Der Wunsch nach Kameras am Herforder Bahnhof und das Problem, sie einzusetzen

Für die einen ist es das Nonplusultra, eine Art kriminologisches Allheilmittel, für die anderen ist es der Schritt, der dem Überwachungsstaat Tür und Tor öffnet: die Videoüberwachung von öffentlichen Plätzen. Nach der Gruppenvergewaltigung und in Zusammenhang mit der Explosion der Stevia-Bar ist das Thema in Herford wieder virulent. Die CDU hat einen entsprechenden Vorschlag unterbreitet. Tatsächlich erscheint der Vorstoß der Union auch angesichts der Straftaten, die zwischen Bahnhof und Steinstraße erfasst wurden, überaus charmant. Ein Blick auf andere Städte wirkt dagegen ernüchternd: Wer sich von mehr Kameras prompt mehr Sicherheit erhofft, wird wohl enttäuscht werden. Wenn Straftäter wissen, dass sie von einer Videokamera erfasst sind, werden sie in der Regel keine Straftaten begehen. Lesen Sie auch: Nach mutmaßlicher Gruppenvergewaltigung: Das gilt für die Kameraüberwachung in Herford Die wirklichen Kriminellen wissen recht schnell, wo gefilmt wird, und stellen sich bei der Auswahl der Orte, an denen sie ihren Opfern auflauern oder mit Rauschgift dealen, problemlos darauf ein. Es ist ein einfacher Verdrängungsprozess. Und statt am Bahnhof ließe sich das eine oder andere dunkle Geschäft ja auch problemlos an der Kurfürstenstraße abwickeln. Kameras sind Dieben egal Ein Blick nach Bielefeld zeigt auch, dass dort im Bahnhof immer wieder professionelle Taschendiebe ihr Glück versuchen - trotz der Kameras und der Polizeipräsenz. Diese Tätergruppe hat die Erfahrung gemacht, dass sie - selbst wenn sie gefilmt und gefasst wird - auch nach wiederholten Taten auf freiem Fuß bleibt und nur mal wieder eine weitere Strafanzeige gefertigt wird. Hier ist also auch die Justiz gefragt. Ein weiterer Punkt: Anders als in den USA, Großbritannien oder China setzt deutsches Recht der Videoüberwachung enge Grenzen. Das heißt. Es muss für den Ort eine entsprechende Analyse - also etwa zur Zahl der Taten und der Gefährdung von Menschen - geben. Unabhängig davon sorgen die Kameras bei den Bürgern, die die Angstorte passieren müssen - in Herford ist dies unter anderem die Unterführung vom Bahnhof zur Steinstraße - für ein Gefühl von Sicherheit. Diesen positiven, nicht zu unterschätzenden Effekt, sollten Kritiker einer Videoüberwachung deshalb nicht leichtfertig abtun. Lösungen für die Bürger Tatsächlich könnten die Aufnahmen der Kameras auch dazu beitragen, dass Straftaten schneller geklärt werden können, potenzielle Straftäter schneller wiedererkannt und auch identifiziert werden können. Ein extremes Beispiel: Dass offenbar Journalisten mit Gesichtserkennungssoftware die untergetauchten RAF-Mitglieder Garweg und Klette in Berlin früher lokalisiert hatten als die bundesdeutschen Ermittlungsbehörden, sollte nachdenklich machen und lässt Rückschlüsse darauf zu, wie Fahndungen in anderen Fällen hätten laufen können. Lesen Sie auch: Videokameras in der Innenstadt: So werden die Bielefelder überwacht Angesichts der aktuellen Personalsituation der Polizei bleibt aber das Problem bestehen, wer die Kameras eigentlich im Blick hat. Auf Grund der Bilderflut würde es wohl nur die Möglichkeit geben, dabei künftig auf Künstliche Intelligenz (KI) zurückzugreifen. Bei der KI gibt es aber nach wie vor noch offene technische Fragen. Eine einfache Antwort zur Videoüberwachung gibt es also nicht. Auch schon wegen der sich ständig verändernden technischen Möglichkeiten. Wohl aber gibt es die dringende Notwendigkeit, nicht nur der Herforder Politiker, darüber zu diskutieren, welche Lösungen sie den Bürgern künftig anbieten, um die Sicherheit zu verbessern, das Sicherheitsgefühl zu stärken und diese Schritte dann auch umzusetzen.

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