Wie geht es mit dem neuen Förderprogramm weiter? "Spar mit Solar" wird weiter ausgebaut. Zu Beginn gab es Bedenken, ob das angenommen wird. Dass es so gut funktioniert, habe ich erhofft, aber nicht erwartet. Innerhalb von sechs Wochen war der Topf leer. Wir haben dann nachgelegt, wofür ich dem Rat dankbar bin. Wir sehen ein starkes Interesse der Menschen in Hiddenhausen. Zudem verzeichnen wir bereits Anfragen von anderen Kommunen, die es ähnlich machen wollen. Was sind weitere Aufgaben, die Sie sich für die nächsten Jahre auf die Fahnen geschrieben haben? Es kommt sicherlich der Rechtsanspruch auf den Offenen Ganztag. Wir haben Auslastungszahlen, die bis 90, teilweise 100 Prozent gehen. Es war gut, dass wir den Ausbau vorangetrieben und investiert haben. Ein weiterer Punkt ist bezahlbarer, bedarfsgerechter Wohnraum. Ein Beispiel ist der Sportplatzweg, wo wir versucht haben, die Menschen mitzunehmen. Projekte derart bräuchten wir noch mehr in Hiddenhausen. Gibt es noch weitere Schlaglichter? Die Digitalisierung der Verwaltung. Wir sind schon sehr digital, aber da ist noch Luft nach oben. "Jung kauft Alt" ist weiterhin ein erfolgreiches Modell, das mich sehr freut, gerade weil wir so wenig Bauland haben. Genau wie bei "Spar mit Solar" freue ich mich dabei über jeden Antrag, den ich unterschreiben darf. Das Thema Glasfaser werden wir weiter in Angriff nehmen. Da gilt es, die weißen die Flecken zu bedienen, also jene Bereiche, die noch nicht mit Glasfaser versorgt sind. Das ist übrigens eine wichtige Voraussetzung für unsere heimische Wirtschaft, die trotz Corona gut aufgestellt ist. Wir sind da dran. Damit hängt auch das Thema Digitalisierung an den Schulen eng zusammen. Die haben wir bereits mit digitalen Endgeräten ausgestattet, was ein Erfolg war. An einigen Schrauben muss aber noch gedreht werden, dazu gehört der Glasfaserausbau. Was treibt Sie momentan persönlich um? Wir haben Corona noch nicht überstanden. Aber die Möglichkeit besteht jetzt, Kontakt zu den Bürgern aufzunehmen, zu den Vereinen. Mir anzuhören, was die Probleme sind, zu den Menschen nach Hause zu kommen - das ist eine tolle Erfahrung, die ich jetzt mache. Und ich bin froh, dass das wieder möglich ist. Tauschen Sie sich oft mit Ihrem Vorgänger aus? Ulrich Rolfsmeyer und ich sind Parteifreunde. Von daher haben wir regelmäßig Kontakt. Es ist aber nicht so, dass ich ihn anrufe, wenn ich ein Problem als Bürgermeister habe. Das möchte weder er noch ich. Aber wenn ich mal eine Frage habe, darf ich mich gerne bei ihm melden und er antwortet mir bereitwillig. In der NW haben wir das wöchentliche Format "3 Fragen an...". Die letzte Frage lautet stets: Was macht das Leben in Hiddenhausen besonders lebenswert? Der Zusammenhalt in Hiddenhausen macht das Leben besonders lebenswert. Wir haben eine tolle Nachbarschaft und können uns aufeinander verlassen. Hinzu kommen die dörfliche Struktur und das gute Vereinsleben. Sicherlich ist die Natur ein weiterer Punkt. Auch wenn wir dicht besiedelt sind und mitten im Kreis wohnen, haben wir tolle Möglichkeiten. Ich bin mit meiner Frau oft unterwegs und wir finden immer wieder neue Wege. Wir fühlen uns hier einfach unglaublich wohl.

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