Kritik vom Herforder US-Experten nach Trump-Wahl: „Das Mehrheitswahlrecht ist nicht mehr zeitgemäß“

Kreis Herford. In den USA wird gewählt. Anders als bei uns mussten sich die US-Wähler nur zwischen Donald Trump (Republikaner) und Kamala Harris (Demokraten) entscheiden. Ein weiterer Unterschied: In Deutschland gilt das Verhältniswahlrecht, in den USA hingegen in 48 von 50 Bundesstaaten (Ausnahmen sind Nebraska und Maine) das Mehrheitswahlrecht. Wer die Mehrheit der Stimmen in einem Staat bekommt, erhält auch alle Wahlmännerstimmen dieses Staates. Oft in den Medien zu sehen ist die Karte der USA, auf der die Bundesstaaten, je nachdem wer dort die Mehrheit hat, rot (Republikaner) oder blau (Demokraten) eingefärbt sind. Diese starre Trennung zwischen den beiden Parteien auf der &bdquo;Electoral Map“ sorgt bei Christian Hänel, der als Präsident und CEO der &bdquo;American Friends of the Alexander von Humboldt Foundation“ (AFAvH) in den USA lebt und das Land gut kennt, für Kritik. Seiner Meinung nach könnten die klassischen Medien der zuletzt oft vor allem in sozialen Medien heraufbeschworenen Spaltung der Gesellschaft und den von extremen Politikern gesäten Ängsten, Misstrauen und Hass durch eine differenziertere Darstellung entgegenwirken. Die Karte suggeriert eine Spaltung, die so nicht besteht &bdquo;Ich bin es ehrlich gesagt leid, dass wir hier alle täglich darauf starren – in Print, im TV, online. Denn diese Karte ist völlig irreführend“, sagt Christian Hänel. So sei der dünn besiedelte Flächenstaat Montana (mit republikanischer Mehrheit) auf dieser Karte ein riesiges rotes Gebiet, das im Vergleich kleine Rhode Island dagegen (wo die Demokraten die Mehrheit haben) ein winziger blauer Fleck. Dabei lebten in beiden Staaten fast exakt genau so viele Menschen. &bdquo;Die Optik der Electoral Map erzählt jedoch eine ganz andere Geschichte. Die Rhetorik von den &bdquo;red states” und den &bdquo;blue states” suggeriert eine Spaltung, die so gar nicht besteht“, argumentiert der in Spenge aufgewachsene USA-Kenner. &bdquo;Wir sollten eher von &bdquo;purple states” sprechen, also &bdquo;violetten” Staaten. Denn alle Bundesstaaten sind eine Mischung aus Rot und Blau und manchmal ist das daraus entstehende Violett eben rötlicher und manchmal bläulicher. Je nachdem, welche politische Farbe in der Mehrheit ist.“ Lesen Sie auch: Wie zwei Löhner den Wahlkampf in den USA erleben Ein weiteres Beispiel: Auf der Electoral Map wirke das rote Texas wie ein riesiges Bollwerk der Republikaner und das blaue Kalifornien wie ein Imperium der Demokraten. Die tatsächlichen Wahlergebnisse zeigten jedoch ein ganz anderes Bild. &bdquo;Bei der Wahl 2020 haben in Texas 52,1 Prozent Trump gewählt. Sehr, sehr viele Texaner, nämlich 46,5 Prozent stimmten aber für Biden. In Kalifornien, dem bevölkerungsreichsten Bundesstaat, der medial stets als tiefblau präsentiert wird, stimmten mehr als 6 Millionen Wähler für Trump“, sagt Hänel. Hillary Clinton hatte drei Millionen Stimmen Vorsprung Für den Geschäftsführer der &bdquo;American Friends of the Alexander von Humboldt Foundation“ ist das Mehrheitswahlrecht in den USA nicht auf der Höhe der Zeit. &bdquo;Der Mechanismus des &bdquo;winner takes all”-Prinzips wird dem Prinzip der repräsentativen Demokratie nur unzulänglich gerecht. Das vor über zwei Jahrhunderten eingeführte System ist nicht mehr zeitgemäß, denn es führt dazu, dass zuweilen Kandidaten die Wahl gewinnen, die USA-weit weniger Stimmen geholt haben als ihr Gegenkandidat oder Gegenkandidatin“, sagt Hänel. Das letzte Mal war das 2016 der Fall, als Hillary Clinton von den Demokraten mit einem Vorsprung von fast drei Millionen Stimmen die Popular Vote gewann, Donald Trump jedoch die Mehrheit im Electoral College hatte und dadurch Präsident wurde. Auch Al Gore, der demokratische Kandidat, hatte im Jahr 2000 rund eine halbe Million mehr Stimmen als George W. Bush, der aber mehr Wahlmänner hatte und demnach die Wahl gewann.

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