„Unvertretbar“: Wie Eltern im Kreis Herford für den Kindernotdienst kämpfen

Kreis Herford. Keine zwölf Stunden hat es gedauert, da hatten mehr als 2.000 Eltern die Petition zum Erhalt des Kindernotdienstes im Kreis Herford unterschrieben. Am Montagmorgen waren es mehr als 5.200 Unterschriften. Dass die Kassenärztliche Vereinigung (KVWL) Eltern am Wochenende künftig nach Minden und Bielefeld schicken will, können viele Eltern nicht nachvollziehen. &bdquo;Das bedeutet längere Wege, mehr Wartezeiten und schlechtere Versorgung für kranke Kinder. In Notfällen zählt jede Minute – weite Fahrten nach Minden oder Bielefeld sind unzumutbar!“, begründet Veronika Böhm aus Enger ihr Engagement. Sie hat die Petition am Samstag gestartet und fordert von KVWL und Politik: &bdquo;Eine flächendeckende, wohnortnahe Versorgung muss sichergestellt bleiben!“ Was der Landrat sagt Zumindest an einer Stelle rennt sie damit offene Türen ein: Der Landrat war über die Mitteilung am Freitag, dass der Notdienst ab dem 1. Februar im Kreis Herford entfällt, offenbar überrascht. &bdquo;Ich hätte mir zugegebenermaßen eine frühere Einbindung in die Planungen gewünscht, um meine Bedenken zu äußern. Gemeinsam mit dem Vorstand der Kreiskliniken haben wir der KVWL einen Vorschlag unterbreitet, wie der kinderärztliche Notdienst im Kreis Herford organisiert werden könnte“, schreibt Jürgen Müller in einer Stellungnahme. Die Idee: Um die niedergelassenen Kinderärzte zu entlasten, könnte das Klinikum unter der Woche und nachts einspringen. Also zum Beispiel Mittwochnachmittags. Aber: &bdquo;Aus Sicht der KV Westfalen-Lippe war dieser Vorschlag zum jetzigen Zeitpunkt nicht umsetzbar“, so der Landrat. Warum die KVWL den Vorschlag nicht aufgreift Die Belastung für die Ärzte wie auch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Praxen sei zu hoch, betont dagegen Hermann Lorenz, Leiter der Bezirksstelle Minden der KVWL. &bdquo;Das Personal schaut sich nach Stellen um, bei denen sie nicht an den Wochenenden arbeiten müssen“, erklärt Lorenz im Gespräch mit der NW. Was wiederum zu einem Problem in den Praxen führt. Durch die Änderung zum 1. Februar 2025 soll diese Versorgung also gesichert bleiben. .responsive23-pzciCsQBAkHQ6O8J-map-kinderaerztlicher-notdienst { width: 100%; padding-top: 100%; } @media (max-width: 600px) { .responsive23-pzciCsQBAkHQ6O8J-map-kinderaerztlicher-notdienst { padding-top: 100%; } } @media (max-width: 360px) { .responsive23-pzciCsQBAkHQ6O8J-map-kinderaerztlicher-notdienst { padding-top: 142.86%; } } Eltern können diesen Schritt dennoch nicht nachvollziehen. Ulrich Ammon hat die Petition unterstützt und schreibt, dass er es &bdquo;für unvertretbar und kinderfeindlich“ halte, &bdquo;aus Kostengründen an notärztlicher Kinderversorgung zu sparen. Typisch für diese wohlstandsverkommene Babyboomer-Gesellschaft.“ Eigene Erfahrungen hat offenbar schon Daniela Krug mit dem Notdienst in Minden gemacht. Sie meint, dass der &bdquo;Mindener Kindernotdienst eh schon überlastet ist (Bielefeld weiß ich nicht) und gerade Kinder medizinisch ’gut’ versorgt sein sollten. Ich verstehe nicht, wie man auf solche Maßnahmen kommt.“ Alleinerziehende und Eltern ohne Auto abgehängt Mit dem gestrichenen Notdienst fühlen sich vor allem Alleinerziehende und Familien ohne Auto abgehängt. &bdquo;Wie viele alleinerziehende Mütter kenne ich, die kein Auto haben. Was ist mit ihnen? Sie werden völlig übergangen und ausgeschlossen“, schreibt Judith Schunck in einer E-Mail an die Redaktion. &bdquo;Aus dem eigenen Familienalltag kann ich nur erzählen, dass Kinder überwiegend nachts oder am Wochenende krank werden.“ Lesen Sie auch: Baufortschritt in der Herforder Kinderklinik: Fertigstellung liegt im Zeitplan Zu diesen Zeiten sind die Busverbindungen entweder nicht vorhanden oder eingeschränkt. &bdquo;Und so soll man dann mit einem kranken Kleinkind mit einer Mittelohrentzündung erst in den Bus steigen, dann am kalten Bahnhof stehen, um in einen Zug einzusteigen, der wohlgemerkt wahrscheinlich Verspätung hat oder gar nicht kommt. Die öffentlichen Verkehrsmittel sind nicht zuverlässig genug“, ärgert sich Schunck weiter. Busse und Bahn fahren am Wochenende seltener Hinzu komme noch ein anderes logistisches Problem: Wer mehrere kleine Kinder hat, kann diese nicht alleine zuhause lassen. Also müssten alle mit. &bdquo;Ich als alleinerziehende Mutter kann diese Entscheidung nur anprangern. Soll es jetzt eine logistische Meisterleistung werden, zum Kinderärztlichen Notdienst zu dürfen? Absolut unmöglich und diskriminierend“, findet sie. Ob die Streichung des Notdienstes im Kreis Herford bestehen bleibt, ist abzuwarten. Die Idee von Landrat und Klinikum soll wieder aufgegriffen werden, wenn die neue Kinderklinik in Herford Ende 2025 fertiggestellt worden ist. Dieser im Kreis zentrale Anlaufpunkt könnte für Alleinerziehende und Eltern ohne Auto ein Lichtblick sein.

Meistgelesen