Hiddenhausen. Wie ein 17-Jähriger den Mauerfall vor 30 Jahren erlebte, konnten Schüler der Olof-Palme-Gesamtschule (OPG) aus erster Hand erfahren. Steffen Krone ist Lehrer an der OPG. Er erzählte den Schülern der Jahrgangsstufe 10 wie er als Oberschüler in einem kleinen DDR-Ort die Veränderungen um ihn herum wahrnahm.
„Wir führten ein relativ sicheres Leben. Wir hatten ja alles: subventionierten Strom, eine Wohnung, satt zu Essen. Was wir nicht hatten, war ein ordentliches Auto, einen modernen Fernseher, moderne Kleidung und Reisefreiheit. So entwickelten wir eine Antipathie gegenüber dem Staat und seine Bevormundung. Mir persönlich wurde bestimmt, Lehrer zu werden. Punkt." Darüber sei nicht diskutiert worden. „Wenn ich euch jetzt sage", so der OPG-Lehrer, „du und du, ihr müsst Mathe studieren, und du wirst Putzkraft – ihr müsst euch mal vorstellen, was das für einen jungen Menschen bedeutet. Und der Unterricht in der Oberstufe? Der war ein ständiges Vermitteln eines politischen Ideals eines sozialistischen Mitbürgers, von Lehrern, die alle bei der Stasi waren", erzählte Steffen Krone weiter.
„War die friedliche Revolution, die nach Schabowskis Versprecher schließlich zum Mauerfall führte, ein freudiges Ereignis für euch?", wollte ein Lehrer-Kollege von Steffen Krone wissen. „Wir auf dem Land haben es verhalten wahrgenommen, anders als in Berlin, Leipzig oder Dresden. Die Städte sind relativ anonym. Bei uns, wo jeder jeden kannte, wusste man nicht, wer hier wem was zuträgt."
Grünes Schleifchen als Zeichen der Hoffnung
Der Schüler Steffen Krone trug nur ein grünes Schleifchen als Zeichen der Hoffnung. Doch so richtig wahrgenommen habe er die Wende erst, als er im Februar 1990 mit einem Kumpel, der übrigens auch bei der Stasi war und heute beim Zoll, mit dem Zug nach Hannover gefahren sei. „Das war ein Erlebnis für sich. Wir kauften vom Begrüßungsgeld Haribos und Dickmanns, und einen Kassettenrekorder mit zwei Laufwerken – das war der Hammer."
Steffen Krone erzählte seine Geschichte im Rahmen der Ausstellungspräsentation „Von der Friedlichen Revolution zur deutschen Einheit".
Klaus Droste, Koordinator für den Bereich Gesellschaftslehre an der OPG und Schüler des Geschichts-Leistungskurses hatte die Ausstellung der „Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur und des Beauftragten der Bundesregierung für die neuen Bundesländer" im Foyer des Oberstufenhauses des OPG auf gestellt.
„Von der friedlichen Revolution zur deutschen Einheit – mit dieser Ausstellung wollen wir hier im Foyer der Oberstufe an die Ereignisse der Jahre 1989/1990 erinnern, besonders an den Mauerfall vor genau 30 Jahren", erklärte der Pädagoge den Hintergrund.
Schlaglichter auf die Jahre 1989/90
Die Ausstellung „Von der Friedlichen Revolution zur deutschen Einheit" wirft Schlaglichter auf die Jahre 1989/90. Sie erinnert an den Protest gegen die Fälschung der DDR-Kommunalwahlen, an die Fluchtbewegung im Sommer und die Massenproteste im Herbst, die die SED-Diktatur in die Knie zwangen. Sie berichtet von der Selbstdemokratisierung der DDR, der deutsch-deutschen Solidarität und den außenpolitischen Weichenstellungen bis zur Wiedererlangung der Deutschen Einheit, heißt es im Begleitmaterial zur Ausstellung.
Die Schau umfasst 20 Tafeln, die als Poster-Set im Format DIN A1 vorliegen. Sie präsentiert über 100 zeithistorische Fotos und Dokumente. QR-Codes verlinken zu 18 Videointerviews mit Akteurinnen und Akteuren der Friedlichen Revolution, die auf der Webseite https://zeitzeugen-portal.de zu finden sind.