Im Schneckentempo durch den Kreisverkehr: So fährt es sich in Herfords erstem autonomen Bus

Herford. Gefühlt steht der Bus, nur die digitale Tempoanzeige verrät, dass wir uns überhaupt vorwärts bewegen. Mit gemächlichen acht Stundenkilometern geht es durch einen Kreisverkehr mitten auf einer Herforder Hauptstraße. Das Ziel: die dritte und letzte Ausfahrt. Hinter uns stauen sich rund ein Dutzend Autos, manche Fahrer hupen – doch davon lässt sich der &bdquo;Ultimo“ nicht beeindrucken. Während man als Fahrgast seinen Fuß fast schon intuitiv Richtung Boden drückt und gerne selbst ein bisschen mehr Gas geben würde, hält der autonom fahrende Bus sein gemütliches Tempo konsequent bei. Mitte dieser Woche ist in der Hansestadt der erste selbstfahrende Elektro-Shuttle in den Regelbetrieb gestartet. Nach zahlreichen Probetouren darf er nun offiziell Fahrgäste transportieren. Rund 17 Minuten dauert die etwa drei Kilometer lange Rundfahrt durch die Stadt. Dreh- und Angelpunkt ist dabei der Bahnhof. Von hier geht es zunächst zur Eishalle, anschließend weiter vorbei an großen Supermärkten und dem mittlerweile geschlossenen Go Parc zurück zum Ausgangspunkt. &bdquo;Ultimo“-Bus wird zum Sightseeing-Hotspot in Herford Mit seinem futuristischen Design und seiner knallroten Farbe zieht der rund sieben Meter lange &bdquo;Ultimo“ die Blicke auf sich, wie wohl kein anderer Bus. Immer wieder zücken Passanten am Bahnhof und auf der Route ihre Handys und schießen Fotos und Selfies. Manche kommen auch näher, wagen einen Blick ins Innere. Mitfahren will zunächst aber keiner. Nur ein Fernsehteam hat sich angemeldet und macht während unserer Testfahrten am Mittwochmittag ein paar Aufnahmen. Von 9 bis 18 Uhr fährt der Bus an diesem Tag seine Runden. Fünf Fahrgäste hatte er in den ersten drei Stunden transportiert, sagt Projektmanager Johannes Kröger während unserer Fahrt – am Ende des Tages werden es rund 25 sein. Kröger zeigt sich trotz einiger Leerfahrten zufrieden. &bdquo;Der Ultimo läuft gut an“, sagt er. Plötzlich ruckelt es, ein lautes Piepen ertönt und der Bus kommt – etwas unsanft – zum Stehen. Links vom Bus drängelt sich ein weißer Transporter vorbei. Rechts versucht ein Auto, aus der Supermarkt-Ausfahrt zu rangieren. Auf der Anzeigetafel erscheint der rot hinterlegte Hinweis &bdquo;Manueller Fahrbetrieb.“ In diesem Moment hat Fahrer Mikhail Dortsveiler das Steuer übernommen und manövriert den Bus durch die Engstelle. &bdquo;Hier musste ich schon ein paar Mal eingreifen“, sagt er. Alle Infos zum fahrerlosen E-Shuttle: Autonome Busse in Herford jetzt mit Fahrgästen: Linienbetrieb startet Noch muss ein Sicherheitsfahrer im &bdquo;Ultimo“ mitfahren Dortsveiler ist der sogenannte Sicherheitsfahrer, der aktuell noch mitfahren muss. Da der Bus derzeit nur mit einer Level 4-Erprobungsgenehmigung zugelassen ist, darf er lediglich auf seiner vorher fest programmierten Route fahren. Plötzlich auftauchenden Hindernissen wie Falschparkern oder einer spontanen Baustelle darf er nicht selbstständig ausweichen. Ob und wann Dortsveiler allerdings eingreift, das entscheidet er selbst. In der Regel seien es Fälle, in denen er proforma ans Lenkrad greift – zu einer echten Gefahr sei es bisher nicht gekommen. Bei unseren weiteren Testfahrten geht dann auch wieder alles glatt. Ob Rechts-vor-Links-Situationen, heranrasende Autos oder Fußgänger, die plötzlich noch schnell die Straße überqueren wollen – alle Herausforderungen meistert der &bdquo;Ultimo“ problemlos. Überhaupt fährt er mit viel Gefühl, sagt auch das Ehepaar Kerstin und Michael Krakowski. Sie sind extra aus Bünde gekommen, um den autonomen Bus einmal zu testen. &bdquo;Es war eine sehr schöne Fahrt. Es hat alles reibungslos funktioniert – eigentlich wie erwartet“, sagen sie. Auch zwei weitere Fahrgäste, die wir bei unseren Testfahrten am Donnerstag treffen, sind von dem Bus begeistert. &bdquo;Wir sind fasziniert. Der Bus fährt so sanft, man muss nicht aufpassen wie in normalen Bussen, dass man in die Ecke geschleudert wird. Er fährt gefühlt entspannter“, sagt das Duo. Mehr zum Thema: Fahrerlos mit dem Bus durch Herford – und trotzdem keine Kündigungen? &bdquo;Ultimo“-Bus braucht noch Entwicklungszeit, um flüssiger am Verkehr teilnehmen zu können Das liegt auch daran, dass der Bus bisher seine Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h noch nicht erreicht – maximal 35 Stundenkilometer wird er schnell. Langfristig soll sich das allerdings ändern. &bdquo;Unser Ziel ist es, dass der Bus flüssig am Verkehr teilnehmen kann“, sagt Sebastian Weber, ebenfalls Projektmanager. &bdquo;Das braucht aber noch ein bisschen Entwicklungszeit.“ Und die ist zunächst bis September 2026 angesetzt. Ein größeres Problem stellen derzeit allerdings noch der Registrierungsprozess und der lückenhafte Online-Fahrplan dar. Wer zum ersten Mal einen der neun Plätze im Bus ergattern möchte, muss zunächst einen Fragebogen ausfüllen und unter anderem angeben, ob er oder sie ein Auto oder ein Deutschland-Ticket besitzt. Anschließend bekommt man einen Code zugeschickt, der in der App &bdquo;Wohin willst du“ eingegeben werden muss. Erst dann hat man Zugriff auf den Fahrplan des &bdquo;Ultimo“. Viele Fahrten werden hier allerdings nicht angezeigt. Laut offiziellen Fahrplan soll der autonome Bus alle halbe Stunde vom Bahnhof abfahren. In der App fehlen allerdings zahlreiche Zeiten oder es werden Fahrten angezeigt, die es so nicht gibt. Wer etwa eine Fahrt für 11.20 Uhr buchen will, bekommt nur eine Fahrt für 11.10 Uhr angezeigt, weitere Abfahrten gibt es laut App nicht. Wer allerdings nach einer Fahrt um 11.30 Uhr sucht, bekommt plötzlich Angebote im zehn Minuten-Takt angezeigt. Mit 45 km/h durch die Stadt: Die neue Mobilität der Jugend: Im Mopedauto zur Schule - eine junge Herforderin (17) erzählt Fahrgäste unzufrieden mit Registrierungsprozess &bdquo;Das hat mir nicht gut gefallen, das war zu kompliziert. Ich finde, wenn eine neue Technik eingeführt wird, dann muss das auch so getestet werden, dass das auch reibungslos funktioniert. Gerade wenn man um die Akzeptanz eines solchen Verkehrsmittels wirbt“, sagt Fahrgast Michael Krakowski. &bdquo;Wir kennen das Problem und sind da dran. Den Fragebogen wird es nur während der Erprobungszeit geben. Ihn wollen wir nutzen, um Kundenprozesse von autonomen Verkehren zu optimieren“, sagt Projektmanager Weber. Dadurch können alle Fahrten derzeit kostenlos angeboten werden. Bezahlt wird sozusagen mit Daten. Dass der Elektro-Shuttle, dessen Ziel es ist, die Randgebiete besser an den ÖPNV anzuschließen, übrigens mitten in der Innenstadt fährt, sei leicht erklärt, so Weber: &bdquo;Hier können wir superviele Situationen testen: große Kreuzungen, viele Autos, enge Straßen.“ Hintergrund: Der neue autonome Bus in Herford: Was passiert bei einem Unfall? Fazit: Niemand muss Muffensausen haben Fazit unserer Testfahrten: Noch fühlt es sich nicht so an, als ob man in einem autonomen Bus fährt. Zu viel ist noch im Bus-Cockpit los. Davon losgelöst zeigt sich aber, wie gut der Shuttle bereits funktioniert. Auch brenzlige Situationen meistert er in der Regel problemlos. Dass derzeit noch ein &bdquo;Fahrer“ mit an Bord ist, könnte vor allem das Sicherheitsgefühl ängstlicher Menschen stärken. Denn zur Not gibt es immer jemanden, der die Situation entschärft. 📱News direkt aufs Smartphone: Kostenloser WhatsApp-Kanal der NW Kreis Herford

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