Teilhabe online

Kein Interesse und Kosten zu hoch: Ratssitzungen in Herford werden nicht mehr live übertragen

Das Angebot war gut, so lauteten weitgehend die Meinungen im Herforder Stadtrat. Angesichts des abnehmenden Bürger-Interesses sei es aber zu teuer.

Bereits während der Corona-Pandemie waren Sitzungen im Internet gestreamt worden. | © Christina Römer

Corina Lass
26.09.2024 | 26.09.2024, 16:04

Herford. Die Stadt beendet die Liveübertragung von Ratssitzungen ins Internet. In der Diskussion im Stadtrat dazu ging es um das Kosten-Nutzen-Verhältnis und die Frage „Wie viel darf demokratische Teilhabe kosten?“, wie Inez Déjà (Linke) es ausdrückte. Das Streaming kostete die Stadt rund 4.500 Euro je Übertragung.

Der Rat hatte im März 2023 beschlossen, seine Sitzungen zunächst über zwölf Monate zu streamen und dabei auch einen Gebärdendolmetscher einzusetzen. Den Beschluss ermöglichte eine Änderung der Gemeindeordnung NRW, nach der die Übertragung ohne Einwilligung jedes einzelnen Ratsmitglieds möglich ist.

Die erste Liveübertragung fand im Oktober 2023 statt. Seither wurden sieben Sitzungen gestreamt. Die Oktober-Sitzung war online bestens besucht: 738 Bürgerinnen und Bürger schalteten sich zu, 84 nutzten das Angebot der Gebärdensprache. Themen waren unter anderem das Weihnachtsmarkt-Konzept und die Machbarkeitsstudie zum OWL-Forum.

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Im April waren es besonders wenige Zuhörer

Den Tiefstand erreichte die April-Sitzung: 82 Bürgerinnen und Bürger saßen an den Bildschirmen, zwei nutzten die Gebärdensprache. Die Themen „Verabschiedung des Doppelhaushalts 2025/2026“ und der Deutschlandticket-Tarif als Höchsttarif im Stadtgebiet standen auf der Tagesordnung.

Zuletzt waren es im Juni 109 Besucher, vier schalteten die Gebärdensprache zu. Unter anderem ging es um die Neugestaltung des Stadtbusverkehrs und den Neubau der Geschwister-Scholl-Schule. Beides wurde in der Sitzung von der Tagesordnung abgesetzt, letzteres hätte sowieso nichtöffentlich beraten werden sollen.

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„Die Zahlen verdeutlichen ein abnehmendes Interesse der Bürgerinnen und Bürger“, so die Stadt in ihrer Vorlage für den Rat. „Trotz intensiver Informationskampagnen der Verwaltung blieb die Besucherbeteiligung deutlich hinter den Erwartungen zurück. Das Projekt endet mit der Übertragung der Ratssitzung im September.“

Je nach Thema schalten sich mehr oder weniger Personen zu

Irene Broßeit (Grüne) wandte ein, dass mehr Bürger die Ratssitzungen online verfolgt hätten, als zu normalen Ratssitzungen in den Ratssaal gekommen wären. Auch zur Finanzierung hatte sie einen Vorschlag: Eine digitale Informationstafel an den Einfallstraßen weniger würde die Kosten von mehr Streamings kompensieren, als sie im Jahr Ratssitzungen hätten. Bürgermeister Tim Kähler konterte, dass sie konsumtive und investive Kosten vermische.

Günther Klempnauer (FDP), Andreas Jotzo (fraktionslos, HBB) und Marc Kohrs (BfH) schlossen sich Broßeit an. Kohrs zufolge müssten sie die Ratssitzungen nur attraktiver machen. Wenn sie einen Tagesordnungspunkt nach dem anderen abstimmten, weil die Themen schon in den Ausschüssen vorbesprochen seien, sei das für die Zuschauer natürlich langweilig, ergänzte Jotzo.

Hans-Henning Warnecke (CDU) hielt nichts davon, deshalb aus Ratssitzungen eine Showveranstaltung zu machen. Thomas Besler (SPD) sagte es knapp: „Wir fanden die Übertragungen gut, aber sie sind nicht gut angenommen worden.“