DJ ohne Publikum: Wie ein Hiddenhauser die Corona-Krise meistert

Hiddenhausen. Stefan Masur hatte noch bei einer Karnevalsfete in Herford aufgelegt, die Vorbereitungen für eine weitere Geburtstagsparty Anfang März liefen bereits. Doch daraus wurde nichts. Die Sause an jenem Samstag sollte für den 36-Jährigen die erste von vielen sein, die aufgrund der Corona-Pandemie abgesagt wurde. "Da war mir klar, dass dieses Jahr etwas Größeres auf uns zurollt", sagt Masur heute, zu einer Zeit, in der seine Zukunft und die der meisten seiner Kollegen weiterhin ungewiss ist. Wie geht man damit um? Um das zu verstehen, lohnt es sich, einen Blick zurückzuwerfen. Masur fängt schon mit Anfang 20 an, hobbymäßig auf Partys für Stimmung zu sorgen. Kurz darauf trifft er Oliver Witt, der bereits seit Jahrzehnten in der Veranstaltungsbranche durch ganz Deutschland tingelt: "70er, 80er, 90er und das Beste von heute", so das Programm. Nach und nach professionalisiert Masur sein Hobby. Er besucht Moderationsworkshops, beschäftigt sich ausgiebig mit den technischen Raffinessen des Jobs und lernt, wie auf Veranstaltungen Stimmung aufgebaut werden kann. "Es ist wie eine Inszenierung und nicht nur blödes Plattenumdrehen", erklärt Masur. Risikogebiet statt Remmidemmi Schließlich gründet er in Hiddenhausen Musicdreams, im Prinzip eine mobile Disko, die DJs und Technik für verschiedenste Veranstaltungen bereitstellt. Das kann das Schützenfest in Westerenger sein, eine gediegene Hochzeit in Herford oder eine Schlagerparty in Bünde. Masur und ein knappes Dutzend weiterer DJs bieten Rundum-Pakete für nahezu jeden Anlass: von der Goldenen Hochzeit im kleinen Rahmen bis zur Mallorca-Party in Bad Eilsen mit 2.000 Gästen. Doch statt Remmidemmi bestimmen nun Risikogebiete und Reproduktionszahlen die Wochenenden der Menschen. Auf ausgelassene Feiern lässt sich mal mehr mal weniger leicht verzichten. Doch Oliver Witt verweist in den Zusammenhang auf die Millionen Beschäftigten, die direkt oder indirekt in der Veranstaltungsbranche tätig sind. Normalerweise begleitet er jedes Jahr rund 250 Veranstaltungen unterschiedlicher Größenordnungen von Hiddenhausen bis Hamburg. In diesem Jahr kommt er auf insgesamt 20. Besonders im Sommer sei aufgrund ausgefallener Hochzeiten viel weggebrochen. Dabei liefen die Kosten weiter: Technik müsse gelagert, Investitionen abgestottert, Versicherungen fortgeführt werden. "Es gibt Kollegen, die wissen nicht, wovon sie Sonntag ihre Brötchen kaufen sollen", sagt Witt. Weil der 47-Jährige einen Lkw-Führerschein besitzt, fährt er nun Touren für einen Bielefelder Betrieb. Als gelernter Kaufmann und Betriebswirt arbeitet Masur wieder in Vollzeit für ein Unternehmen in Bad Salzuflen. "Natürlich möchten wir aber, dass es weitergeht", sagt der 36-Jährige. "Die Leute haben Angst" Momentan ist eher das Gegenteil zu beobachten. Infektionszahlen steigen, Coronaschutzverordnungen werden restriktiver, an Feiern denken nur noch wenige. Darin sehen die beiden DJs auch künftig ein Problem: Selbst wenn es die rechtliche Grundlage wieder zulassen würde: "Die Leute haben Angst", sagt Masur. Die Pandemie dämpfe die Stimmung. Dabei glauben sie, dass viele Bedenken mit einem schlüssigen, einheitlichen Konzept unbegründet seien. So lange sie ihrer Arbeit als DJs nicht nachgehen dürfen, fordern sie zumindest eine entsprechende finanzielle Unterstützung. Die Soforthilfe sei "ein Tropfen auf den heißen Stein", sagt der 47-jährige Familienvater und fügt hinzu: "Es wird lange dauern, diese ausgebremste Branche wieder ins Rollen zu bringen." Witt und Masur hoffen auf einen Neustart im Frühsommer des kommenden Jahres und darauf, dass die Lebensfreude ihren Weg zurück zu den Menschen findet: bei der Goldenen Hochzeit, der Abi-Feier oder einer Schlagerparty. "Der Reiz des Jobs ist es, sich immer wieder neu zu erfinden und Neues zu entdecken", so Masur. Die Menschen zu faszinieren - das sei eine tolle Sache, sagt der durch Corona ausgebremste DJ aus Hiddenhausen.

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