Vom Marta nach Sundern: Der Möbel-TÜV prüft jetzt in Hiddenhausen

Hiddenhausen. Die Leuchtschrift mit den Lettern "TÜV Rheinland" fehlt noch an der Fassade. Doch die wird bald auch noch angebracht, sagt Berthold Heinz, der Leiter des Möbelprüflabors, das sich nun an der Unteren Wiesenstraße in Sundern befindet. Von 2004 bis Ende des vergangenen Jahres war der Möbel-TÜV im Obergeschoss des Herforder Marta-Museums ansässig. Nach und nach wurde es jedoch zu eng in Herford. "Deshalb waren wir gezwungen, uns nach einem anderen Gebäude umzusehen", berichtet Heinz. In Hiddenhausen wurde man fündig. Eine gute Anbindung und viele logistische Gründe hätten für den Umzug in die Großgemeinde im Dezember gesprochen. Das Vorhaben hatte sich über etwa drei Wochen erstreckt. Seit Januar werden bereits wieder Möbel auf ihre Sicherheit geprüft. Statt 400 stehen dafür nun 1.500 Quadratmeter Laborfläche zur Verfügung. Mit den angeschlossenen Büros sind es sogar 1.800. In der großen Halle, dem Herzstück des Prüfinstituts, nimmt die Arbeit langsam an Fahrt auf. Im Labor wird eine große Bandbreite an Möbeln getestet Stühle werden belastet, Matratzen gewalzt, Gartenmöbel in Wärmekammern gesteckt oder UV-Licht ausgesetzt. Auf einer Seite der Halle öffnet und schließt eine Maschine den Schubkasten einer Kommode im Akkord - 60.000 bis 80.000 Mal. "Wir prüfen in erster Linie die Sicherheit", erklärt der Laborleiter. Das Team des Möbel-TÜV besteht aus zwölf Mitarbeitern. Dazu zählen neben Berthold Heinz eine Angestellte im Auftragsmanagement, zwei Vertriebler, drei technische Mitarbeiter und fünf Sachverständige, die für die Prüfberichte zuständig sind. Kunden der Einrichtung sind die Möbelindustrie, der Einzelhandel oder spezialisierten Unternehmen, die die Sicherheit ihrer Produkte mit einem Zertifikat bestätigt wissen möchten und müssen. Dabei kämen über das Jahr schätzungsweise mehr als 1.200 Aufträge zusammen. "Von der kleinsten Prüfung einer Oberfläche bis zur größten eines ganzen Wohnzimmers wird alles abgenommen", fasst Heinz das Spektrum des Service zusammen. Darin liegt ein Grund, weshalb es in Herford zu eng wurde. Man war in erster Linie auf die Testung von Kleinmöbeln ausgerichtet. Mittlerweile werden jedoch ebenso Küchenzeilen, Loungemöbel, Betten und bald vielleicht sogar bis zu sechs Meter lange Tische Härtetests unterzogen. "Sehen uns als Unterstützung für die heimische Industrie" Dabei spielt die Globalisierung des Handels eine Rolle. Möglicherweise werden bald Möbel für den außereuropäischen Markt ihren Weg nach Hiddenhausen finden. Der Blick geht dabei gen Nordamerika und Asien. Andere Prüfkriterien machen andere Anforderungen an die Prozesse erforderlich. "Wir sehen uns als Unterstützung für die heimische Industrie und kennen die Markteintrittsbedingungen", erklärt der Labor-Chef. Zentrales Dokument, um ein Produkt auf den Markt zu bringen, ist dabei der Prüfbericht. Etwa 75 Prozent der Möbel erhielten grünes Licht, beim Rest muss nachgebessert werden. Gründe seien oft eine mangelnde Standfestigkeit oder die Materialstärke. Dass die Kunden häufig unter Zeitdruck stehen, ist eine Entwicklung der vergangenen Jahre. Denn jedes Unternehmen möchte das Produkt so schnell wie möglich auf den Markt bringen, ehe die Konkurrenz es früher schafft. Wenn die Abarbeitung eines Auftrags 30 bis 35 Tage dauere, fragten manche bereits nach 20 Tagen, wie der Stand der Dinge ist. Die Zeitgestaltung sei "tougher" geworden, resümiert Heinz. Nachhaltigkeit und Elektrifizierung von Möbeln sind Thema Nicht nur der Faktor Zeit hat sich verändert. Das Spektrum der Prüftätigkeiten ist mittlerweile ein anderes als noch vor wenigen Jahren. Heinz zufolge werden dabei zwei Entwicklungen in Zukunft an Bedeutung gewinnen: das Thema Nachhaltigkeit und die Elektrifizierung von Möbeln. Letzteres geht mit Möbeln wie Tischen, Betten oder Massagestühlen einher, die sich nicht mehr allein mechanisch justieren lassen. Verbaute Displays sind ein weiteres Beispiel für die voranschreitende Elektrifizierung der Möbel. Für den Wissensaustausch stehen die Mitarbeiter dazu in Kontakt mit Kollegen aus Köln, denn es gebe immer wieder neue Anforderungen, Normen und Prüfgrundlagen. Der Aspekt der Nachhaltigkeit wird unter verschiedenen Gesichtspunkten beleuchtet. Sind die Möbel recycelbar? Unter welchen Umweltbedingungen sind sie entstanden? Werden Werkzeuge mitgeliefert, damit Montageteams nicht von weit her anreisen müssen? Ist die Benutzeranleitung auf Hochglanz gedruckt oder auf wiederverwertetem Papier? Solche Fragen gelte es dann zu klären. Besonders wichtig erscheint insbesondere die sorgfältige Testung von Kindermöbeln. Denn nicht erkannte Gefahrenquellen können mitunter zu tragischen Unfällen führen. "Unser Anspruch ist es, das zu vermeiden", sagt Heinz. Die Prüfungen gingen dabei auch mal über die vorgeschriebene Anwendung hinaus. "Mitarbeiter, die Kinder haben, können das gut beurteilen." Das seien Erfahrungen des täglichen Lebens, die ausnahmsweise nicht in Normen abgebildet werden könnten.

Meistgelesen