Vergebliche Klicks für die Impftermine der 83-jährigen Mutter

Hiddenhausen. Menschen über 80 Jahre sollen demnächst als erste Gruppe ihre Immunisierung im Impfzentrum erhalten. Doch der Weg dorthin scheint momentan bereits an der Terminvergabe zu scheitern. Diesen Eindruck mussten die Menschen gewinnen, als sie zum Auftakt des Buchungsmarathons zum Hörer griffen oder den Computer anschalteten. So auch Martin Braun aus Lippinghausen, der für seine 83-jährige Mutter einen Termin buchen wollte - und scheitern musste. "Meine Mutter hat es den ganzen Tag über telefonisch versucht. Aber es war kein Durchkommen", berichtet der 61-Jährige. Als seine Mutter ihm am Montagabend mitteilt, dass über die vorgesehene Rufnummer - 116117 - nichts zu erreichen sei, will Braun es online versuchen. "Das dürfte doch eigentlich gar nicht so schwer sein", denkt er da noch. Und der Auftakt erscheint vielversprechend. Er klickt sich auf der Website problemlos bis zum Bundesland und dem entsprechenden Impfzentrum. Ob der Anspruch auf eine Corona-Schutzimpfung geprüft worden sei, wird er im weiteren Verlauf gefragt. Klar, meint Braun: "Meine Mutter hat ja schließlich einen Brief erhalten, so dass der Anspruch für über 80-jährige Menschen für sie Gültigkeit hat." "Dieser Slot ist nicht verfügbar" Bei der dann aufploppenden Aufforderung, einen Vermittlungscode einzugeben, muss Braun zunächst die "Hilfe"-Seite aufrufen: "Wenn Sie über die Website buchen, werden Ihnen nach erfolgreicher Schnellprüfung und Verifizierung mittels einer SMS-PIN die Codes per E-Mail zur Verfügung gestellt. Mit Ihnen können Sie die Buchung dann vornehmen." Daraufhin beginnt Braun von vorne und lässt eine "Schnellprüfung durchführen", da der Anspruch anscheinend doch noch nicht geprüft wurde. Die Prüfung ist erfolgreich, der Vermittlungscode muss mit Angabe einer E-Mail-Adresse und einer Rufnummer zur SMS-Verifizierung angefordert werden. Das Handy vibriert, der Code ist da und wird von Braun in eine Eingabemaske getippt. In einer separaten Mail erhält er zwei Codes für zwei Termine: Erstimpfung und Zweitimpfung. Die Auswahl an Terminen auf der Website ist bereits begrenzt. Der 61-Jährige wählt den nächstmöglichen, gibt die Daten ein und möchte die Buchung abschließen: "Dieser Slot ist nicht verfügbar", heißt es aber. Er wählt einen anderen Termin, doch der sei bereits gebucht worden. Bei weiteren Terminen verhält es sich ähnlich. Der Mann aus Lippinghausen überprüft sein E-Mail-Postfach, ob nicht vielleicht doch eine Bestätigung eingegangen ist. Dem ist nicht so. "Es scheint also ein technischer Fehler vorzuliegen", bilanziert er. "Das ist mehr als Schönreden" Also startet er das ganze Prozedere erneut mit einer anderen E-Mail-Adresse und schafft es tatsächlich die Buchung für einen Impftermin samt Bestätigungsmail zu erhalten. Da er dazu aufgefordert wird, gleich den zweiten Impftermin zu buchen, will er das für seine Mutter ebenfalls noch erledigen. "Es ist nicht zu glauben, aber die Meldung ist eindeutig: ,Leider sind in Ihrer Region aktuell keine Termine verfügbar'", berichtet Braun, was er entnervt auf seinem Bildschirm liest. Wie viele andere im Kreis Herford hat seine Mutter nun einen Termin für die erste Impfung, die zweite jedoch ist auch am Dienstag nicht zu organisieren. "Was mich am meisten verwundert hat, sind diese unglaublichen Hürden, die man aufgebaut hat", sagt Martin Braun einen Tag nach seinen vergeblichen Buchungsversuchen. Das ganze Verfahren sei technokratisch und kompliziert gemacht. Selbst für jemanden, der sich auskenne, sei es schwierig, dem zu folgen. Der Kassenärztlichen Vereinigung Westfalen-Lippe zufolge wurden die Online-Buchungen für die Zweitimpfungen im Bereich Westfalen-Lippe aufgrund von Problemen vorerst vom Netz genommen. Am Dienstag blieb deshalb nur der Griff zum Hörer, um einen Termin im Impfzentrum zu vereinbaren. In diesem Zusammenhang von einem gelungenen Impfstart zu sprechen, wie es Ministerpräsident Armin Laschet tat, kann Martin Braun nicht nachvollziehen. "Davon kann man in diesem Fall wirklich nicht sprechen. Das ist mehr als Schönreden", sagt er, der weiterhin keinen zweiten Impftermin für seine 83-jährige Mutter vereinbaren konnte.

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